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Insel zweier Welten: Roman (German Edition)

Insel zweier Welten: Roman (German Edition)

Titel: Insel zweier Welten: Roman (German Edition)
Autoren: Geraldine Brooks
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letzte Licht des Tages auf dem Wasser tanzt.
    Ich werde diese Seiten weglegen, bevor er kommt. Heute Abend möchte ich nicht über diese Dinge sprechen, Dinge, die längst vergeben und vergessen sind, und doch ist keines davon wieder gut geworden. Aber es hat meinem Herzen Erleichterung gebracht, dies alles niederzuschreiben. Ich bin keine Heldin. Das hat mir das Leben nicht abverlangt. Aber ich werde auch nicht als Feigling ins Grab steigen, der kein Wort darüber verliert, was er getan und was dies gekostet hat. So lasst also diese Seiten mein Totenlied sein – auch wenn es am Ende kein Triumphgesang ist, sondern das, was es sein muss: eine misstönende und kummervolle Klage.

Nachwort
    Insel zweier Welten ist durch eine wahre Geschichte inspiriert. Dennoch ist es ein Werk der Phantasie. Was an dieser Stelle folgen soll, ist die Geschichte, wie sie dokumentiert ist: das schmale Gerüst, an dem ich das Gebäude meiner Einbildungskraft hochgezogen habe.
    Das »College in Newtowne«, das man besser Harvard nennen sollte, wurde im Jahr 1636 gegründet, nur sechs Jahre nach der Gründung der Kolonie in der Bucht von Massachusetts. Insgesamt betrug die Anzahl seiner Absolventen im siebzehnten Jahrhundert nur 465. Caleb Cheeshahteaumauk gehörte zu dieser Elite.
    Er wurde um 1646, nur fünf Jahre nach der Ankunft einer Handvoll englischer Siedler, auf der Insel geboren, die von ihren Ureinwohnern, den Wampanoag oder Wôpanâak, wie sie heutzutage bezeichnet werden, Noepe oder Capawock genannt wurde. Calebs Vater war sonquem oder Häuptling einer der kleineren Sippen der Wôpanâak, die in Nobnocket lebten, das man heute unter dem Namen West Chop kennt. Da die winzige englische Siedlung zehn Meilen entfernt lag, kann man davon ausgehen, dass Caleb in jungen Jahren nur wenig Kontakt mit den englischen Siedlern hatte und mit der Sprache seines Volkes und seinen Gebräuchen aufwuchs.
    1641 erwarb der puritanische Geschäftsmann Thomas Mayhew das Besitzrecht an der Insel, die heute unter dem Namen Martha’s Vineyard bekannt ist, vom Earl of Sterling und von Sir Fernando Gorges. Mayhews Sohn Thomas Jr. trat dann in Verhandlungen mit einem sonquem namens Tawanticut und kaufte von ihm eine Parzelle Land im Osten der Insel. Eine Reihe von Stammesmitgliedern Tawanticuts war gegen den Verkauf, wurde jedoch dadurch beschwichtigt, dass der Häuptling einiges von seinem Land seinen Gegnern überließ und den Mayhews nur das verkaufte, was ihm selbst gehörte. Thomas Jr. stand einer kleinen Gruppe von Siedlern vor, die Great Harbor, heute Edgartown, gründeten. Die Beweggründe für die Besiedelung der Insel lagen für Thomas Sr. offenbar in der Schaffung eines eigenständigen Landbesitzes außerhalb des Machtbereichs der Kolonie von Massachusetts Bay; hingegen war Thomas Jr. ein Mann des Glaubens, dessen Lebenswerk die Bekehrung der Wôpanâak wurde. Zu diesem Zweck gründete er 1652 auch eine Tagesschule für dreißig Indianer. Möglicherweise war Caleb unter ihnen und lernte dort lesen, schreiben und die englische Sprache. 1657 starb Thomas Jr. bei einem Schiffbruch auf dem Weg nach England. Sein Vater, sein Sohn Matthew und sein Enkel Experience führten seine Missionarstätigkeit fort und bemühten sich um die Bildung der Indianer.
    Wahrscheinlich wurde Caleb aufs Festland geschickt, um in Roxbury bei Daniel Weld zur Schule zu gehen. Neun indianische Studenten (zu denen faszinierenderweise auch das Indianermädchen Joane, »the Indian Mayde«, gehörte) wurden dort unter Welds Führung im Jahr 1658 unterrichtet. 1659 gehörten Caleb und sein Mitschüler von Martha’s Vineyard, Joel Iacoomis, zu den fünf Studenten indianischer Herkunft, die zusammen mit Matthew Mayhew Elijah Corletts Lateinschule in Cambridge besuchten, die neben dem Harvard College lag. Matthew verließ vor den Aufnahmeprüfungen für das College die Lateinschule und kehrte auf die Insel zurück.
    In den Statuten von Harvard aus dem Jahr 1650 steht, die Lehranstalt sei der »Ausbildung englischer und indianischer Jünglinge in diesem Lande« gewidmet. Zumindest ein Student indianischer Herkunft namens John Sassamon besuchte Harvard einige Zeit bevor das zweistöckige Backsteingebäude des Indian College im Jahr 1656 errichtet wurde. John Printer, ein Nipmuc, betrieb die Druckerpresse, die dort untergebracht war und auf der die erste indianische Bibel sowie viele andere Bücher in den Sprachen der Algonquin gedruckt wurden. Auch andere Ureinwohner namens
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