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Insel meines Herzens

Insel meines Herzens

Titel: Insel meines Herzens
Autoren: Josie Litton
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würde er die Hintergründe begreifen.
    Aus einem Impuls heraus winkte Atreus in die Menge. Damit entfachte er neuen Jubel, der nur geringfügig nachließ, als er in einen Wagen stieg.
    Wie es das Protokoll erforderte, fuhr er mit Lord Liverpool durch die Straßen der Stadt. Während Alex die beiden begleitete, saß Royce mit den Damen in der anderen Kutsche. Zum Glück fühlte sich der Premierminister nicht zu belangloser Konversation bemüßigt, oder er hatte einfach nichts zu sagen. So konnte sich Atreus auf London konzentrieren, das ihn einerseits erschreckte und andererseits erstaunte.
    Hier wimmelte es von menschlichem und tierischem Leben, in enge Gassen gezwängt oder auf schönen breiten Avenuen verstreut. Trotz der eher kurzen Fahrt gewann er einen umfassenden Eindruck. Neben bedrückender Armut, die sein bisheriges Vorstellungsvermögen überstieg, sah er unermesslichen Reichtum und grandiosen Glanz, der mit den Göttern zu wetteifern schien. Eine Stadt voller Gegensätze, dachte er, ein Spiegelbild der Menschen, die sie erbaut haben... Darauf musste er sich besinnen, wenn er mit den Briten verhandelte.
    Natürlich würde er das tun, denn er erfüllte stets seine Pflichten. Doch das würde ihn nicht daran hindern, seine Gedanken in angenehmere, privatere Bahnen zu lenken.
    Würden ihre Hände nicht so heftig zittern, wäre alles in Ordnung. Nur die Hände, sonst nichts. Diese Schwierigkeit müsste sie eigentlich meistern.
    Während Brianna gegenüber von Royce und Kassandra im Wagen saß, zwang sie sich, ruhig und gelassen zu wirken. Ihre wahren Gefühle konnte sie nicht bekämpfen. Also musste der äußere Schein genügen.
    Er war hier. Seit Monaten wusste sie, wann Atreus in London eintreffen würde, und sie hatte die Vorbereitungen auf seine Ankunft beobachtet. Der Vanax von Akora, der erwählte Herrscher seines Volkes, würde dem königlichen Hof des Prinzregenten einen Staatsbesuch abstatten. Dabei sollten Besprechungen zwischen führenden Persönlichkeiten einem besseren gegenseitigen Verständnis und freundschaftlichen Kontakten dienen. Im vergangenen Jahr hatte der Versuch einiger Engländer, eine Invasion Akoras zu provozieren, beträchtliche Probleme heraufbeschworen. Die wollte man nun lösen. Oh ja, alles war so, wie es sein sollte.
    Aber nun war Atreus hier. Und Briannas Hände bebten. Die Finger fest ineinander geschlungen, bemühte sie sich, die Gefühle zu bewältigen, die sie seit der Begegnung im Hafen durchströmten. Als sie ihn zuletzt gesehen hatte, war er immer noch von jenem fast tödlichen Angriff gezeichnet gewesen. Schon damals, fern vom Gipfel seiner Macht, hatte er ihre Seele bis ins Innere aufgewühlt. Selbstverständlich wusste er das nicht. Oder doch? Allein schon der Gedanke an diese Möglichkeit stieg ihr schwindelerregend zu Kopf. Und das beunruhigte sie, weil sie normalerweise nicht zu zimperlichem Schmachten neigte.
    »Alles in Ordnung, Brianna?« Besorgt beugte sich Kassandra zu ihr vor. »Du bist ziemlich blass.«
    »Oh, mir fehlt gar nichts. Was sollte mich auch bekümmern?«
    Der Blick, den das Ehepaar wechselte, entging ihr nicht. Zweifellos hatte sie zu leise und unüberlegt gesprochen. Am liebsten hätte sie die hastigen Worte zurückgenommen. Gleichzeitig bewunderte sie wieder einmal den stillschweigenden Einklang zwischen den beiden Menschen, die ihre Freunde geworden waren. Wie sie sich eingestand, empfand sie auch einen gewissen Neid.
    »Erfreulich, dass Atreus so gut aussieht...«, bemerkte Royce leichthin.
    »Sehr gut«, pflichtete Kassandra ihm bei, »zu meiner maßlosen Erleichterung. Wenn ich mir vorstelle, wie nahe er...«
    »Denk nicht daran«, wurde sie von ihrem Ehemann unterbrochen. Zärtlich berührte er ihre Hand. »Das alles gehört der Vergangenheit an, und du darfst dich nicht damit belasten. Sonst schadest du unserem Baby.«
    Kassandra erwiderte sein Lächeln. In den ersten Monaten ihrer Schwangerschaft genoss sie ihr ungetrübtes Glück, vor allem, seit sie aufgehört hatte, jeden Tag mit dünnem Tee und getrocknetem Zwieback zu beginnen. »Ich weiß, Atreus Besuch soll einen ernsthaften Zweck erfüllen. Trotzdem hoffe ich, er wird angenehme Zeiten bei uns verbringen. So selten findet er eine Gelegenheit, etwas anderes zu tun als zu arbeiten. Als liebevolle Schwester fügte sie hinzu: »Manchmal glaube ich, er würde ein anderes Leben vorziehen.«
    »Damals wurde er nicht gezwungen, den Thron des Vanax zu besteigen«, wandte Brianna in
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