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IRRE SEELEN - Thriller (German Edition)

IRRE SEELEN - Thriller (German Edition)

Titel: IRRE SEELEN - Thriller (German Edition)
Autoren: Graham Masterton
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fand Jack. Oder dass sie sich überhaupt nicht rührte. Sie musste ihn doch schließlich gehört haben. Er preschte den Hügel hinauf und ging dabei ähnlich subtil ans Werk wie General Patton im Zweiten Weltkrieg mit seiner dritten Panzerdivision.
    Fast hatte er die Gestalt erreicht. Sie bewegte sich immer noch nicht, sondern stand ganz still neben einem zweigliedrigen Stacheldrahtzahn, der diagonal ins Tal führte. Es war definitiv ein Kind, kein Tier. Aber er erkannte, dass es auf merkwürdige Weise entstellt zu sein schien und einen kleinen Buckel besaß. Zum ersten Mal verspürte Jack ein ziemlich ungutes Gefühl im Magen.
    »Hey Bürschchen!«, rief er schroff, aber mehr aus Unsicherheit als tatsächlich verärgert. »Hey, du bist dran schuld, dass wir beide da oben auf der Straße beinahe den Löffel abgegeben hätten.«
    Noch immer blieb das Kind, wo es war, verharrte ganz dicht am Zaun. Schließlich tat Jack einen Schritt darauf zu, musste sich aber am Stacheldraht festhalten, um nicht erneut den Hügel hinabzuschlittern.
    Erst als er das Kind schon fast berühren konnte, wurde ihm klar, dass es keins war. Es war noch nicht mal ein Tier. Er griff nach der »Kapuze« und zog sie vom Zaun weg. In seiner Hand hielt er lediglich eine völlig durchnässte Ausgabe des Milwaukee Sentinel vom vergangenen Sonntag. Irgendwie hatte sie der Wind aufgefächert und gegen einen der Zaunpfosten geblasen, wo sie in ihrer bizarren Form verdächtig nach einem Kind mit Kapuze aussah.
    Jack stand lange im Regen, runzelte die Stirn und hielt einige durchnässte Seiten des Sportteils in jeder Hand. Er verstand überhaupt nichts mehr und war noch beunruhigter, als wenn er hier tatsächlich auf ein Kind gestoßen wäre. Schließlich hatte er doch diese Gestalt genau vor sich über die Landstraße rennen sehen. Dann war sie den Hügel hinabgehuscht und im Tal verschwunden. Aus der Furche weiter unten hatte es wirklich wie ein Kind in grau-weißem Regenmantel gewirkt. Wie konnte es sich jetzt als verkrumpelte Zeitung entpuppen?
    Er trennte die von der Nässe verklebten Zeitungsbögen voneinander und warf einen Blick auf das Datum. Tatsächlich, die Ausgabe vom letzten Wochenende. Sonst keine Auffälligkeiten. Langsam knüllte er sie zusammen, nahm Schwung und schleuderte sie weg. Sonst sah er nichts, das auch nur im Entferntesten Ähnlichkeit mit dem Kind besaß, an dessen Fersen er sich geheftet hatte. Kein verräterisches Aufblitzen eines grau-weißen Regenmantels im Farn weit und breit. Er schniefte, wischte sich die Stirn mit dem Handrücken ab und wappnete sich für den mühsamen Aufstieg zurück zum Auto.
    Doch just in diesem Moment entdeckte er über den Wipfeln des benachbarten Waldes die Umrisse von etwas, das verdächtig an das Dach eines Hauses erinnerte. Er kraxelte ein paar Meter weiter den Hügel hinauf und konnte es jetzt ganz genau erkennen: ein riesiges Gebäude mit Türmen aus gelben Backsteinen, glänzenden, blaugrauen Schieferplatten und Reihe um Reihe von Fenstern in gotischem Stil. Was zur Hölle war das denn für ein seltsamer Bau?
    Jack drückte den Stacheldraht auseinander, zog den Kopf ein und zwängte sich vorsichtig hindurch. Das Anwesen befand sich an dem Ende des Tals, das am weitesten von der Straße entfernt lag. Seine Türme verbargen sich hinter gewaltigen Weißeichen. Obwohl es eine beeindruckende Sicht über die umliegenden Wälder bieten mochte, würde es vermutlich niemand, der auf dem Highway vorbeifuhr, entdecken, wenn er nicht ganz genau hinsah.
    Die Natur, die das imposante Bauwerk umschloss, verbarg es ähnlich wie Dornröschens Märchenschloss auf wundersame Weise vor den Blicken der Außenwelt. Jack konnte erkennen, dass der Wald in unmittelbarer Umgebung einmal gerodet worden war, vor vielleicht 20 oder 30 Jahren; aber nun musste er sich seinen Weg durch Dornen und wilde Rosenbüsche bahnen. Als er endlich eine Ansammlung von Eichen rund 180 Meter entfernt an den südwestlichen Ausläufern des Gebäudes erreicht hatte, war seine Regenjacke am unteren Ende an zwei Stellen eingerissen und seine Socken völlig zerfetzt. Die 170-Dollar-Schuhe konnte man inzwischen komplett vergessen.
    Was Jack ganz besonders faszinierte, war das nicht näher bestimmbare Gefühl, gezielt hierher gelockt worden zu sein. Als ob es sein Leben lang vorbestimmt war, dass er das Haus genau an diesem Nachmittag und genau zu dieser Stunde finden würde. Als ob es auf ihn gewartet hätte.
    Als Junge war er fast jeden
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