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Jack Holborn

Jack Holborn

Titel: Jack Holborn
Autoren: Leon Garfield
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wäre.«
    »Nun, Sir Bertram, was du auch gedacht haben magst, du hättest die Wahrheit nicht ahnen können. Er ist gekommen«, (wieder ein fürchterlicher Blick auf mich) »sie sind alle gekommen, um unsere Mrs. Holborn zu sprechen.«
    Die Wirkung auf Sir Bertram war bemerkenswert. Er kriegte auf der Stelle einen Wutanfall, den Lady Hodge mit größter Selbstgefälligkeit beobachtete. »Was hat sie getan? Was hat sie getan? Ich hab’ sie nie leiden können. Schaffe sie auf der Stelle aus meinem Haus!«
    »Ich wußte, du würdest es so auffassen, Sir Bertram. Das ist deine Natur. Würde der große Lord Sheringham hier hinter einer einfachen Verbrecherin her sein, als sei er nichts als ein Friedensrichter? Er ist hier, Sir, um ihr zu sagen, daß dieser Junge da – den du an deinem Busen nährst – ihr Sohn ist.«
    Diese Neuigkeit hätte ihn noch mehr gereizt – hätte man ihn nicht gebeten, daran zu denken, daß ich – als wessen Sohn ich mich auch entpuppte – der Begleiter seiner Lordschaft war.
    Deshalb begnügte er sich damit, mich ins Auge zu fassen und zu murmeln, dann sollte ich mich lieber in die Behausung der Dienstboten begeben, um mich zu treffen, mit wem ich beliebte.
    »Würde es einen Unterschied machen, Sir«, sagte Mister Trumpet milde, »wenn Sie wüßten, daß Master Holborn außerordentlich reich ist? Er hat in dem Leinenbeutel, den Sie in seinen Händen sehen, genügend Vermögen, um Ihnen Park, Haus und Dienstboten abzukaufen, ohne auch nur davon gezwackt zu werden.«
    »Doch, das würde es«, sagte Sir Bertram ehrlich. »Das würde es in der Tat.«
    Und danach betrachtete er mich in einem so freundlichen Licht, daß er mir beinahe lieb wurde; und er ließ es zu, daß Lady Hodge nach Mrs. Holborn schickte, ohne noch mit einem Wort dagegen zu protestieren.
    »So ist es nicht gut«, murmelte Mister Trumpet. »Das hätte unter vier Augen stattfinden sollen.«
     
    »Ach, Unsinn«, entgegnete seine Lordschaft mit unterdrückter Stimme. »Man braucht sich seiner ehrlichen Gefühle nicht zu schämen. Derartige Szenen tun allen unseren Herzen gut.«
     
    »Sie haben nach mir geschickt, gnädige Frau?«
    Sie hatte eine sehr angenehme Stimme, sanft, ohne unterwürfig zu sein. Ich blickte zuerst nicht hoch. Viele Gegenstände im Zimmer erforderten plötzlich meine Beachtung: vor allem Sir Bertram und Lady Hodge. Er stand widerwillig da und sah seine Lady mit großem Mißfallen an, als habe sie Schuld an der ganzen peinlichen Situation.
     

     
    Ich hörte Lord Sheringham etwas flüstern und Mister Trumpet sich räuspern …
    »Ach, meine liebe Mrs. Holborn«, sagte Lady Hodge mit einem schiefen Blick. »Ich weiß nicht, wie ich’s Ihnen beibringen soll –?«
    »Ist es – eine schlechte Nachricht, gnä’ Frau? Bitte, seien Sie so gütig und lassen Sie mich’s gleich wissen.«
    (Wie gut, wie sehr gut sie sprach!)
    »Hier Seine Lordschaft, Lord Sheringham, verstehen Sie – ach, Mrs. Holborn – ich fürchte, wir werden Sie verlieren.«
    »Lady Hodge! Ich verstehe nicht!«
    »Seine Lordschaft hier wird’s Ihnen sagen müssen; denn ich bin sicher, ich kann’s nicht. Es ist so – so –. Er kommt direkt von – ich weiß nicht, woher – um Ihnen etwas zu sagen. Ach, Mrs. Holborn! Wir werden Sie verlieren!«
    »Madame … Mrs. Holborn … Ich – wir haben eine – hm – Neuigkeit für Sie …«
    »Ja, Lord Sheringham?«
    »Wir – das heißt er, Mister Solomon Trumpet hat gefunden – hier, Trumpet, Mann! Sie beenden, was Sie angezettelt haben!«
    »Nicht nötig, Sheringham, die Dame hat’s schon erraten.«
    Ich sah Sir Bertram an, als das Zimmer sich irgendwie komisch anfühlte. Ich hatte das Gefühl, daß mich jemand betrachtete, ja anstarrte. Ich traute mir nicht, mich umzudrehen. Meine Freunde flüsterten »Jack« und entlockten Sir Bertram einen Schnaufer, als sie hinzufügten: »Er heißt Jack, liebe Frau.«
     
    Sie hatte ganz ungewöhnlich klare graue Augen, die eine bemerkenswerte Wärme und gute Laune ausstrahlen können, und so ist alles an ihr: ihre flinken Bewegungen, ihr plötzliches Lächeln, ihr Lachen und ihr elegantes ländliches Tanzen, das sie mit einer ganz herrlichen Mischung von Komödie und Grazie zustande bringt.
    Kurz gesagt, sie ist so viel besser, als ich mir je hätte vorstellen können. Sie ist in keiner Weise abgeschmackt oder rührselig. Ja, sie weinte vor Freude, als ich mich umdrehte und entdeckte, daß sie neben mir kniete, ihre Tränen flossen nicht mehr als
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