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Inspector Alan Banks 17 Wenn die Dämmerung naht

Titel: Inspector Alan Banks 17 Wenn die Dämmerung naht
Autoren: Peter Robinson
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dass ich mich besonders gut an seine Stimme erinnern konnte, an seinen Akzent und was er gesagt hatte. Das führte mich nach Whitby. Dort angekommen, wusste ich, dass es nur eine Frage der Zeit wäre, bis ich ihn finden würde. Alles andere war unwichtig. Grimley klang genau wie der Mann, der mich missbraucht hatte. Ich ging mit ihm an den Strand. Das war ganz einfach. Dann schlug ich ihm mit einem Briefbeschwerer aus Glas auf den Kopf. Das war schon schwerer. Ich musste mehrmals zuschlagen. Er wollte einfach nicht sterben. Als er tot war, schleppte ich ihn in eine Höhle, damit das Meer ihn dort herausspülte. Die Flut stand kurz bevor. Ach, vor mir selbst kann ich das natürlich alles rechtfertigen. Ich hatte eine Mission, da waren Fehler unvermeidlich. Kollateralschäden. Das ist der Preis des Krieges. Aber irgendwann war es so weit. Ich fand denjenigen, den ich suchte. Den Richtigen. Und als es vorbei war, fühlte sich alles anders an. Kennen Sie St. Mary's Church in Whitby?«
      »Die Kirche oben auf dem Hügel, unweit der Abtei?«
      »Ja, mit dem Friedhof und den Grabsteinen, auf denen man die Namen nicht mehr lesen kann. Innen sind die Bänke unterteilt. Einige sind für Gäste, auf denen steht >Nur für Fremde<. Nachdem ich Greg Eastcote über die Klippe gestoßen hatte, ging ich in die Kirche, rutschte auf eine dieser Bänke und rollte mich zusammen. Da lag ich ... keine Ahnung, wie lange. Ich dachte, wenn sie jetzt kommen und mich holen, ist es in Ordnung, ich laufe nicht weg, alles ist gut, so soll es sein. Ich warte hier einfach, bis ich gefunden werde. Aber es kam niemand. Und als ich die Kirche verließ, war ich ein anderer Mensch. Ich war ruhig. Absolut ruhig. Können Sie sich das vorstellen?« Sie zuckte mit den Achseln. »Was ich getan hatte, ließ ich hinter mir. Ich empfand keine Schuld. Keine Scham. Die Namensänderung passte gut dazu. Ich hatte sowieso schon unterschiedliche Namen benutzt: Martha Browne, Susan Bridehead. Es war so was wie ein Spiel für mich. Ich studierte Englisch. Eine Zeitlang hieß ich Elizabeth Bennett, aber mein Mann hieß halt mit Nachnamen Wallace.«
      »Aber wie haben Sie Greg Eastcote nur gefunden? Woher wussten Sie, wo er war?«
      »Wie schon gesagt, mir sind wieder Einzelheiten eingefallen. Zum Teil kam das durch die Hypnose.« Dr. Wallace überlegte. »Er hatte gesprochen, wissen Sie. Die ganze Zeit, als er mir das antat, redete er, sprach mit mir. Es fiel mir wieder ein. Er nannte Orte, erzählte von seiner Arbeit. Und er hatte einen Geruch, den ich niemals vergessen werde. Nach totem Fisch. Ich reimte mir alles zusammen. Ich machte Fehler, aber schließlich fand ich es heraus. Ich erwischte ihn. Den Richtigen. Er musste für das zahlen, was er uns allen angetan hatte.«
      »Was taten Sie anschließend?«
      »Zuerst ging ich zurück nach Leeds, zu Sarah, dann wieder nach Bath, zu meinen Eltern. Ich wollte weitermachen wie zuvor, aber ich war verändert. Ich war nicht mehr eine von ihnen. Durch das, was ich getan hatte, hatte ich die Verbindung gekappt. Deshalb ging ich fort. Ich reiste viel, durch die ganze Welt. Schließlich beschloss ich, die Vergangenheit hinter mir zu lassen und Ärztin zu werden. Ich wollte Menschen helfen, sie heilen. Ich weiß, dass das seltsam klingt nach allem, was ich getan hatte, aber es ist die Wahrheit. Können Sie sich das vorstellen? Doch während des Studiums interessierte ich mich immer stärker für die Pathologie. Komisch, nicht? Arbeit mit Toten. Bei lebenden Menschen war ich immer nervös, aber im Umgang mit Leichen hatte ich keinerlei Probleme. Als ich vor sechs Jahren die Verletzungen an den Opfern der Paynes sah, kehrten meine Erinnerungen unweigerlich zurück. Der Rest fiel mir einfach in den Schoß. Julia erzählte es mir eines Abends nach dem Essen, als sie schon etwas mehr getrunken hatte. Sie hatte natürlich keine Ahnung, wem sie das erzählte.«
      »Hören Sie«, sagte Annie. »Legen Sie bitte das Skalpell zur Seite. Hören wir auf, bevor noch jemand zu Schaden kommt. Meine Kollegen wissen, dass ich hier bin. Es kommt bald jemand vorbei.«
      »Das ist jetzt egal.«
      »Ich kann verstehen, warum Sie es nach so vielen Jahren getan haben. Wirklich. Ich wurde ebenfalls vergewaltigt und fast getötet. Ich hasste den Mann. Ich wollte ihn umbringen. Ich war rasend vor Wut. Wahrscheinlich bis heute. Wir sind gar nicht so verschieden, Sie und ich.«
      »Oh, aber wie! Ich habe es nämlich
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