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Jack Morrow und das Grab der Zeit: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Jack Morrow und das Grab der Zeit: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Jack Morrow und das Grab der Zeit: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
Autoren: Niel Bushnell
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zerschmetterten weit unten auf dem Boden. Captain de Vienne stolperte rückwärts und hielt sich mit der verbliebenen Hand am Dach fest. Ihr kreiselndes Schwert streifte scheppernd das Mauerwerk. Sie sah nach oben zu ihrer Angreiferin: Catherine, die an Bändern aus Elektrizität in der Luft hing. Wieder kam eine Energiesalve aus Catherines Hand und hüllte Captain de Vienne in Flammen. Die Paladinin stürzte schreiend ab.
    Jack sah nach oben: David schaukelte dort in der Luft, finster und unheilvoll. Ein Arm hing nutzlos herab. Er hob die andere Hand, und ein Energieball flog mit gnadenloser Geschwindigkeit auf Jack und Jo-Jo zu. Für jede Reaktion fehlte die Zeit – er traf die beiden Jungen und schleuderte sie nach hinten in die Luft. Jack hatte das Gefühl, dass die Zeit stillstand und dieser einzelne Moment sich endlos dehnte. Höhenangst durchkribbelte ihn. Und dann stürzte er ab, und Jo-Jo war weg, denn sein Griff hatte sich gelöst. Catherines mütterlicher Schrei wurde leiser, während Jack fiel, und ließ nur das ohrenbetäubende Rauschen der Luft an seinen Ohren zurück. Im Augenwinkel schossen die Außenwände der Kathedrale vorbei. Dann, wie abrupt, stand alles still.
    Er konnte seinen Kopf nicht drehen. Er spürte Erde an der Wange und in seinen Nasenlöchern, die sich mit Blut und Flüssigkeit mischte. Das Gesicht verbrannt, mit schwelenden Haaren lag er da und konnte nichts hören. Eine Hand erschien über seinem Gesicht, und hinter Blut und Rauch waren Eloise und Davey zu sehen – der junge Davey, sein Davey. Jack hob seine verdrehten Hände und sah, dass sie leer wa ren. Er wollte schreien, aber seine Stimme funktionierte nicht mehr. Irgendwo in der Nähe musste auch sein jüngeres Ich im eigenen Blut liegen.
    Er würde heute Nacht gleich zweimal sterben.
    Oben am Himmel sah er Catherine herumwirbeln, die sich mit wildem Zorn, mit dem Zorn einer Mutter, die ihr Kind beschützte, gegen ihren Vater wandte. Der alte David war auf dem Dach gelandet und hinkte die Schräge entlang. Catherine schrie, und eine unfassbare Energie strömte aus ihren Fingerspitzen. Sie krachte in David hinein und warf ihn zurück auf den Gang. Catherine fiel vom Himmel hinunter zu den beiden zerschmetterten Leibern ihres Sohnes, die blutend am Boden lagen.
    Jack sah ihr tränenüberströmtes Gesicht, aber er konnte nicht hören, was sie sagte. Die Welt schien sich von allen Seiten um ihn zu schließen. Die Außenränder seines Bewusstseins wurden schwarz, und eigenartige Gedanken sprangen in zufälliger Reihenfolge hervor. Er lachte; er wusste nicht, warum, doch er spürte keine Schmerzen mehr – er fühlte überhaupt nichts, nur die kalte Annäherung der Schwärze. Sie war jetzt an seinen Zehen, kroch seine Beine herauf und ließ alles egal werden. Um ihn herum kamen und gingen Gesichter; Davey brüllte, Eloise hob ihr Schwert und griff eine Paladinin an. Seine Mutter war nicht zu sehen. Er wollte so gern den Kopf drehen und sie sehen. Er konnte spüren, dass er von ihnen ging, dass er den ersten Schritt seinen eigenen Tränentunnel hinunter machte, seinen Pfad festlegte, dem andere einmal folgen mochten, und er wollte sich von seiner Mutter verabschieden, bevor es zu spät war. Aber nichts funktionierte mehr, sein Körper war ein unbrauchbarer ka putter Klumpen, dreckig und zerschlagen. Ihm wurden die Augen schwer. Warum konnte er nicht die Hand ausstrecken und ihnen sagen, wie sehr er sie liebte?
    Davey mit seinem naiven Optimismus, er vergab ihm seine Feigheit. Er hatte ihn lieb und würde es ihm jetzt nie sagen können.
    Und Eloise, seine mutige Beschützerin, die so viel gegeben hatte, ohne dass er sie darum gebeten hatte; sie suchte Absolution für die Verbrechen ihrer Vergangenheit, eine Absolution, die Jack ihr jetzt niemals würde geben können.
    Schließlich dachte er an seine Mutter, eine Frau, die er kaum kannte, eine Frau mit vielen Geheimnissen. Er verzieh ihr, dass sie diese langen einsamen Jahre nicht für ihn dagewesen war, er verzieh ihr, dass sie gestorben war. Er ließ seinen Zorn los, und die Liebe, die er für sich empfand, floss in ihm über.
    Er liebte sie alle und konnte es ihnen nicht mehr sagen.
    Er spürte den Ruf der Zukunft, ein Tunnel ohne Ende. Er konnte sich nicht länger wehren, wollte es nicht länger. Eine beruhigende Wärme hüllte ihn ein, und er ließ seine Augen geschlossen.
    Jack hörte auf zu kämpfen.

27 Das Geschenk
    27
    Das Geschenk
    J ack fiel. Stürzte durch die
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