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Isau, Ralf

Isau, Ralf

Titel: Isau, Ralf
Autoren: Gerry
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sehen. Sie haben, wie ich finde, eine gute Wahl getroffen, Karl. Eines würde mich allerdings doch interessieren.«
    »Nur zu, fragen Sie.«
    »Haben Sie während Ihres Aufenthalts hier irgendwelche wichtigen Dinge aus Ihrem früheren Leben vergessen?«
    »Wieso sollte ich?«
    »Weil Sie in Phantásien schöpferisch tätig geworden sind.«
    »Ich?«
    Der Alte nickte. »Sie haben Dingen und Personen Namen gegeben. Denken Sie an das Finstertor oder an Galatia und Frigon, die beiden Hüter des Nox. Manchmal haben Sie's unbewusst getan, wie bei Lector, den Sie einen Blauen Haarling nannten.«
    »Und bei Weisenkind.«
    »Ich dachte, der Name für die Goldäugige Gebieterin sei Ihnen heute erst eingefallen.«
    »Nein, ich trage ihn schon in mir, seit ich in der Spiegelwabe war. Aber warum sollte das Ausdenken neuer Namen einen Einfluss auf mein Gedächtnis gehabt haben?«
    »Weil jede Schöpfung in Phantásien ihren Bildner verändert. Eine Erinnerung aus der Äußeren Welt ist der Ton, aus dem er sie erschafft. Deshalb hatte ich Sie nach irgendwelchen Gedächtnislücken gefragt.«
    Karl schmunzelte. »Wenn ich tatsächlich etwas aufgeben musste, dann kann ich mich ja nicht mehr daran erinnern. Folglich ist es mir auch unmöglich, Ihnen davon zu erzählen.«
    Herr Trutz lachte. »Prächtig! Jetzt ist sogar mir altem Hasen noch eine törichte Frage eingefallen. Sie haben natürlich Recht, mein lieber Karl. Darf ich Ihnen trotzdem zum Abschied noch einen Rat geben?«
    »Ja, bitte.«
    »Das Magieskop. Halten Sie's einfach an den Lux. Dann wird's wieder funktionieren.«
    Karl blinzelte verwirrt. Dann lächelte er. »Ich werde dran denken.«
    ∞
      
    Nachdem Huschhusch mit Herrn Trutz kurz nach Qutopías Abreise in Richtung Sonnenaufgang gestartet war, kümmerte sich Karl um ein paar letzte Dinge. Das Magieskop mit Hilfe des Lichtsteins wieder in seinen ursprünglichen Zustand zu versetzen war kein Problem. Außerdem sandte er einen Briefgreif nach Wolkenburg, um König Kumulus den yskálnarischen Kompass mit Dankesgrüßen zurückzugeben. Hiernach widmete er sich einer Aufgabe, die ihm besondere Befriedigung verschaffte, obwohl sie nicht unbedingt notwendig war. Er ließ den Lux Hunderte weiße Perlen in schwarze verwandeln. Gmork selbst hatte ihn auf die Idee gebracht: Niemand wird merken, dass sie leer sind, wenn ich die eisigen Kügelchen einfach so verschicke. Mit Hilfe einiger Dutzend Mitarbeiter aus der Bibliothek wurden die zwar schwarzen, aber buchlosen Perlen in die bereits adressierten und frankierten Umschläge verpackt. Karl nahm die Kartons später mit in die Äußere Welt, wo er sie bei nächster Gelegenheit in einem Postamt aufgab.
    Der Lux wurde nach getaner Arbeit in ein Tuch aus der Wolle noktunischer Maulwürfe eingewickelt, das fast so gut vor der weißen Hand schützte wie Albinoeinhornhaar vor der schwarzen. Karl nahm auch den Lichtstein mit in die Äußere Welt zurück. Dort würde er ein sicheres Versteck suchen, damit niemand mehr damit Schaden anrichten konnte.
    Zuletzt verabschiedete er sich von jenem phantasischen Wesen, dem er zwischen den leuchtenden und duftenden Büchern als Erstes begegnet war. Wie damals heulte Alphabetagamma Rotz und Wasser, aber diesmal aus erfreulicherem Anlass. Außerdem war es ja nur ein Abschied für kurze Zeit. Von nun an war der Bücherdrill die rechte Hand des ehrenwerten Karl und festigte zudem seinen fast schon legendären Ruf als dienstältester Gehilfe in der Phantásischen Bibliothek.
     
      
      
      
     
     
DIE RÜCKKEHR
     
     
    Unendlich müde, aber dennoch zufrieden wanderte Karl mit vier großen Kisten voller Briefumschläge, die er an Seilen hinter sich herzog, durch die geheime Bibliothek des Thaddäus Tillmann Trutz. Erschöpft erreichte er das Bücherkabinett, wo noch immer der Ohrenbackensessel stand. Überraschenderweise lag eine dicke Staubschicht auf dem ledernen Sitzmöbel des guten Thaddäus ... Nein, korrigierte sich der neue Meisterbibliothekar, von nun an war es sein, Karl Konrad Koreanders, Sessel, denn er hatte ja jetzt...
    Karl erstarrte. Im nächsten Moment hieb er sich mit der ungeschwärzten Handfläche vor die Stirn. Danach jammerte er:
    »Die Unterschrift! Und so was will ein Held sein. Du hast sie vergessen! Wie konnte mir das nur passieren?« Als hätte
    jemand einen Korken aus ihm herausgezogen, entwich das letzte bisschen Kraft aus seinem ohnehin schon ausgelaugten Körper. Um nicht der Länge nach hinzufallen, ließ er sich
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