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Inspektor Jury sucht den Kennington-Smaragd

Inspektor Jury sucht den Kennington-Smaragd

Titel: Inspektor Jury sucht den Kennington-Smaragd
Autoren: Martha Grimes
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herausstellte, daran bereits ein Stich aufgegangen war. Fünfzig Pence, und das Empire war nach all den Jahren immer noch nicht in der Lage, anständig genähte Säume zu liefern. Das Taschentuch hatte nur einen einzigen Fleck, einen ganz winzigen, der von der Schokolade herrührte, die er gegessen hatte, aber das dürfte wohl nichts ausmachen. Nur hatte er heute Wichtigeres zu tun. Er brannte darauf, die Tankstelle ein paar Häuser weiter aufzusuchen; der Besitzer, Mr. Bister, hatte ihm gestern beim Tanken falsch herausgegeben.
    So also sah ein Tag im Leben von Sir Miles Boden heim aus. Die Polizeiwache hatte er sich für den Schluß aufgehoben; auf ihr wollte er den Rest des Vormittags verbringen, um von Peter Gere, dem Dorfpolizisten, zu erfahren, warum die Polizei von Hertfield in dieser Angelegenheit, die Littlebourne über seine nähere Umgebung hinaus bekannt gemacht hatte, nicht zügiger ermittelte.
     
     
     
    Man h ä tte Sir Miles für den bestgehaßten Bewohner des Dorfes halten können. Aber dem war nicht so. Seine Frau Sylvia rangierte weit vor ihm. Fünf Minuten nachdem ihr Mann die Poststelle verlassen hatte, war sie am Telefon und stritt sich mit der armen, unwissenden Pennystevens.
    «Ich möchte einfach nur wissen, wieviel ein Paket kostet, Mrs. Pennystevens. Das dürfte doch nicht so schwierig zu beantworten sein. Es soll heute nachmittag abgehen … Aber ich hab Ihnen doch gesagt, wieviel es wiegt – Sie brauchen nur nachzuschauen.» Sylvia Bodenheims Hand klapperte mit der Gartenschere, mit der sie gerade ihre Blumen geschnitten hatte – schnippschnapp, als wären es die Köpfe der Dorfbewohner. «Nein, ich werde auf keinen Fall Ruth mit einer Pfundnote losschicken. Auf die Dienstboten ist heutzutage kein Verlaß mehr. Ich verstehe nicht, warum Sie mir nicht den genauen Betrag nennen können … Meine Waage ist ziemlich genau, glauben Sie mir … Ja, nach Edinburgh.» Die Schere klickte, und im Takt dazu klopfte sie mit dem Fuß auf den Boden. «Fünzig Pence? Sind Sie sicher , daß das ermäßigt ist?» Sylvia preßte die Lippen zu einem grimmigen Strich zusammen. «So sicher wie es unter diesen Umständen möglich ist – das ist keine sehr befriedigende Antwort. Hoffentlich muß Ruth nicht noch einmal zurückkommen, weil Sie sich verrechnet haben.» Ohne sich zu verabschieden, legte sie den Hörer auf und rief nach Ruth.
     
    Die andern beiden Kandidaten, die man in Littlebourne lieber tot als lebendig gesehen hätte, waren die Sprößlinge der Bodenheims, Derek und Julia. Allerdings kamen sie erst weit nach ihren Eltern, vor allem deswegen, weil sie weniger in Erscheinung traten. Derek kam nur ganz selten aus Cambridge vorbei, und Julia (deren Pferd besser zum Studium geeignet gewesen wäre als sie) war ebenfalls kaum zu sehen. Sie verbrachte ihre Zeit damit, in London die Geschäfte abzuklappern oder mit der einen oder anderen Clique aus der Gegend auf die Jagd zu gehen. Die Dorfbewohner sahen sie immer nur hoch zu Roß, in Reitjacke oder schwarzem Melton und eine Hand in die Hüfte gestemmt.
    Wenn die vier Bodenheims einmal Zusammensein mußten (an Weihnachten beispielsweise), taten sie nichts weiter, als über ihre Nachbarn herzuziehen und auf ihre unantastbaren Rechte als Feudalherren zu pochen – kurz, sich aufzuspielen.
     
     
     
    Die noch unvollendeten Littlebourner Morde dienten Polly Praed dazu, sich in der sanften Kunst des Mordens zu vervollkommnen. Wenn ihre Geschichten auseinanderzufallen drohten, spielte Polly, eine mäßig erfolgreiche Autorin von Kriminalromanen, am Beispiel der Bodenheims, die entweder einzeln oder gemeinsam ins Jenseits befördert wurden, die verschiedenen Möglichkeiten durch. Am besten gefiel ihr der Schluß, bei dem das ganze Dorf zusammenströmte, um die hochwohlgeborene Familie zu töten. Im Augenblick ging sie die Hauptstraße entlang und dachte über das geeignete Mordinstrument nach. Ein Dolch, der von Hand zu Hand ging, schied aus – es hatte ihn schon gegeben. Als sie an der Tankstelle vorbeikam, erwog sie allerlei tödliche Gifte und lächelte abwesend Mr. Bister zu, der seine ölverschmierte Mütze lüpfte. Das fürchterliche Klischee der mit Arsen präparierten Teetasse fiel ihr ein, und sie blieb stehen.
    Ungefähr zehn Meter von ihr entfernt stiegen zwei Männer aus einem Auto, das sie vor dem winzigen Gebäude, in dem Littlebournes Ein-Mann-Revier untergebracht war, abgestellt hatten. Der eine war ziemlich schlank und unauffällig,
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