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Jack Holborn

Jack Holborn

Titel: Jack Holborn
Autoren: Leon Garfield
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sich meine Hoffnungen manchmal erhoben hatten. Ich schob das auf die Angst, die ich einmal hatte, mit einer gewissen Mrs. London zu eng verwandt zu sein.
    Das einzige, das meine Freude ein wenig beeinträchtigte, war der Umstand, daß mein Auftritt bei ihr nicht so großartig verlief, wie ich ihn mir immer gewünscht hatte. Gewiß, ich hatte meine feinen Freunde, die mir Glanz verliehen, aber davon abgesehen, brachte ich keinerlei materielles Glück.
    Ich überlegte, daß wir uns wahrscheinlich irgendwo in ziemlich bescheidenen Verhältnissen niederlassen würden, die dann und wann von den Besuchen zweier reicher Freunde verschönt werden würden. Das tröstete mich etwas, und ich gab mich der Hoffnung hin, daß meine Mutter sich Lord Sheringham und Mister Trumpet ebenso rückhaltlos anschließen würde wie ich, und daß diese ihrerseits für sie schwärmen würden. Meine eigenen Gefühle in dieser Beziehung wagte ich mir gar nicht einzugestehen.
    »Es hätte der Weihnachtstag sein sollen«, sagte Mister Trumpet bitter, als wir uns dem Haus näherten.
    »Warum, Mann, warum? Was ist jetzt der Unterschied?«
    »Weil ich ein Geschenk für ihn habe. Es hätte warten sollen. Dann wäre es passender gewesen.«
    »Dann gib’s ihm morgen.«
    »Nein, ich habe versprochen, daß er’s kriegen soll, wenn’s am meisten ins Gewicht fällt. Und das, finde ich, ist jetzt … Hier, Jack, ein Weihnachtsgeschenk – einen Tag zu früh, aber dennoch ein Weihnachtsgeschenk – von – du weißt von wem. Nimm es und sei glücklich.«
    Ziemlich gereizt und linkisch steckte er mir etwas in die Hände. Das Gefühl von grobem Segeltuch war zuerst verwirrend und dann herzzerbrechend vertraut. Ich konnte beim besten Willen eine ganze Flut von Tränen nicht zurückhalten. Es war ein sehr rührender Augenblick, an den unseligen Mister Morris erinnert zu werden.
    Mister Trumpet hatte mir gerade den vergessenen Juwelenbeutel des kleinen Segelmeisters gegeben. Nicht so reich wie der Schatz, den ich einmal vergeudet hatte, aber immerhin etwa eine halbe Million Pfund wert.
    »Er sagte, ich solle es dir geben, wenn du genug Verstand hättest, um davon einen guten Gebrauch zu machen. Ich glaube nicht, daß der Tag schon gekommen ist – oder je kommen wird, aber ich hoffe, daß eine gewisse Dame umsichtiger sein wird als ihr Sohn.«
    »Du hättest – hm – warten sollen, Trumpet«, hörte ich Lord Sheringham flüstern. »Der Junge ist vor Rührung ganz außer sich. Seine Augen werden furchtbar rot und geschwollen sein, wenn er reingeht, um sie kennenzulernen.«

XXVII
    Lord Sheringham ließ sich auf das beste empfehlen und bat um die Vergünstigung, den Hodges seine Aufwartung machen zu dürfen. Sie waren von der Großartigkeit des Besuchers riesig erstaunt und sozusagen überrollt. Lady Hodges, eine dünne, nervöse Person mit dichtem rotem Haar, das von einer Kappe gebändigt wurde, war wild vor Erregung und teilte ihre Aufmerksamkeit zwischen der Karte seiner Lordschaft und dem großen Mann selbst. Denn schließlich konnte Lord Sheringham bald wieder fort sein, aber seine Karte würde für immer bleiben.
    Sir Bertram dagegen widmete sich Mister Trumpet und mir, da er es bequemer fand, einen bloßen »Mister« und »Master« von oben herab zu behandeln. In wunderbar kurzer Zeit erfuhren wir, wie groß sein Park war, wie zahlreich die Dienerschaft und wie streng sie unter Zucht gehalten wurden.
    »A-ah!«
    Einen Augenblick dachte ich, es sei eine aufgescheuchte Dohle, aber es war Lady Hodge, die erfuhr, warum wir Besuch machten. Ein sehr vornehmer, im Innersten verletzter Schrei bezeichnete ihre Aufnahme der Neuigkeit. Sie war ganz dunkelrot geworden – eine sehr ungewöhnliche Farbe für jemand von ihrem Teint – und starrte mich furchtbar an.
    »Sir Bertram – oh, Sir Bertram. Weißt du, weshalb Seine Lordschaft gekommen ist?«
    »Nein, weiß ich nicht, Gnädigste. Ich habe es dir überlassen, das rauszufinden. So was kannst du gut. Dafür hast du eine Nase.«
    »Wir dachten, er sei durch den Schnee aufgehalten worden, nicht wahr, Sir Bertram?« sagte sie, ohne auf seine Grobheit zu achten.
    » Du hast das gedacht. Ich habe mich damit begnügt, meine Gedanken für mich zu behalten.«
    »Dann hast du gedacht, es sei wegen deiner großen Taten im Richteramt. Du hast gedacht, seine Lordschaft sei gekommen, um dich zu beglückwünschen.«
    »Nein, Gnädigste, das habe ich nicht. Obwohl es mich nicht überrascht hätte, wenn er deswegen gekommen
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