Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Inshallah - Worte im Sand - Roman

Inshallah - Worte im Sand - Roman

Titel: Inshallah - Worte im Sand - Roman
Autoren: Aufbau
Vom Netzwerk:
Messer auf das Hackbrett. »Wo ist Khalid?«
    »Was?« Baba zog ein grimmiges Gesicht. Er hatte so sehr in seinen glücklichen Träumen geschwelgt, dass er nicht zugehört hatte.
    »Wo ist Khalid?« Malehkah starrte mich an.
    »Hinten auf dem Hof ist er nicht.« Ich hatte auf einmal ein ungutes Gefühl und fühlte mich schwach. Warum hatte ich nicht besser auf ihn aufgepasst?
    Zeynab sah erst zu Malehkah, dann zu mir. »Ich habe ihn im Haus nicht gesehen, aber vielleicht …«
    »Darum war die Tür zur Straße offen. Er will sicher die Soldaten sehen«, meinte Baba.
    »Ich hatte dich gebeten, auf die Jungen achtzugeben, Zulaikha«, sagte Malehkah.
    »Ich habe ihm verboten, nach draußen zu gehen.«
    »Pah. Soll er spielen.« Mein Vater wischte unsere Sorgen mit der gleichen Geste weg, mit der er Fliegen von seinem Reis scheuchte. Dann griff er noch einmal in die Tasche, holte einen Karamelbonbon für Habib heraus und wickelte ihn aus der glänzenden Folie. »Hier, Bacha, iss das. Khalid bekommt auch einen, wenn er zurückkommt.«
    »Aber Sadiq, Khalid ist nur …«
    »Er soll spielen, habe ich gesagt!«, rief Baba. Er ließ eine Hand gegen die Wand klatschen, dann ging er stumm zum vorderen Fenster. »Ich dulde keinen Widerspruch in meinem Haus.« Er sah Malehkah scharf an. »Khalid ist kein Kleinkind mehr. Er ist aus dem Alter heraus, in dem man auf Frauen hört.«
    Bei Babas Worten stand mein Mund offen. Ich sah, wie Malehkah tief einatmete. Sie verkniff sich eine Erwiderung und ließ die Luft durch die Nase entweichen. Sie wollte nicht mit Baba streiten, aber es war ihr anzusehen, dass sie zornig war. Außerdem wusste sie genau, wie sie mich bestrafen konnte, wenn ich sie verärgert hatte.
    Najib hatte sich gesetzt und Baba legte sich nun auf der anderen Seite des Zimmers hin. Seine Augen fielen zu und er spreizte Arme und Beine, damit ihm nicht zu warm wurde.
    »Heiß«, murmelte er. Dann streckte er die Arme nach dem schläfrig blinzelnden Habib aus. »Wir sollten ein bisschen schlafen, Bacha. Bei dieser Hitze kann keiner schweißen.« Als Habib sich hinlegte, küsste Baba ihn auf den Kopf. Dann wandte er sich Najib zu. »Lass uns nachher weiterarbeiten. Meinetwegen bis in den späten Abend.«
    Malehkah brachte das Hühnchen in die winzige Küche hinten im Haus. Zeynab setzte sich auf eine aufgerollte Toshak und stickte weiter. Die Stille wurde nur von dem leisen Geräusch unterbrochen, mit dem die Nadel den Stoff durchdrang. Alle schwiegen. Auch die heiße, staubige, stickige Luft war reglos.
    Nach einer Weile sagte Baba leise: »Bale. Es sind gute Zeiten, und sie werden immer besser.« Seine Stimme klang ruhiger und träge.
    An diesem Nachmittag erledigten wir nur die Arbeiten im Haus, die keinen Lärm verursachten. Das Wischen oder das Schrubben des dreckigen Frühstückstopfes mussten warten, bis die Männer wach waren.
    Ich ging nach draußen, um die Wäsche abzuhängen. Es war immer wieder faszinierend, wie die trockenen Kleider ihre Form beizubehalten versuchten, wenn sie abgenommen wurden.
    Ich legte mir die saubere Wäsche über die Schulter und wollte gerade ins Haus zurückkehren, als Zeynab auf Zehenspitzen zu mir nach draußen schlich. »Ich wollte nachsehen, ob du Hilfe brauchst.«
    »Danke, aber ich bin schon fertig.«
    »Ist das nicht herrlich, Zulaikha? Das mit Baba und Najib und so weiter?«, flüsterte sie. Sie tanzte mit ausgebreiteten Armen im Kreis. »Ich habe das Gefühl, als wäre jetzt alles möglich.«
    »Wie meinst du das?« Zeynab steckte mich mit ihrer Fröhlichkeit immer an, und weil ich lächeln musste, zog ich das Tuch vor meinen Mund.
    »Hast du gemerkt, wie glücklich Baba ist? Wenn ich später einen Mann habe, wird er genauso glücklich nach Hause kommen, weil er mich endlich wiedersieht.« Zeynab drehte mich wie beim Tanz. »Mein Mann wird alles über mich wissen und er wird mich dafür noch mehr lieben.« Sie schloss mich in ihre Arme. »Vielleicht werden wir drei Söhne und drei wunderschöne Töchter haben, und vielleicht wird er so reich sein, dass er eine Dienerin einstellen kann, damit die Kinder nicht putzen müssen.«
    Ich seufzte. »Klingt herrlich.«
    »Übrigens – magst du mir nicht endlich erzählen, wie sie sind?«
    »Die Amerikaner?«
    »Natürlich! Ich habe gehört, dass sie sehr gut aussehen.« Sie schmiegte sich dicht an mich. »Vielleicht gehe ich aus, wenn sie das nächste Mal im Ort sind. DerTschadri hat ja nicht zuletzt den Vorteil, dass sie meine Blicke
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher