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Jack Taylor auf dem Kreuzweg

Jack Taylor auf dem Kreuzweg

Titel: Jack Taylor auf dem Kreuzweg
Autoren: Ken Bruen
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unglaublich. Wenn ich jemals die Eltern treffen sollte, wird das ganz bestimmt ihren Kummer lindern.«
    Ich siedete, musste mich bewegen, also bedrängte ich ihn nicht mehr physisch, ließ von ihm ab und begann, in Richtung Schwesternzimmer zu gehen. Er folgte mir.
    Ich sagte: »Hören Sie zu – hören Sie überhaupt zu? –, ich gehe jetzt pissen. Sie kommen mir nach, und ich trete Ihnen in die Eier. Setzen Sie sich dann mit meinem Zorn auseinander? Ist das real genug?«
    Aber bei diesen Typen spricht man gegen eine Granitmauer an. Er sah aus, als werde er die Arme ausstrecken, mich vielleicht umarmen, und das wäre ein solcher Fehler gewesen.
    Er versuchte es noch einmal: »Ich versuche, Sie zu erreichen. Wollen Sie wirklich immer wieder dieselben tragischen Entscheidungen treffen?«
    Ich drehte mich um, um zur Toilette zu gehen, und fragte: »Sagt Ihnen der Name Dudley Moore was?«
    Er witterte eine Falle, wagte es: »Örm, ja.«
    Ich sah mich um, als wollte ich ihn ins Vertrauen ziehen, sagte: »Dudley Moore interviewte seinen großartigen Freund Peter Cook, fragte ihn, ob er aus seinen Fehlern gelernt habe, und Cook erwiderte: ›Ja, absolut, ich kann sie fast perfekt wiederholen.‹«
    Auf dem Klo versuchte ein Mann, der eine IV hinter sich herzog, zu pinkeln. Er sah mich an und sagte: »Wie kann man nur als erwachsener Mann so enden.«
    Dagegen war schlecht was zu sagen.
    Diese Begegnung mit dem Eiferer spulte sich in meinem Kopf noch mal ab, während ich die Shop Street entlangschlenderte. Als ich meine Wohnung verlassen hatte, war ich in vertretbarer Gemütsverfassung gewesen, aber diese blitzartige Rückblende zog mich runter, tief und schnell.
    Der Sommer war eindeutig vorbei. Dies eigentümliche Licht, nur im Westen Irlands zu haben, überflutete die Straße – es ist eine Mischung verschiedener Helligkeiten, aber immer mit der Drohung, dass es regnet, und selbst wenn es einen besänftigt, glitzert es wie nasser Kristall. Der Rand der Dunkelheit kriecht den Horizont entlang, und man kriegt das Gefühl, man holt sich besser schnell was von dem Licht, solang es andauert.
    Vor Eason’s Buchhandlung sang eine Gruppe Christen eine Rock-Version von »One Day At A Time«. Sie hatten die gut geschrubbten Gesichter junger Leute mit sauberem Lebenswandel. Ein Mädchen, achtzehn, neunzehn vielleicht, löste sich aus der Gruppe, als es mein Interesse bemerkte, drückte mir einen Packen Flugblätter in die Hand und sagte: »Jesus liebt dich.«
    Ich weiß nicht, warum meine Stimmung sich hob: Ich war auf dem Weg in die Kneipe, das Licht barst ein letztes Mal in spektakulärer Klarheit. Aber sie ärgerte mich, und ich schnappte: »Woher willst du das wissen?«
    Erstaunte sie, aber das Training schlug durch, und sie stellte das erforderliche tote Lächeln mit einem gut geübten Slogan her:
    »Durch Musik bessern wir Christentum und Christenheit.«
    Dieselbe matte alte Scheiße mit Glanzlack. Ein paar Tage zuvor hatte ich King of the Hill gesehen, eine Folge, in der Hank einer Bande wiedergeborener Christen ausgeliefert war. Ihre Kombination aus Bekehrungseifer und Tätowierungen machte ihn echt sauer. Jetzt sah ich dem Mädchen ins Gesicht und benutzte den Spruch, mit dem Hank Vergeltung geübt hatte.
    »Ihr bessert nicht Christentum und Christenheit, ihr verschlechtert den Rock and Roll.«
    Juckte sie überhaupt nicht. Mit den Zeigefingern bildete sie ein Kreuz, wie um einen Vampir abzuwehren, und murmelte irgendeine Beschwörung. Ich ging weiter, das Geräusch ihres Gesinges wie ein Vergehen an meinen Ohren. Direkt neben Eason’s, fast, ist Garavan’s – eine der alten Kneipen, immer noch nicht modernisiert. Bücher und Schnaps, Nachbarn unseres Erbes.
    Der Tresenmann sah die Flugblätter in meiner Hand, Jesus in großen roten Lettern drauf.
    »Haben die Sie bekehrt?«
    Ich stützte mich auf den Tresen. »Dreimal dürfen Sie raten.«
    Er begann, meine pint Schwarzes zu bauen, griff hinter sich, um den Kurzen in Form eines Jameson einzuschenken, seine Bewegungen eine fließende Aktion, ohne Bruch in der Abfolge, umso eindrucksvoller, als ich weder einen Schiefen noch einen Kurzen bestellt hatte. Er sagte: »Kaum zu glauben, sie sind gut fürs Geschäft. Die Leute hören sie, sagen sich: ›Heiland, ich brauche was zu trinken.‹«
    Ich fragte nicht nach, woher er wusste, was ich hatte bestellen wollen. Ich hatte Angst, er würde es mir sagen.
    Die kleinste Begebenheit kann oft zu einer ganzen Reihe von Handlungen
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