Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Inside Anonymous: Aus dem Innenleben des globalen Cyber-Aufstands (German Edition)

Inside Anonymous: Aus dem Innenleben des globalen Cyber-Aufstands (German Edition)

Titel: Inside Anonymous: Aus dem Innenleben des globalen Cyber-Aufstands (German Edition)
Autoren: Parmy Olson
Vom Netzwerk:
interessiert sei, sich an einer Firmengründung zu beteiligen. Hoglund betrieb bereits eine Computersicherheitsfirma namens HBGary Inc. und wollte Barr mit seinem militärischen Hintergrund und seiner kryptografischen Erfahrung für eine Schwesterfirma gewinnen, die Dienstleistungen für Behörden der US-Regierung anbieten sollte. Dieses Unternehmen sollte HBGary Federal heißen, und HBGary Inc. würde 10 Prozent der Anteile halten. Barr ergriff ohne Zögern die Chance, sich selbstständig zu machen – wenn er von zu Hause aus arbeitete, hatte er viel mehr Zeit für seine Frau und die beiden Kinder.
    Zunächst genoss er den neuen Job. Im Dezember 2009 blieb er drei Nächte hintereinander auf, weil er so viele Ideen für neue Projekte hatte. Manchmal schrieb er Hoglund um halb zwei Uhr morgens, um ihm seine Einfälle mitzuteilen. Fast ein Jahr später machte er mit all diesen Ideen aber immer noch kein Geld und brauchte unbedingt Aufträge. Inzwischen hielt er die winzige Firma mit ihren drei Angestellten durch »Social Media Training« für Manager über Wasser. Diese Seminare brachten jeweils 25.000 Dollar ein. Man lernte dort nicht, wie man seine Facebook-Freundschaften pflegte, sondern wie man die sozialen Netzwerke wie Facebook, LinkedIn oder Twitter zur Informationsgewinnung nutzte – deutlicher gesagt, wie man Menschen ausspionierte.
    Im Oktober 2010 kam dann endlich die Erlösung. Barr bekam Kontakt zu Hunton & Williams, einer Anwaltskanzlei, deren Mandanten – darunter auch die U. S. Chamber of Commerce und die Bank of America – Probleme mit bestimmten Gegenspielern hatten. WikiLeaks hatte zum Beispiel neulich angedeutet, es säße auf einem Berg vertraulicher Daten der Bank of America. Barr und zwei andere Sicherheitsberatungsfirmen führten PowerPoint-Präsentationen vor, in denen unter anderem auch Verleumdungskampagnen gegen Journalisten vorgeschlagen wurden, die WikiLeaks und Internetangriffe auf die WikiLeaks-Webseite unterstützten. Er grub seine fiktiven Facebook-Profile aus und demonstrierte, wie man die Gegner damit ausspionieren konnte, indem er Freundschaftsanfragen an die Anwälte bei Hunton & Williams schickte und damit an Informationen über ihr Privatleben kam. Die Kanzlei wirkte durchaus interessiert, aber im Januar 2011 floss immer noch kein Geld, und HBGary Federal brauchte immer noch dringend welches.
    Dann hatte Barr eine Idee. In San Francisco würde demnächst eine Konferenz von Sicherheitsberatern namens B-Sides stattfinden. Wenn er dort einen Vortrag darüber hielt, wie seine Schnüffelei in sozialen Netzwerken ihm Informationen über einen geheimnisvollen Unbekannten enthüllt hatte, konnte er sich in seinem Fachgebiet profilieren und würde vielleicht endlich den ersehnten Auftrag bekommen.
    Barr konnte sich kein besseres Ziel als Anonymous vorstellen. Ungefähr einen Monat zuvor, im Dezember 2010, waren die Nachrichten voll von Berichten über eine große und geheimnisvolle Hackergruppe gewesen, welche die Webseiten von MasterCard, PayPal und Visa angegriffen hatte, und zwar als Vergeltung dafür, dass diese Firmen sich weigerten, Spenden an WikiLeaks weiterzuleiten. WikiLeaks hatte damals gerade mehrere Zehntausend geheime diplomatische Telegramme der USA veröffentlicht, und der Gründer und Leiter Julian Assange war in Großbritannien festgenommen worden, formell wegen eines Sexualvergehens.
    »Hacker« war ein sehr vage definiertes Wort. Dahinter konnte ein begeisterter Programmierer oder ein Internetkrimineller stecken. Die Mitglieder von Anonymous, die Anons, wurden oft Hacktivisten genannt – Hacker, die als Aktivisten eine Botschaft verbreiten wollten. Soweit man wusste, traten sie für absolut freien Informationsfluss ein, und wer anderer Meinung war, musste damit rechnen, dass seine Webseite angegriffen wurde. Angeblich hatten sie weder eine Hierarchie noch eine Leitung. Sie behaupteten, keine Gruppe zu sein, sondern »alles und nichts«. Die zutreffendste Kategorisierung war vielleicht »Markenname« oder »Kollektiv«. Die wenigen Regeln, die sie hatten, erinnerten an den Film Fight Club : Sprich nicht über Anonymous, enthülle nie deine wahre Identität und greif nicht die Medien an, denn die brauchen wir, um unsere Botschaften zu verbreiten. Die Anonymität verführte natürlich auch zu gelegentlichen Gesetzesverstößen – Einbrüche in Server, Diebstahl von Kundendaten, Blockade und Defacement einer Webseite. Das konnte zehn Jahre Gefängnis einbringen, aber
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher