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Inspektor Jury sucht den Kennington-Smaragd

Inspektor Jury sucht den Kennington-Smaragd

Titel: Inspektor Jury sucht den Kennington-Smaragd
Autoren: Martha Grimes
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war’s. Astreine Geschichte, alles paletti.»
    «Drück dich bitte gewählter aus. Deine liebe Mutter –»
    «Lieb in der Tat. Und konnte fluchen wie ein Fischweib.»
    «Kein Respekt für deine Familie. So warst du schon immer.»
    «Aber du bist doch da, liebste Tante.»
    Sie versuchte Zeit zu gewinnen, indem sie den Faltenwurf eines an diesem Tag völlig unpassenden, grellbunt bedruckten Chiffontuchs ordnete und Ruthven, Melroses Butler, hereinrief.
    «Du hast dich herausgeputzt, als wolltest du zum Rennen gehen, Agatha. Warum?» Melrose schaute sie sich genauer an. «Und woher hast du diese Amethystbrosche? Sie sieht auch wie die meiner Mutter aus.»
    Ruthven erschien, und sie verlangte mehr Törtchen. Sie würde ihr zweites Frühstück bis zum Mittagessen ausdehnen, wenn er nicht aufpaßte, Melrose kannte das schon.
    Ruthven sandte ihr einen Blick zu, der einem vergifteten Pfeil glich, und entschwebte.
    Sie nutzte diese Unterbrechung, um ihn von dem Thema der Amethystbrosche abzulenken. «Mir ist aufgefallen, daß Lady Jane Hay-Hurt letzten Sonntag besonderes Interesse für dich gezeigt hat.»
    Lady Jane war eine achtundfünfzig Jahre alte Jungfer mit vorstehenden Zähnen und fliehendem Kinn, und Agatha hielt es deshalb wohl für ungefährlich, die Dame mit Melrose in Verbindung zu bringen.
    «Lady Jane interessiert mich nicht. Aber ich werde schon noch jemanden finden, keine Angst. Die Ardry-Plants haben sich schon immer viel Zeit mit dem Heiraten gelassen.»
    Da blieb ihr die Luft weg, wie er es vorhergesehen hatte. «Heiraten! Wer spricht denn vom Heiraten ! Du bist doch eingefleischter Junggeselle, Melrose. Mit dreiundvierzig –»
    «Zweiundvierzig.» Er hatte Littlebourne auf der Karte entdeckt und versuchte, die beste Route dorthin ausfindig zu machen.
    «Du hast jedenfalls deine festen Gewohnheiten, und ich kann mir nicht vorstellen, daß es eine Frau gibt, die deine Marotten ertragen kann!» Triumphierend streckte sie die Arme aus und machte eine Bewegung, die den ganzen Salon umfaßte, als hätten schon Dutzende von heiratsfähigen jungen Frauen auf den Sesseln, Sofas und Couchen gesessen, sich aber unglücklicherweise wieder verflüchtigt.
    So wird es sein, dachte er. Sie war irgendwie zu der Überzeugung gelangt, daß Melrose nur auf sein Ende wartete, um ihr, seiner einzigen noch lebenden Verwandten, Ardry End vermachen zu können, Ardry End mit seinen Feldern, Wäldern und Gärten, seinem Kristall und seinen Visitenkartenetuis, seinen Prunkschränken und seinen Amethysten. Dabei war sie nicht einmal seine Blutsverwandte. Und keine Engländerin. Agatha war eine verpflanzte Amerikanerin, doch ohne das Einfühlungsvermögen eines Henry James.
    Unter seinem Bademantel trug Melrose Reisekleidung. Eigentlich hatte er um neun Uhr fahren wollen, aber dann hatte er ziemlich viel Zeit damit verloren, sie hinzuhalten oder vielmehr von der Fährte abzubringen. Wenn ihr zu Ohren käme, daß er sich mit Superintendent Jury treffen wollte, würde sie sich im Kofferraum seines Rolls-Royce verstecken. Er stand schon seit einer Ewigkeit in der Garage herum. Melrose hatte ihn als Requisit für eine Maskerade eingeplant, über die er sich jedoch noch keine weiteren Gedanken gemacht hatte. Man konnte nie wissen, wozu ein Rolls-Royce gut war. Er grinste.
    «Was hat dieses Grinsen zu bedeuten?»
    «Nichts.» Er faltete die Karte zusammen. Sie hielt sich für eine Expertin in Sachen Mord. Seit Jury – Inspektor Jury damals – in Long Piddleton aufgetaucht war, hatte Agatha nur noch über ihren «nächsten Fall» gesprochen. Um sie von ihm fernzuhalten, mußte man so gerissen sein wie ein Crippen oder ein Neil Cream …
    «Warum siehst du mich so an, Plant?» Während sie sich ein weiteres Törtchen in den Mund schob, sah er im Schein des Feuers ihren Ring aufblitzen.
    Wo hatte sie diesen Mondstein her?

2
    Little Burntenham war ein ganz gewöhnliches Dorf, ungefähr sechzig Kilometer von London entfernt, dem bis vor kurzem niemand sonderliche Beachtung geschenkt hatte. Vor ungefähr einem Jahr jedoch hatten die Londoner Little Burntenham und seine für sie äußerst günstige Lage entdeckt – und inzwischen hielten sogar Schnellzüge dort. Der Boom auf dem Immobilienmarkt ließ nicht auf sich warten, und selbst halb verfallene Häuser, die die Dorfbewohner nicht geschenkt haben wollten, wurden aufgekauft. Dicke Bündel von Scheinen waren von Hand zu Hand gegangen – aus denen der Narren, die sich die Grundstücke
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