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Irgendwas geht immer (German Edition)

Irgendwas geht immer (German Edition)

Titel: Irgendwas geht immer (German Edition)
Autoren: Dawn French
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Blechschüssel brodelte eine Flüssigkeit, die durch das Röhrchen in ihre Tasse tropfte. Ich blieb stehen und betrachtete das Szenario.
    »Das ist ein Wüstendestilliergerät. Es wandelt Dampf in frisches Wasser um. Trink niemals Salzwasser oder deinen eigenen Urin, Mo, es sei denn, er wurde vorher destilliert.«
    »Und das da ist …« Wieso fragte ich überhaupt? Ich kannte die Antwort doch bereits.
    »Urin. Mein eigener. Lust auf ein Schlückchen? In einer Stunde sollte er perfektes Trinkwasser sein.«
    »Äh. Ich würde ja, aber ich glaube, ich nehme lieber das Fläschchen Arsen, das ich in der Tasche habe. Aber nichts für ungut.«
    »Schon gut.«
    »Ist George da?«
    »Ja.«
    »Veronica?«
    »Ja.«
    »… Noel?«
    »Nein.«
    »Oh … Aha.«
    »Hast du es noch nicht gehört?«
    »Was denn?«
    »Er hat heute Morgen angerufen und gesagt, dass er nicht mehr kommt, was echt übel ist, weil er endlos viele Patienten hat, verdammt, die noch mitten in der Behandlung sind. Tja, mir wird wohl nichts anderes übrigbleiben, als dir ein paar rüberzuschieben, Mo.«
    »Er kommt nicht mehr? Was heißt das?«
    »Oh, er hat einen Anruf von zu Hause bekommen, jemand ist schwer krank – war es seine Mutter? Ich weiß es nicht mehr. Jedenfalls muss er sofort zurückfliegen. Er hat nicht mal genug Zeit, seine Sachen abzuholen. Wenn ich es richtig mitbekommen habe, geht seine Maschine nach Neuseeland schon heute Nachmittag.«
    »Klar. Verstehe. Klar.«
    Wie benommen ging ich in Richtung meines Zimmers. Er flog einfach so weg? Ohne eine Erklärung? Einfach so …
    An der Tür blieb ich stehen und drehte mich um.
    »Lisa, schreib mir bitte seine Adresse auf, ja?«, hörte ich mich sagen. »Ich fahre hin und bringe ihm seine Sachen. Mein erster Patient kommt erst in einer Stunde.« Ich ging in Noels kleines Zimmer und fing an, alles einzusammeln, was irgendwie nach persönlichen Gegenständen aussah. Ein paar Bücher, eine Handvoll Fotos von ihm als Junge an der Seite einer älteren, säuerlich dreinblickenden Frau mit grauem Haar und einer Schürze. Seine Großmutter, nahm ich an. Auf dem Schreibtisch lagen mehrere Stifte und ein Notizbuch mit einem Maori-Farnblatt, sonst nichts. Ziemlich wenig.
    Ich rannte hinaus, schnappte den Zettel, den Lisa mir in die Hand drückte, und sprang in den Wagen.
    Er wohnte in der Station Road. Ich wusste nicht genau, wo sie war, aber höchstwahrscheinlich irgendwo in der Nähe des Bahnhofs. Ich rammte den Schlüssel ins Zündschloss und raste vom Parkplatz, ohne mich anzuschnallen. Was tat ich hier eigentlich? Das Ganze war doch völliger Irrsinn … aber ich musste es wissen. Wieso war er nicht gekommen? Stimmte die Geschichte von einem Krankheitsfall in der Familie oder nicht? Seine Mutter konnte es wohl kaum sein. Er hatte mir doch erzählt, sie sei tot. War es eine Flucht? Vor mir? Oh Gott, wenn es so war, würde es ziemlich peinlich werden. Aber das war mir egal, ich musste es wissen.
    Ich fuhr zum Bahnhof und kurvte kreuz und quer durch die Straßen. Weit und breit keine Station Road. Bei einem Kiosk hielt ich an und erfuhr, dass die Station Road auf der anderen Seite der Stadt zum alten Bahnhof führt, hinter dem sich mittlerweile ein Industriegebiet befindet. Verdammt! Ich hätte doch das Navigationsgerät benutzen sollen, aber die blasierte Korrektheit dieses Dings geht mir auf die Nerven. Ich fuhr in Richtung Industriegebiet und – da war sie. Welche Hausnummer? 8, hatte Lisa auf dem Zettel notiert. Es musste also auf der linken Seite am anderen Ende der Straße sein. Ein ziemliches Stück, etwa auf der Höhe dieses … Taxis dort vorn. Der Fahrer wuchtete anscheinend gerade den letzten Koffer in den Kofferraum, und ein Mann schloss die Haustür ab. Der Mann … ja, ja, es war Noel. Aber irgendwie sah er ganz anders aus – eine alte, kahlköpfige Version von ihm, die seltsam gebückt dastand. Ich drückte auf die Hupe und versuchte, meinen Wagen in die einzige Lücke weit und breit zu quetschen, doch sie war zu klein, so dass das Heck halb in die Straße ragte. Ich sprang heraus und rannte auf ihn zu.
    »Noel, Noel!«
    Er schlurfte auf das Taxi zu. Was war mit ihm los? Wo war all sein Haar geblieben? Als ich mich ihm näherte, bemerkte ich, dass er versuchte, seine Schritte zu beschleunigen. Er ging an einer Krücke und hatte den anderen Arm in einer Schlinge unter seinem Jackett. Sein Kopf war kahl und gab den Blick auf eine leuchtend rote, frisch genähte Wunde frei. Ein Auge
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