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Inspector Barnaby 04 - Blutige Anfänger

Inspector Barnaby 04 - Blutige Anfänger

Titel: Inspector Barnaby 04 - Blutige Anfänger
Autoren: Caroline Graham
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Auffassung glücklicherweise) am äußersten Dorfrand, was die Schmarotzer, die sich dort eingenistet hatten, allerdings nicht daran hinderte, sich überall mit ihren lauten Motorrädern und plärrenden Radios breitzumachen und die Rasenfläche der Anlage geschmackloserweise bei schönem Wetter mit Beschlag zu belegen. Wäre es nach Honoria gegangen, hätte man die zwölf Mietshäuser durch einen hohen Zaun und Wachtposten abgeschottet.
      Sie bog in die Auffahrt von Lauras Haus ein und sprang von dem Sitz ihres vorsintflutlichen Rades, lehnte es samt seines Weidenkorbs am Lenker gegen die Garagenwand und betätigte den Türklopfer.
      Honoria kam nicht unangemeldet. Laura hatte sich erboten, nach einer Steinfigur Ausschau zu halten, die dem Laubengang von Gresham House die nötige Würde verleihen sollte. Nun war der Katalog einer bevorstehenden Auktion in Worcester eingetroffen, der entsprechend dekorative Objekte enthielt. Laura hatte Honoria am Vorabend telefonisch zur Teezeit eingeladen, ihn sich anzusehen.
      Honoria klopfte energischer, doch es rührte sich nichts. Deshalb drückte sie die antike Messingtürklinke in der Form einer Löwenpranke herunter. Die Tür ging auf. Bis auf das Schlagen des Pendels von Lauras alter Großvateruhr aus Ebenholz war alles still. Honoria blickte kurz in die beiden winzigen Räume, die von der Diele abgingen, und lief dann auf dem dicken kirschroten Teppich lautlos zur Küchentür. Dahinter vernahm sie seltsame menschliche Geräusche.
      Honoria zögerte. Nicht etwa aus Verlegenheit, sondern weil sie eine angeborene Aversion gegen alle Situationen hatte, die außerhalb unverfänglicher Konvention lagen. Davon abgesehen, haßte sie es, mit den Angelegenheiten ihrer Mitmenschen behelligt zu werden.
      Sie öffnete die Tür aus diesem Grund nur einen Spalt breit, um sich gegebenenfalls den Rückzug offenzuhalten. Doch unglücklicherweise quietschte die Tür wenig dezent in den Angeln, so daß Laura, die am Küchentisch saß und den Kopf auf die Arme gelegt laut schluchzte, aufschreckte. Die beiden Frauen starrten sich an. Damit war Honoria der Rückzug verwehrt.
      Honoria sah auf den ersten Blick, daß Laura bereits hektoliterweise Tränen vergossen haben mußte. Das normalerweise so sorgfältig geschminkte Gesicht mit den kühlen, distanzierten Augen war bis zur Unkenntlichkeit rot verquollen. Feuchte Haarsträhnen hingen ihr in die Stirn, und sie war auch noch um fünf Uhr nachmittags im Morgenmantel.
      Pikiert suchte Honoria nach Worten. Sich mit einem schlichten >Verzeihung< aus der Affäre zu ziehen stand außer Frage. Das wäre schlechtes Benehmen gewesen. Und obwohl Honoria ohne jedes menschliche Mitgefühl war, hatte sie nicht die Absicht, diese Szene hier an die große Glocke zu hängen. Also wirklich, dachte sie gereizt, wenn sich jemand schon so gehen lassen mußte, dann sollte er wenigstens soviel Anstand besitzen, um die Haustür abzuschließen.
      »Meine Liebe«, begann Honoria. Die freundliche Anrede wirkte wie ein schlecht sitzender Zahn in Honorias Mund. »Was um Himmels willen ist denn passiert?«
      Nach langer Pause antwortete Laura mit dem üblichen Klischee: »Nichts.«
      Doch anstatt zu antworten >Dann ist ja alles in Ordnung< und zu gehen, wie es eigentlich Honorias Wesen entsprochen hätte, stieg sie die zwei Steinstufen in die Küche hinunter, zog einen schönen alten Stuhl über die blauen Schieferplatten an den Tisch und setzte sich. »Kann ich irgendwie helfen?« erkundigte sie sich.
      Laura verfluchte stumm ihre Nachlässigkeit, die Tür nicht verriegelt zu haben, nachdem der Postbote ein Einschreiben gebracht hatte. Und daß ausgerechnet Honoria Lyddiard jetzt in ihrer Küche saß, war doppeltes Pech. Daß sie ihrerseits sich lieber auf den Mond wünschte, war nicht zu übersehen.
      »Nein, wirklich nicht.« Laura fingerte ein Kleenex aus einer fast leeren Schachtel, trocknete die Tränen, putzte die Nase und versenkte das feuchte Knäuel Zellstoff in einem Papierkorb. »Manchmal ist mir eben nach Heulen.«
      »Oh.«
      »Schätze, das geht jedem so.«
      Honoria starrte sie fassungslos an. Sie war noch nach dem Grundsatz erzogen worden, daß eine Dame stets Haltung und Fassung zu bewahren habe. Honoria hatte nie geweint, nicht einmal beim Tod ihres geliebten Rafe, und dabei war sie an ihrem Kummer beinahe zerbrochen. Dennoch hatte sie keine Träne vergossen, nicht beim Begräbnis und auch nicht
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