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Inside Anonymous: Aus dem Innenleben des globalen Cyber-Aufstands (German Edition)

Inside Anonymous: Aus dem Innenleben des globalen Cyber-Aufstands (German Edition)

Titel: Inside Anonymous: Aus dem Innenleben des globalen Cyber-Aufstands (German Edition)
Autoren: Parmy Olson
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hässlichen blauen Fleck und tat weh, brachte einen aber nicht um.
    Barr hielt es für vorteilhaft, wenn er sich schon vor dem Vortrag direkt an die Presse wandte. Er bot Joseph Menn, einem Reporter der Financial Times aus San Francisco, ein Interview an, in dem er schildern wollte, wie seine Daten zu weiteren Festnahmen »wichtiger Leute« bei Anonymous führen konnten. Er gab Menn eine kurze Zusammenfassung: Von den mehreren Hundert Teilnehmern an Internetattacken von Anonymous waren nur etwa 30 dauerhaft aktiv, und nur etwa zehn zentrale Figuren trafen den Großteil der Entscheidungen. Barrs Erkenntnisse und die Geschichte seiner Untersuchung zeigten zum ersten Mal, dass Anonymous sehr wohl eine Hierarchie hatte und nicht so »anonym« war, wie es glaubte. Die Zeitung brachte am Freitag, dem 4. Februar, die Geschichte unter der Überschrift »Internetaktivisten müssen mit Festnahmen rechnen« und berief sich auf Barr.
    Der war ein bisschen stolz darauf, es in die Zeitung geschafft zu haben, und schrieb Hoglund und Leavy eine E-Mail mit dem Betreff »Story kommt jetzt wirklich in Gang«. »Wir sollten das auf unserer Eingangsseite posten und ein paar Tweets rausschicken«, antwortete Hoglund. »Etwa: ›HBGary setzt neue Maßstäbe mit detektivischer Höchstleistung‹.«
    Im Laufe des Freitags hatten auch Beamte der Internetkriminalitätsabteilung des FBI den Artikel gelesen und bei Barr angefragt, ob er bereit sei, seine Informationen an sie weiterzugeben. Er verabredete ein Treffen am Montag nach dem Super-Bowl-Endspiel. Ungefähr zur selben Zeit hatte auch eine kleine Gruppe von Anonymous-Hackern die Zeitung gelesen.
    Es waren drei; sie kamen aus ganz verschiedenen Weltgegenden, und sie waren in einen Online-Chatroom eingeladen worden. Ihre Spitznamen lauteten Topiary, Sabu und Kayla, und mindestens zwei von ihnen, Sabu und Topiary, trafen sich zum ersten Mal. Die Person, die sie eingeladen hatte, führte den Spitznamen Tflow und war ebenfalls eingeloggt. Keiner kannte den wirklichen Namen, das Alter, das Geschlecht oder den Aufenthaltsort der anderen. Zwei von ihnen, Topiary und Sabu, benutzten ihre Spitznamen erst seit knapp einem Monat in öffentlichen Chatrooms. Was sie voneinander wussten, war nur ein bisschen Klatsch und Tratsch und dass sie alle an Anonymous glaubten. Das war die Gesprächsgrundlage.
    Der Chatroom war abgeschlossen, das heißt, man kam nur auf Einladung hinein. Die Unterhaltung war zuerst ein bisschen steif, aber nach einigen Minuten war alles ganz ungezwungen, und es zeigten sich Persönlichkeitszüge. Sabu war selbstsicher und dominant und benutzte Slangausdrücke wie »yo« und »my brother«. Die anderen wussten es natürlich nicht, aber er war in New York geboren und aufgewachsen und stammte aus einer puerto-ricanischen Familie. Hacken hatte er als Teenager gelernt, als er zunächst den Call-by-Call-Internetzugang des Familiencomputers manipulierte, um umsonst ins Netz zu kommen. Ende der neunziger Jahre eignete er sich in Hackerforen weitere Tricks an. Etwa 2001 war der Spitzname Sabu dann aus dem Netz verschwunden und erst jetzt, fast ein Jahrzehnt später, wieder aufgetaucht. Sabu war das Schwergewicht und der Veteran in der Gruppe.
    Kayla gab sich kindlich und freundlich, aber dahinter verbarg sich messerscharfe Intelligenz. Sie war angeblich weiblich; fragte man sie nach ihrem Alter, behauptete sie, sechzehn zu sein. Das hielten viele für eine Lüge, denn bei Anonymous gab es zwar viele jugendliche Hacker und auch viele weibliche Unterstützerinnen, aber kaum weibliche Hacker. Die Lügengeschichte, wenn es eine war, war allerdings sehr detailreich. Kayla war gesprächig und gab viele Einzelheiten aus ihrem Privatleben preis: Sie arbeitete in einem Kosmetiksalon, verdiente sich mit Babysitten ein bisschen Geld dazu und machte gerne Ferien in Spanien. Sie behauptete sogar, Kayla sei ihr echter Vorname, den sie aus Trotz beibehalte, für den Fall, dass jemand sie identifizieren wolle. Was die Sicherheit ihres Rechners anging, war sie allerdings geradezu paranoid. Sie tippte nie ihren wirklichen Namen in ihr Netbook ein, falls jemand die Tastatureingaben mitlas, hatte keine eigene Festplatte und betrieb ihren Rechner mithilfe einer winzigen MicroSD-Speicherkarte, die sie notfalls hinunterschlucken konnte, falls die Polizei kam. Es hieß, eines Tages habe sie ihre Webcam mit einem Messer außer Gefecht gesetzt, damit niemand sich in ihren PC einhacken und sie ohne ihr Wissen
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