Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ivy - Steinerne Wächter (German Edition)

Ivy - Steinerne Wächter (German Edition)

Titel: Ivy - Steinerne Wächter (German Edition)
Autoren: Sarah Beth Durst
Vom Netzwerk:
hielt alle Trümpfe in seiner Hand. Jeden Plan, der ihr einfiel, verwarf sie sofort wieder. Keiner davon würde funktionieren. Allein konnte sie es nicht schaffen.
    Nachdem die Wachposten sich zerstreut hatten, wandte Mr Mayfair sich wieder Lily zu. »Wollen wir mal nachsehen, wie es deinem Freund drüben in der Kirche geht? Was meinst du?« Ohne ihre Antwort abzuwarten, führte er sie weg. Er sah zufrieden aus wie eine Katze, die wohlig in der Frühlingssonne liegt. Natürlich ist er zufrieden, dachte Lily. Er hat gewonnen. Fröhlich vor sich hinpfeifend, schob er sie Richtung Kirche. Und in Lily wuchs mit jedem einzelnen Schritt die Überzeugung, dass sie bald sterben würde.
    Mir kann nur noch ein Wunder helfen, dachte sie verzweifelt.
    Sie starrte zu den Spitzen der Kirchtürme hinauf und betete still um Beistand. Doch statt einer Armee von Racheengeln, die sich aus den Wolken herabließen, um sie zu retten, sah sie nur den Drachen, der sich an der steinernen Fassade wand. »Bitte … «, flehte sie.
    Und da war es plötzlich, ihr Wunder: Von der anderen Seite des Platzes kam ihr Großvater auf sie zugehumpelt. Und neben ihm war Jake. Er winkte ihnen zu.
    »Grandpa!«, schrie Lily aus voller Kehle. Oh, danke. Danke. Sie war gerettet. Vor Erleichterung musste sie weinen und lachen zugleich. Als ihr Großvater endlich vor der Kirche ankam, warf sie sich in seine Arme und hielt ihn ganz fest, so fest sie nur konnte. Er war aufgewacht! Er lebte! Er war hier! Jetzt würde alles gut werden. Grandpa würde alles regeln.
    Jake strahlte übers ganze Gesicht. Lily bemerkte, dass seine Wangen schon ein etwas gesünderes Rosa angenommen hatten. Und er wankte auch nicht mehr vor Schwäche. »Ich bin zum Arzt gegangen und habe mit ihm gesprochen, wie du es mir aufgetragen hast, und da war Mr Carter. Er hat sich die Infusionskanüle aus dem Arm gezogen und darauf bestanden, sofort mit mir hierherzukommen, sobald ich ihn wieder auf Trab gebracht hätte«, sprudelte es aus ihm heraus.
    Unter der Wucht von Lilys Umarmung geriet Grandpa ins Straucheln. Er klopfte ihr beruhigend auf den Rücken. »Es geht mir gut, meine Tigerlily. Alles ist gut.«
    »Richard«, sagte Mr Mayfair tadelnd, »du solltest dich ausruhen.«
    Lily fiel auf, dass ihr Großvater am ganzen Leibe zitterte.
    Grandpa sah seinen alten Freund finster an. »Joseph, wir müssen reden. Ist es wahr, dass du meine Rose in die magische Welt zurückgebracht hast?«
    »Deiner Tochter geht es gut«, versicherte Mr Mayfair. »Sie ist wieder bei ihrer Familie.«
    »Sie hätte nicht ohne mich gehen sollen. Sie sollte sich Schritt für Schritt wieder daran gewöhnen, ganz langsam und vorsichtig«, entgegnete Grandpa. »Sie hat keinerlei Erinnerung daran, wer sie einmal war. Sie wird sich schrecklich fürchten.«
    »Reg dich nicht auf, Richard«, sagte Mr Mayfair, und seine Stimme triefte vor falscher Anteilnahme. »Deine Gesundheit ist sehr angegriffen. Ich habe getan, was das Beste für alle Beteiligten war. Du standest für Rückfragen nicht zur Verfügung, also war es an mir, die Entscheidung zu treffen.«
    Seine Gesundheit schien wirklich angegriffen. Lily trat einen Schritt zurück und musterte ihren Großvater genauer. Ein Arm war von der Schulter bis zum Handgelenk hinunter bandagiert. Sein Gesicht war eingefallen, eine faltige, runzlige Maske. Nein, dieser Mann war nicht Superman und nicht im Mindesten in der Verfassung, den Tag zu retten. Im Gegenteil. Indem er hierhergekommen war, hatte er sich selbst einem großen Risiko ausgesetzt. »Du solltest dich wieder ins Bett legen«, sagte sie laut. »Ich bringe dich zurück.« Sie legte stützend einen Arm um ihn und lief, ihn mit sich ziehend, los, so schnell es ging.
    »Noch nicht, Lily«, sagte Grandpa und stemmte die Fersen in den Boden. So geschwächt er auch sein mochte, er zwang sie, stehen zu bleiben. »Ich bin hergekommen, weil ich Joseph etwas Wichtiges sagen muss. Etwas, das ich auf keinen Fall länger aufschieben darf.« Er wandte sich wieder seinem ältesten Freund zu.
    »Grandpa, was immer es ist, ich bin sicher, es kann warten.«
    »Joseph, du weißt, dass ich den allergrößten Respekt habe vor dem, was du in all diesen Jahren für Princeton, ja, für die ganze Menschheit getan hast«, begann er.
    Mr Mayfair machte eine leichte Verbeugung. »Vielen Dank. Ich weiß dein Lob sehr zu … «
    Grandpa hob die Hand. Lily sah, wie seine Finger zitterten.
    »Doch in letzter Zeit habe ich euch genauer beobachtet, und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher