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Irgendwo ganz anders

Irgendwo ganz anders

Titel: Irgendwo ganz anders
Autoren: Jasper Fforde
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öffnet, aber ich unterließ es dann doch lieber. Ich brauchte seine Kooperation, und obwohl ich selber kein Murmelgrunz sprach, verstand ich es doch einigermaßen.
    »Wie läuft’s denn so mit der Musik?«, fragte ich. Wenn er nicht einen bestimmten Grad an Bewusstsein erreichte, bestand die Gefahr, dass er sofort wieder einschlafen würde – für die nächsten acht Stunden oder mehr.
    »Murmel«, sagte er langsam. »Wir haben jetzt eine grunz-mur-mel.«
    »Eine Band? Wie heißt sie denn?«
    Friday holte tief Luft und rieb sich das Gesicht. Er wusste, dass er mich nicht loswerden würde, ehe er nicht mindestens drei Fragen beantwortet hatte. Er sah mich mit seinen hellen, intelligenten Augen rebellisch an, zog die Nase hoch und sagte: »Die Klugscheißer.«
    »So könnt ihr euch doch nicht nennen!«
    Friday zuckte die Achseln. »Na schön«, brummte er, »dann nehmen wir halt wieder den ursprünglichen Namen.«
    »Und der wäre?«
    »Die Wichser.«
    »Ach, ich glaube, Die Klugscheißer ist gar kein so schlechter Name für eine Band. Prägnant und gleichzeitig degeneriert. Hör mal, ich weiß, du bist nicht sehr scharf auf eine Karriere in der Zeitindustrie, aber du hast mir versprochen, heute Abend mit mir zu dieser Berufsberatung zu gehen. Ich möchte also, dass du frisch gewaschen, munter und anständig angezogen bist, wenn ich zurückkomme. Und die Hausaufgaben machst du auch, bitte.«
    Ich starrte das Häufchen »sonnige Jugend« an, das da vor mir im Bett saß, und wäre schon zufrieden gewesen, wenn er wenigstens aufstand, aber man soll seine Ziele nicht zu niedrig ansetzen.
    »Okaymum«, sagte er langsam.
    Als ich die Tür hinter mir zumachte, hörte ich, wie er zurück aufs Kopfkissen fiel. Auch egal. Er war jetzt wach, und sein Vater konnte ja auch noch was tun.
     
    »Ich nehme an, er brennt darauf loszulegen?«, sagte Landen, als ich die Treppe herunterkam.
    »Klar«, sagte ich. »Ich musste ihn in seinem Zimmer einschließen, um seinen Enthusiasmus zu bremsen. Er wirkte wie eine erschöpfte Schnecke, die Beruhigungsmittel geschluckt hat.«
    »Komisch«, sagte Landen und reichte mir meinen Tee. »Woher hat er das bloß? Ich war nicht so schlapp, als ich in seinem Alter war.«
    »Ach, das ist das moderne Leben. Aber mach dir keine Sorgen. Er ist ja erst sechzehn. Das ändert sich noch gewaltig.«
    »Das will ich hoffen.«
    Aber genau da lag das Problem. Friday musste sich ändern. Meine Ängste waren nicht nur die üblichen Sorgen einer frustrierten Mutter. Ich hatte den künftigen Friday nämlich in der Vergangenheit schon ein paar Mal gesehen, und da war er nicht mehr und nicht weniger als der Generaldirektor der ChronoGarde geworden und trug die Verantwortung für die gesamte EreignisLinie der StandardGeschichte. Er hatte nicht nur mein Leben, sondern auch den gesamten Planeten nicht weniger als 756 Mal vor der Zerstörung gerettet. An seinem vierzigsten Geburtstag hieß er überall »Apocalypse Next«. Aber davon waren wir offensichtlich noch weit entfernt. Solange er sich nur für Strontium Goat, Schlafen, Che Guevara, Jimi Hendrix und noch mehr Schlafen interessierte, musste man sich fragen, ob die entscheidende Wende je eintreten würde.
    Landen sah auf die Uhr.
    »Musst du nicht in die Arbeit gehen, Schatz? Die guten Leute von Swindon sind doch teppichmäßig verloren, wenn du ihnen nicht beistehst.«
    Er hatte wieder mal recht. Ich war schon zehn Minuten zu spät dran. Zum Abschied küsste ich ihn gleich mehrfach, nur für den Fall, dass etwas Unerwartetes geschah und wir für länger getrennt wurden. Immerhin war er von der Goliath Corporation schon einmal für zwei Jahre genichtet worden. Ich hoffte sehr, dass der multinationale Konzern seine Lektion gelernt hatte und uns in Ruhe ließ, aber man konnte nie wissen.
    »Viel zu tun heute?«, fragte Landen, während er mich zum Gartentor brachte.
    »Der neuen Bank im Finanzzentrum einen Riesenteppich liefern – maßgeschneiderten Hochflor in Direktionsqualität, und ein paar Kostenvoranschläge. Außerdem müssen Spike und ich noch einen Treppenläufer in einem alten Fachwerkhaus mit unregelmäßigen Stufen verlegen, das wird wahrscheinlich ein ziemlicher Albtraum.«
    Landen zögerte und biss sich auf die Unterlippe.
    »Gut. Das heißt, es gibt keine ... keine ... SpecOps-Geschichten oder dergleichen?«
    »Aber Liebling!«, sagte ich und knuddelte ihn noch mal richtig. »Das ist doch passé! Ich beschäftige mich nur noch mit Teppichen, das ist
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