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Intruder 1

Intruder 1

Titel: Intruder 1
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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stellte oder sie ihn irgendwann aufspürten. Sie würden ihn so oder so massakrieren.
    Mike ging zu seinem Motorrad und unterzog die Maschine einer kritischen Musterung. Der Schaden war nicht so schlimm, wie er befürchtet hatte. Der Scheinwerfer war zerborsten, und die Scheibe hatte einen hässlichen Riss, aber das waren auch schon alle sichtbaren Beschädigungen, die er auf Anhieb erkennen konnte. Mit einiger Mühe wuchtete er die Maschine in die Höhe, kippte sie auf den Ständer und versuchte den Motor zu starten. Was er kaum zu hoffen gewagt hatte, geschah: Der Motor sprang auf Anhieb an und lief ruhig und gleichmäßig. Die Seite, auf die die Intruder gefallen war, war verbeult. Chrom und Lack sahen aus, als hatte man sie mit Sandpapier bearbeitet. Aber sie war fahrbereit.
    Er ließ den Motor laufen, ging zu dem toten Jungen zurück und verwarf den Gedanken, die Leiche irgendwie zu beseiti-gen, augenblicklich wieder.
    Es war vollkommen unmöglich. Der Boden hier bestand unter der ersten Lehmschicht aus Felsen, den er schon hätte sprengen müssen, und ihm würde niemals genug Zeit bleiben, den Jungen in den Wald hinaufzutragen und zu vergraben. Sein Vater musste jeden Moment hier auftauchen, und wenn nicht er, dann würden sich Stefan und Frank irgendwann fragen, wo er eigentlich blieb, und zurückkommen. Außerdem war hier alles voller Blut. Er hätte einen Dampfstrahler gebraucht, um den Boden und die Felsen zu säubern. Mike ging zum Motorrad zurück, nahm im Sattel Platz und fuhr los.
    Frank und Stefan warteten am vereinbarten Ort auf ihn. Sie hatten ihre Maschinen am gegenüberliegenden Straßenrand abgestellt, saßen aber noch in den Sätteln, und die Motoren liefen. Vermutlich wagte es Stefan nicht, sie abzustellen, aus Angst, dass sie nicht wieder anspringen würden.
    Mike fuhr sehr vorsichtig. Auf den ersten zwei- oder dreihundert Metern war er in einem halsbrecherischen Tempo gerast, das vermutlich nicht einmal Stefan geschafft hätte, gepackt von der ebenso grundlosen wie absurden Furcht, der Vater des toten Jungen könne plötzlich doch noch auftauchen und sich auf ihn stürzen. Es grenzte an ein Wunder, dass er nicht abermals die Kontrolle über die Intruder verloren hatte und gestürzt war.
    Mittlerweile hatte er jedoch alle Mühe, sich überhaupt noch im Sattel zu halten. Seine Hüfte schmerzte so sehr, dass es ihm die Tränen in die Augen trieb. Jeder Knochen im Leib tat ihm weh, und er hatte sich wohl zahlreiche Prellungen und Hautabschürfungen zugezogen. Trotzdem war er fast dankbar für die Schmerzen. Sie machten das Fahren zur Qual, aber sie lenkten ihn auch ab. Die zweifache Anstrengung, den Schmerz irgendwie zu unterdrücken und zugleich das Motorrad in der Gewalt zu behalten, ließ nicht mehr sehr viel Platz für andere Gedanken.
    Er balancierte die Intruder (Intruder! Großer Gott, was für eine Ironie! Eindringling!) vorsichtig auf die Straße hinaus und hätte ausgerechnet auf dem letzten, asphaltierten Stück beinahe doch noch das Gleichgewicht verloren.
    Als Frank ihn erblickte, schrak er merklich zusammen. Stefan riss die Augen auf und war für die gleiche Zeitspanne einfach fassungslos - dann kippten beide gleichzeitig ihre Maschinen auf die Ständer und kamen ihm zu Fuß entgegengeeilt.
    »Was ist passiert?«, stieß Stefan hervor und griff nach dem Lenker, falls Mike im letzten Moment doch noch die Gewalt über die Maschine verlieren sollte.
    »Bist du verletzt?«, keuchte Frank.
    »Das seht ihr doch«, murmelte Mike. Erleichtert nahm er die Hände vom Lenker und richtete sich ein wenig auf. Erst jetzt spürte er, wie schwer es ihm auf den letzten Metern tatsächlich gefallen war, die Kontrolle zu behalten. Sein Rücken fühlte sich an, als würde er im nächsten Moment einfach in der Mitte durchbrechen. Stefan packte fester zu, und Frank eilte um die Maschine herum und griff nach seinem Arm, um ihn zu stützen, als er abstieg.
    Mike riss sich los und schüttelte den Kopf. »Es geht schon.
    Danke.«
    Etwas in seiner Stimme oder in seinem Blick schien Frank bis ins Innerste zu erschrecken. Er wich zwei volle Schritte zurück und sah für einen Moment einfach nur hilflos aus. Dann fragte er noch einmal: »Was ist passiert?«
    »Ich bin gestürzt«, antwortete Mike. »Aber es sieht schlimmer aus, als es ist. Keine Sorge. Ich bin okay.«
    Das war er nicht. Nicht körperlich und von seiner Psyche ganz zu schweigen. Frank schien das wohl auch so zu sehen, denn er legte den Kopf auf
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