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Interview mit dem Tod - Domian, J: Interview mit dem Tod

Interview mit dem Tod - Domian, J: Interview mit dem Tod

Titel: Interview mit dem Tod - Domian, J: Interview mit dem Tod
Autoren: Jürgen Domian
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vielleicht ist es dann irgendwann schön zu gehen, unsichtbar zu werden für die Welt, sich allem für immer zu entziehen, ohne Angst und Hoffnung zu sein.

    Gesprächsprotokoll
    So, mein sterblicher Freund, nun heißt es Abschied nehmen, wir werden jetzt zum Ende kommen. Ich hoffe, ich konnte dir zu deiner Zufriedenheit Rede und Antwort stehen.
    Im Großen und Ganzen, ja – und ich danke dir sehr. Es ist eine große Ehre für mich, mit dir gesprochen zu haben.
    Ich habe mich sehr gerne mit dir unterhalten.
    Wie wird es sein, wenn wir das nächste Mal aufeinandertreffen?
    Dann werden wir nicht mehr miteinander sprechen. Versuche es erst gar nicht. Ich verrichte mein Handwerk ohne Worte.
    Wann aber werden wir uns begegnen?
    Du Narr! Glaubst du wirklich, ich würde dir diese Frage beantworten?
    Einen Versuch war es wert. Aber im Grunde möchte ich es gar nicht wissen.

    Gesprächspause
    Lebst du gerne?
    Natürlich, sehr gerne sogar.
    Und möchtest du noch lange leben?
    Was für eine Frage! Ja! Sofern ich gesund und fit bleibe.
    Warum?
    Warum? Weil ich das Leben liebe. Ich liebe den Frühling, das Meer, gute Musik, den Schnee, das Gebirge, die Menschen, blühende Felder ...
    Ich verstehe. Das heißt, du würdest sogar noch sehr, sehr lange leben wollen?
    Ich zögerte etwas.
    Ja ... Wie gesagt, wenn ich dabei körperlich und geistig gesund bleibe. – Warum fragst du mich so ausführlich?
    Kurze Gesprächspause

    Weil ich überlege, dir eventuell ein Angebot zu machen.
    Der Tod will mir ein Angebot machen?
    Ich spürte, wie sich mein Herzschlag beschleunigte.
    Ja, vielleicht. Du wärst der erste und einzige Mensch ...
    Mein Herz schlug noch schneller.
    Nun machst du mich aber neugierig.
    Es ist ein großes Angebot von großer Tragweite für dich.
    Spanne mich nicht auf die Folter.
    Nun gut, ich will es dir unterbreiten. Aber – überleg es dir genau!
    Dazu muss ich es ja erst mal kennen.
    Kurze Gesprächspause

    Wenn es dein Wunsch ist, werde ich dich lange verschonen.
    Jetzt raste mein Herz.
    Lange verschonen? Was heißt lange?
    Sehr lange.
    Du würdest mich uralt werden lassen?
    Ja. Und das bei bester Gesundheit. Und sogar das Alter würde man dir nicht ansehen. Dein Äußeres bliebe in etwa so, wie es heute ist.
    Wie sollte das gehen?
    Darum kümmere dich nicht.
    Mir wurde schwarz vor Augen.
    Über wie viele Jahre sprechen wir eigentlich?
    Kurze Gesprächspause
    Über eine Zeitspanne, die du dir gar nicht vorstellen kannst.
    Wie bitte? Was meinst du damit? Sage mir konkret eine Zahl. Wie viele Lebensjahre willst du mir schenken?
    Wenn du auf mein Angebot eingehst, werde ich dich bis zum Ende des Universums verschonen.
    Mich überlief ein Schauder. Ich konnte zunächst nichts sagen.
    Bis zum Ende des Universums?
    stammelte ich schließlich
    Aber das sind ja Milliarden von Jahren.
    So ist es.
    So lange könnte ich leben?
    Wenn du mein Angebot annimmst, musst du es sogar. Das wäre der Pakt. Entweder so – oder gar nicht. Sagst du Ja, werden es Millionen, Milliarden von Jahren, sagst du Nein, wird alles seinen normalen Gang gehen.
    Gesprächspause

    Was geschieht mit mir, wenn es die Erde nicht mehr gibt, aber noch lange das Universum?
    Dann wirst du auf einem anderen Planeten leben – oder auch nicht.
    Oder auch nicht?
    Je nachdem. Findest du nicht rechtzeitig einen anderen Planeten, so wirst du durchs Weltall treiben.
    Mit meinem menschlichen Körper?
    Er ist unverwundbar und unzerstörbar.
    Könnte ich mich denn selbst töten?
    Nein, niemals. Du musst auf mich warten – bis zum Ende von Zeit und Raum.
    Kurze Gesprächspause
    Nach all dem, was du mir erzählt hast über die Liebe, das Mitgefühl, das Glück und die absolute Wirklichkeit, machst du mir ein derartiges Angebot?
    Die absolute Wirklichkeit wird auch in hundert Milliarden Jahren noch für dich da sein.
    Was du mir vorschlägst, klingt wie ein Teufelspakt.
    Der Teufel ist eine Märchengestalt.
    Es ist ein vergiftetes Angebot. Warum bietest du mir nicht einfach ein paar Jahrzehnte mehr an? Das würde mir genügen.
    Nein, das Angebot ist, wie es ist. Überleg es dir genau. Du könntest das Leben in vollen Zügen immer und immer wieder genießen. Du könntest unendlich oft lieben. Du könntest so viel erleben, dass es deine heutige Vorstellungskraft sprengt. Du könntest alles ausprobieren, jeden Beruf erlernen, Reichtümer ansammeln, mächtig werden ...
    Ja, und irgendwann vielleicht für Millionen von Jahren allein durchs All treiben.
    So weit
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