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Jacks Briefe

Jacks Briefe

Titel: Jacks Briefe
Autoren: Claudia Romes
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es durchaus beabsichtigt, dass die Nachricht von der Vernichtung des Glencoe Clans nach und nach auch in ganz Schottland durchsickerte, um jegliche Rebellion zu vermeiden. Und so kam auch die Tatsache, dass William Campbell dabei als Hauptmann fungierte, Lady Amalia zu Ohren. Aber in der Regel war es ihr gleichgültig, wo oder wann, bei wem, ihr Mann solch einen Befehl ausgeführt hatte. Er war nun einmal, in der Armee, an gewisse Dinge gebunden und die Ausführung seiner Befehle war nicht mehr als ein Auftrag, den er zu erledigen hatte.
    William wollte ihr zunächst noch nichts davon sagen, dass Jack nicht mehr zu seiner Familie zurückkehren würde und dass er, William, es gut heißen würde, wenn dieser Junge von nun an bei ihnen bliebe. Er wartete einige Tage ab. Er wartete so lange, bis sie es von sich aus ansprach, das Thema Jack. Und als er ihr dann vorschwärmte, welch gutes Gerede die feine Gesellschaft doch über sie führen würde, würde sie sich diesem heimatlosen Kinde annehmen, empfand sie dies plötzlich als eine gute Idee. Er war stolz auf sich, dass er es seiner Frau derart schmackhaft gemacht hatte. Denn er mochte Jack und insgeheim hatte er sich immer einen Sohn gewünscht.
    Für Katelyn war die Kindheit, von nun an, ein reines Abenteuer. Mit Jack erlebte sie jeden Tag, wie schön es doch war, mit jemandem zusammen aufzuwachsen.
    Sie spielten Verstecken auf dem Dachboden oder im Garten, und wenn er mal wieder vor Mr. Robbins, dem Hauslehrer, weglief, war sie es, die ihm einen Vorsprung verschaffte.
    Wann immer er konnte, drückte er sich vor dem Unterricht.
    Im Clan hatte er weder lesen noch schreiben gelernt. Bei den Campbells hatte er nun sogar Französisch und Latein. Dennoch machte er sich in allen Fächern recht gut. Für alle war der Junge aus armem Hause eine Bereicherung. William unterrichtete ihn im Nahkampf, nahm ihn mit zur Jagd und tat all das, was er tun wollte, was aber mit einer Tochter nie möglich gewesen wäre. Manchmal war Katelyn sogar ein bisschen eifersüchtig auf Jack. Doch sie liebte ihn wie einen richtigen Bruder. Lady Amalia fand sich mit seiner dauerhaften Anwesenheit in ihrem Hause ab. Sie genoss es, dass ihre reichen Freunde sie als großzügig bezeichneten, weil sie Jack in ihre Obhut genommen hatte, auch wenn sie sich selbst nie mit ihm beschäftigte. Sie wollte den Jungen nicht kennenlernen, er war schließlich wegen seiner Abstammung unter ihrer Würde. Sie duldete ihn lediglich. Nicht mehr und nicht weniger.
    Im Sommer spielten die Kinder jeden Tag im Garten, der an ein kleines Waldstück grenzte. Im Wald befand sich eine alte Klosterruine. Dort saßen sie und erzählten sich gegenseitig Geschichten. Märchen von tollkühnen Rittern, die gefährliche Drachen besiegten. Von Prinzessinnen, die verzaubert wurden. Geschichten von Gnomen und Feen. Katelyn war oft gegen die Mauern gelehnt, mit einem Blumenkranz im Haar. Jack hatte einen Grashalm im Mund, auf dem er lustige Laute spielte. Manchmal genossen sie die Momente bei der Ruine so sehr, dass sie nicht auf die Zeit achteten. Erst als die Sonne durch das steinerne Rundfenster blinzelte, bemerkten sie, dass es längst Zeit für sie war, nach Hause zu gehen.
    Oft bekamen sie Ärger von der Gouvernante. Sie mochte Jack nicht besonders. Einmal hatte sie ihn sogar geschlagen. Es war, als beide mal wieder zu spät von der Ruine zurückkamen. Es hatte geregnet und Katelyn war in den Bach gestürzt. Sie war von oben bis unten nass und voll mit Erde. Die Gouvernante hatte gesagt, Jack hätte besser auf Katelyn aufpassen müssen, es sei seine Schuld gewesen, dass sie gestürzt sei. Jack hatte diese Ohrfeige tapfer ertragen. Er hatte sie hingenommen, wie er es immer getan hatte, wenn er ungerecht behandelt worden war. Er war einfach auf sein Zimmer gegangen, hatte die Türe hinter sich geschlossen und sich auf sein Bett gesetzt. Unter dem Er eine kleine Schachtel aufbewahrte. In ihr war alles, was ihm etwas bedeutete. Eine getrocknete Mohnblume, die er von Katelyn an seinem ersten Tag erhalten hatte. Das Stofftaschentuch seines Vaters mit dessen Initialen L. H. und einen Zeitungsausschnitt über die britische Armee. Denn er träumte von einer Karriere als Soldat. Nur bei der Armee konnte aus jemandem wie ihm etwas werden. Nur dort würde er die Möglichkeit erhalten ein respektiertes Leben zu führen und vielleicht, würde er es sogar in die Politik schaffen. Aber bis dahin war es noch ein weiter Weg für ihn. Er wusste
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