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Intruder 5

Intruder 5

Titel: Intruder 5
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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dem gleichen, komplizierten und vermutlich vollkommen sinnlosen Zickzackkurs wie eben, durchquerte er das Zimmer und nahm so neben dem Fenster Aufstellung, dass er hinaussehen konnte, ohne selbst gesehen zu werden. Mike erhob sich vorsichtig und trat, ebenfalls um Deckung bedacht, an die andere Seite des Fensters.
    Der Anblick, der sich ihnen bot, war so friedlich, dass er Mike schon fast bizarr vorkam. Er konnte die Sonne nicht sehen, vermutete aber, dass sie noch nicht lange aufgegangen war. Aus dem tobenden Blizzard war ein sanftes Schneegestöber geworden, das die Sicht kaum noch behinderte und ihrer Umgebung etwas von einer Märchenlandschaft verlieh. Es musste die ganze Nacht über geschneit haben. Auf dem Parkplatz lagen fünf Zentimeter Neuschnee, der eine makellose Decke bildete. Die Spuren ihrer Motorräder waren ebenso verschwunden wie ihre Fußabdrücke. Das
    Beunruhigendste war der Anblick der Straße, die sich in einem sanften Bogen vor dem dichten Wald auf der
    gegenüberliegenden Seite entlang zog. Die Schneedecke darauf war vielleicht nicht ganz so dick wie die auf dem Parkplatz, aber ebenso makellos.
    Auf dieser Straße war seit Stunden kein Wagen mehr gefahren.
    »Irgendwelche Vorschläge?«, fragte Frank, ohne den Blick von der Straße zu nehmen.
    »Kaum«, antwortete Mike. Bewegte sich dort drüben etwas, verborgen in den pechschwarzen Schatten des Waldes? Nein.
    »Das Beste wird sein, wenn wir einfach warten, bis jemand vorbeikommt.«
    »Da könnt ihr warten, bis ihr grün im Gesicht seid, Freunde«, meldete sich Strong durch die offen stehende Badezimmertür zu Wort. »Das kann eine Woche dauern, oder auch zwei.«
    »Quatsch«, sagte Stefan. »Das hier ist schließlich eine Pass-Straße.«
    »Stimmt«, sagte Strong. Es klang unangemessen fröhlich, fand Mike. »Aber die alte Pass-Straße. Mittlerweile haben sie eine Brücke gebaut und die Strecke um gute zehn Meilen verkürzt. Seitdem kommt hier kaum noch jemand vorbei.
    Schon gar nicht bei diesem Wetter.«
    Niemand antwortete. Mike versuchte sich mit dem Gedanken zu beruhigen, dass Strong sie mit seinem dummen Gequatsche nur nervös machen wollte, aber die unversehrte Schneedecke auf der Straße sprach eine andere Sprache. Das Zimmer übrigens auch. Sie hatten beileibe kein Fünf-Sterne-Hotel erwartet. Nun, wo er nach Beweisen für Strongs Behauptung suchte, fand er sie auch: Alles hier drinnen war staubig und auf jene bestimmte Art ungepflegt, der man ansah, dass hier seit langer Zeit niemand mehr gelebt hatte. Obwohl durch die drei Einschusslöcher in der Tür ein beständiger kalter Luftzug pfiff, roch es leicht muffig.
    Schließlich fragte Stefan: »Wenn das so ist, woher wussten Sie dann, dass wir die falsche Abzweigung nehmen würden?
    Immerhin waren Sie vor uns da.«
    »Weil ich das Schild vertauscht habe, ihr Deppen«, kicherte Strong. »Ich wusste, dass ihr Blödmänner darauf reinfallen würdet.« Er ächzte hörbar, und Stefan und Frank verzogen gleichzeitig und leicht angewidert die Gesichter. »Könnte jemand so freundlich sein ... ?«
    Frank wartete gute fünf Sekunden lang vergeblich darauf, dass sich einer der beiden anderen freiwillig meldete, bevor er sich schließlich seufzend umdrehte, um Strong zu holen. Mike hätte es ja getan, aber seine rechte Hand war außer Gefecht gesetzt. Darüber hinaus bezweifelte er, dass er kräftig genug war, um diesen Bär von Mann zu bewegen. Und nach dem, was Strong ihm gestern Abend angetan hatte, würde Stefan ihn wahrscheinlich in der Kloschüssel ertränken, wenn sie ihn mit ihm allein ließen.
    Frank und sein Zweihundert-Pfund-Riesenbaby kehrten nach einem kurzen Augenblick zurück. Frank lud Strong unsanft auf dem Bett ab, ging noch einmal zurück, um die Badezimmertür zu schließen, und ließ sich dann vor dem Kamin in die Hocke sinken. Das Feuer darin war nahezu heruntergebrannt, und Mike fiel erst jetzt auf, wie empfindlich kühl es im Zimmer geworden war. Noch nicht wirklich kalt, aber frisch.
    »Seid sparsam mit dem Feuerholz«, warnte Strong. »Es muss vielleicht für ein paar Tage reichen.«
    Und auch damit hat er Recht, dachte Mike bedrückt. Frank oder Stefan hatten das Feuer die Nacht über in Gang gehalten.
    Nun hatten sie gerade noch eines der zusammengeschnürten Bündel übrig, die sie am vergangenen Abend mitgebracht hatten. Noch zwei oder drei Stunden, schätzte er, und dann würde es richtig ungemütlich hier drinnen werden.
    »Ich mache euch einen Vorschlag, Jungs«,
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