Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Inseln im Strom

Inseln im Strom

Titel: Inseln im Strom
Autoren: Ernest Hemingway
Vom Netzwerk:
nahmen die Anker ein und fuhren los. Das Dingi fuhr vor ihnen her und lotete und pflanzte in jede gefährliche Stelle eine Bricke. Das heranflutende Wasser strömte inzwischen rein und klar, und das Navigieren war schwierig, aber nicht so schwierig wie am Vortag. An der Stelle, wo sie gestern auf Grund aufgelaufen waren, hatten sie einen Ast aufgerichtet, und der Strom rüttelte an seinem grünen Laub, als Thomas Hudson zurückblickte.
    Er sah voraus und fuhr dicht hinter dem Dingi her, das den Priel absteckte. Sie kamen an einer langen grünen Insel vorbei, die klein und rund ausgesehen hatte, solange sie sie nur von vorn gesehen hatten. Danach hatten sie eine anscheinend zusammenhängende, aber ausgebuchtete Front von Mangroveninseln vor sich, und Gil, der das Fernglas hatte, sagte: «Voraus eine Bricke, Tom. Genau zwischen dem Dingi und den Mangroven.»
    «Sieh mal nach, ob es die Durchfahrt ist», sagte Thomas Hudson.
    «Der Karte nach ist sie sehr schmal. Wir werden gerade zwischen den Mangroven Platz haben.»
    In diesem Moment fiel ihm etwas ein. Wie konntest du so blöd sein, dachte er. Aber mach auf alle Fälle weiter, bis du den Priel hinter dir hast. Du kannst sie dann immer noch zurückschicken. Er hatte vergessen, Willie und Ara die Verminung des Schildkrötenfänger-Wracks beseitigen zu lassen. Es wäre eine Gemeinheit, wenn wir es so ließen und irgendein armer Fischer an Bord ginge. Sie können zurückfahren und dem Kram entschärfen.
    Das Dingi gab ihm jetzt ein Zeichen, sich hart unter den drei winzigen Spitzen der Mangroveninsel an Steuerbord zu halten, und um sicher zu sein, daß sie verstanden worden waren, drehten sie um und kamen zurück. Willie rief: «Nimm die Bricke an Backbord. Die Einfahrt ist an Steuerbord. Wir gehen vor euch hinein. Fahr zu, solange du nichts von uns hörst. Es ist nur ein tiefer Graben.»
    «Wir haben das Wrack vergessen. Es ist immer noch scharf.»
    «Ich weiß», rief Willie. «Wir fahren nachher zurück.»
    Ara griente, drehte das Dingi um, und sie fuhren los. Willie gab ein Zeichen, daß alles klar sei. Dann drehten sie scharf nach Backbord und dann nach Steuerbord und verschwanden im Dickicht.
    Thomas Hudson steuerte hinter ihnen her. Sie hatten genug Wasser, obwohl es auf der Karte nicht so ausgesehen hatte. Der alte Priel muß von einem Hurrikan ausgespült worden sein, dachte er. Seit die Boote der U. S. S. ‹Nikomis› hier gelotet haben, hat sich allerlei verändert.
    Plötzlich merkte er, daß keine Vögel aus den Mangroven stiegen, als das Dingi in die schmale, dschungelige Mündung des Priels bog. Er steuerte weiter und sagte Henry, der auf dem Vordeck lag, durchs Sprachrohr durch: «Kann sein, daß sie uns in dem Graben entern. Richte es dir so ein, daß du mit deinen .50ern voraus und auch querab feuern kannst. Bleib in Deckung, warte, bis du ihr Mündungsfeuer siehst und halte hinein.»
    «Ja, Tom.»
    Und zu Antonio sagte er: «Sie entern uns hier womöglich. Bleib in Deckung, bis sie schießen, halt unter ihr Mündungsfeuer und nagle sie fest. Gut tief halten.
    Gil», sagte er, «leg dein Glas weg. Nimm zwei Handgranaten, bieg den Sicherungsstift gerade und steck sie in die Halterung auf meiner rechten Seite. Bieg auch die Sicherungsstifte der beiden Feuerlöscher gerade und lege das Glas dann weg. Wahrscheinlich greifen sie uns von beiden Seiten an, so wäre es jedenfalls richtig.»
    «Sag mir, wenn ich werfen soll, Tom.»
    «Wirf, wenn du ihr Mündungsfeuer siehst. Aber wirf hoch, die Dinger müssen durch das Gebüsch durch.»
    Trotz des Hochwassers ließ sich kein Vogel blicken. Er wußte, daß sie jetzt eigentlich in den Mangroven sitzen mußten. Das Schiff hatte jetzt die Mündung des schmalen Priels erreicht, und Thomas Hudson, der barfuß war und nichts auf dem Kopf trug und nur seine Khakishorts anhatte, kam sich so nackt vor, wie sich ein Mann überhaupt fühlen kann.
    «Leg dich hin, Gil», sagte er. «Ich sag dir, wenn du hochkommen und werfen sollst.»
    Gil lag an Deck, und neben ihm lagen die beiden Feuerlöscher, die voll Dynamit waren, einen Aufschlagzünder hatten und mit der vorschriftsmäßigen Zündeinrichtung einer Eierhandgranate gezündet wurden, bei der das Röhrchen nur kurz vor dem Hütchen abgesägt und mit einer Dynamitkapsel versehen war.
    Thomas Hudson warf ihm einen Blick zu und sah, wie er schwitzte. Dann beobachtete er die Mangroven zu beiden Seiten.
    Ich könnte immer noch versuchen, das Schiff wieder herauszukriegen,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher