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Irische Küsse

Irische Küsse

Titel: Irische Küsse
Autoren: MICHELLE WILLINGHAM
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Möglicherweise hätte einer der Bewerber sogar Mitleid mit ihr.
    Aber Honora hatte ihren Stolz. Nein, der Wunsch ihres Vaters bedeutete ihr nichts. Sie wollte keine weiteren Demütigungen erdulden.
    Nicholas schien ihre Gedanken zu lesen. „Wenn du dich weigerst zu erscheinen, lasse ich dich gewaltsam aus deiner Kammer holen.“
    Er meinte es ernst. Honora ballte die Fäuste in den Falten ihrer Röcke. Vor Zorn hätte sie am liebsten den Stoff zerrissen. „Ja, Vater.“
    Sie war im Begriff zu gehen, als er eine weitere Warnung hinzufügte. „Ich verlange Gehorsam, Honora.“
    Sie hatte keinen Hunger, während die Gäste sich mit großem Appetit über die Speisen hermachten. Honora schlenderte durch die Halle und bemühte sich, die Gäste nicht zu beachten, die an langen Tischen ihr Frühmahl verzehrten.
    Der strikte Befehl ihres Vaters machte es ihr jedoch unmöglich, die Männer völlig zu ignorieren. Die meisten waren jung, und alle waren wohlhabend.
    Alle, bis auf einen. Ihr Blick flog zu Ewan MacEgan, der sich mit der Hand durch sein wirres blondes Haar fuhr. Die Ärmel seines Wamses umspannten muskulöse Arme. Heilige Jungfrau, seine Kraft war unverkennbar.
    Ewan griff nach einem Apfel und legte ihn auf seinen Holzteller, auf dem sich bereits Honigkuchen, Brot, geschmortes Lamm und geräucherter Lachs türmten.
    Hoffentlich reichten die Speisen, um auch die anderen Gäste zu verköstigen, dachte Honora spöttisch. Ewan hatte immer schon kräftig zugelangt, ohne Fett anzusetzen. Sein Körper schien nur aus Sehnen und Muskeln zu bestehen.
    „Hast du den Mann gefunden, nach dem du gesucht hast?“, fragte er, als sie sich ihm näherte.
    Sie gab vor, ihn nicht gehört zu haben. Hitze stieg ihr in die Wangen, wenn sie an letzte Nacht dachte. Sie zog es vor, sich Ewan als schmächtigen Jüngling vorzustellen, nicht als den prachtvollen Mann, der aus ihm geworden war. Als sie seinen Tisch passierte, hielt er sie am Handgelenk fest.
    „Lass mich vorbei.“
    „Noch nicht. Wo ist deine Schwester? Ich habe sie heute bislang nicht gesehen.“
    Honora versuchte, sich seinem Griff zu entwinden. „Ich nehme an, sie ist von Verehrern umringt und hört sich an, wie sie von ihrer perlweißen Haut und ihrem seidigen Haar schwärmen. Nun entschuldige mich bitte …“
    Ewan stand auf, ohne ihr Handgelenk loszulassen. Sie verzichtete darauf, sich gewaltsam zu befreien, um keine unnötige Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Aber seine Nähe machte sie beklommen; sie atmete seinen Duft, frisch wie Sommerregen. Er trug eine tannengrüne Tunika und braune enge Hosen wie ein Jägersmann. Sein helles, kurz geschnittenes Haar kringelte sich im Nacken. Seine lebhaften grünen Augen ruhten auf ihr.
    „Dein Vater sprach von einem Turnier, um meine Kraft und Fähigkeit zu prüfen, ob ich seine Tochter auch beschützen kann, wie er sagte.“
    Wenn er sich da nur nicht irrte, dachte Honora in einem Anflug von Bitterkeit. Das Turnier sollte eher dazu dienen, die Bewerber vor seinen Töchtern paradieren zu lassen wie Vieh auf dem Markt.
    „Lass mich los, Ewan.“
    Er drehte ihre Hand nach außen und betrachtete die rauen Schwielen von den jahrelangen Übungen mit dem Schwert. „Bist du noch immer so gut wie früher?“ In seiner Stimme lag ein herausfordernder Unterton.
    Sie wusste, wovon er sprach. Gegen den Wunsch ihres Vaters übte sie sich damals mindestens einmal in der Woche mit den Soldaten im Fechten. „Besser.“
    „Freut mich zu hören.“
    Offenbar hatte er die vielen Kämpfe nicht vergessen, die sie gegeneinander gefochten hatten, und er hatte es ihr anscheinend auch nicht übel genommen, von einer Frau bezwungen zu werden. Oftmals hätte er ihr Geheimnis verraten können, aber er hatte Schweigen darüber bewahrt, und sie hatte nur noch härter trainiert.
    Mittlerweile war sie längst nicht mehr sicher, ob sie ihn besiegen könnte. Sein Körperbau war stämmig, seine Muskulatur kräftig geworden. Gestern Nacht hatte er sie mit einer Leichtigkeit hochgehoben, als sei sie nicht schwerer als eine Fliege.
    Während Ewan in einen Kanten Brot biss, beobachtete sie, wie der Stoff seiner Tunika sich um seinen breiten Brustkorb und seine Schultern spannte. Sie entsann sich seiner warmen Haut, als er sie an sich gepresst hatte, seines stürmischen Kusses und der Welle süßer Sehnsucht, die sie dabei durchflutet hatte.
    Honora verdrängte die verbotenen Gedanken und zwang sich in die Gegenwart zurück. An Ewans Gürtel entdeckte sie
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