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Insel meiner Sehnsucht Roman

Insel meiner Sehnsucht Roman

Titel: Insel meiner Sehnsucht Roman
Autoren: Josie Litton
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mehrmals zerzaust worden. Dies alles nahm Royce ebenso wahr wie das gedunsene Gesicht und die bebenden Lippen.
    In ruhigem Ton begann er zu sprechen. »Majestät, Sie wollten mich sehen?«
    Eine Zeit lang starrte der Prinzregent ihn verwirrt an, als könnte er sich nicht entsinnen, dass er ihn hierher bestellt hatte. Seine wässerigen Augen blinzelten, dann ergriff er ein Brandyglas und leerte es mit der Grimasse eines Mannes, der eine bittere Medizin schluckte.
    »Ja, ja, natürlich«, murmelte er und bedeutete den Lakaien, den Raum zu verlassen. »Verschwindet! Dauernd lungern sie herum. Und nie sind sie zu irgendwas nütze.«
    Geduldig stand Royce da, wartete und musterte den Mann, der mit der Aufgabe betraut war, England zu regieren. Seit der Prinzregent im vergangenen Herbst bei einem schottischen Volkstanz seinen Fußknöchel verletzt hatte, schritt sein körperlicher Verfall rapide voran. Monatelang hatte er das Bett gehütet, über seine Schmerzen geklagt und seine Ärzte beschimpft, weil sie unfähig gewesen waren, ihm zu helfen. Schon vorher korpulent, war er während des Müßiggangs immer dicker geworden, und er hatte mehr getrunken denn je. Was zu noch größerer Sorge Anlass gab – er hatte sich angewöhnt, Laudanum zu nehmen, und steigerte die Dosis fast täglich. Darunter litt nicht nur seine Gemütsverfassung, sondern auch sein Verstand.
    »Diese verdammten Ludditen!«, murrte er. »Die ganze Nacht habe ich mir um die Ohren geschlagen und überlegt, was ich tun soll. Immerhin trage ich die Verantwortung für England. Was in Frankreich geschehen ist, darf sich hier nicht wiederholen.« Schaudernd schenkte er sich noch einen Brandy ein.
    Solche Befürchtungen hatte er schon oft ausgesprochen, und Royce wusste, wie er damit umgehen musste. »Majestät, die Schreckensherrschaft liegt fast zwanzig Jahre zurück. Sollten gewisse Teile der englischen Bevölkerung etwas Ähnliches planen, hätte die Revolution schon längst stattgefunden.«
    »Während der Regentschaft meines Vaters? Das hätte er niemals zugelassen. Er war überhaupt ziemlich unduldsam. Und jetzt habe ich das alles am Hals.« Prinny wollte aufstehen, besann sich aber anders und sank in seinen Sessel zurück. »Eigentlich dachte ich, Percevals neues Gesetz würde den Ludditen den Wind aus den Segeln nehmen. Welcher vernünftige Mann will denn sterben, nur weil er einen Webstuhl zertrümmert hat? Aber sie treiben's immer ärger.«
    »Weil sie verzweifelt sind«, warf Royce mit sanfter Stimme ein.
    »Dann müssen sie eben härter arbeiten, um ihre Lage zu verbessern, nicht wahr? Wenn sie alles kurz und klein schlagen, wird es ihnen wohl kaum helfen.«
    »Verzweifelte Menschen benehmen sich manchmal unvernünftig, Majestät.«
    »Sieht so aus …« Müde strich der Prinzregent über sein Gesicht.
    »Falls ich mir erlauben darf, Ihnen einen Rat zu geben, Sire – Sie sollten sich ausruhen.«
    »Oh Gott, was würde ich für einen erholsamen Nachtschlaf geben! Aber die Last meines Amtes … Wahrscheinlich werde ich nie mehr inneren Frieden finden. Wie dem auch sei, kommen wir zur Sache, Hawkforte. Ich habe Sie aus einem ganz bestimmten Grund zu mir beordert.«
    Bei seiner Ankunft und dem Anblick des derangierten Prinzregenten hatte Royce vermutet, es würde viel länger dauern, bis er erfuhr, worum es ging. Je früher er das hörte, desto besser. Dank des Tempos, in dem der Brandy durch die königliche Kehle floss, würde der Mann nicht mehr lange bei Bewusstsein bleiben.
    Mit schmalen Augen schaute Prinny zu ihm auf. »Schon immer habe ich Sie – und früher Ihren Vater – für klüger gehalten als all die anderen Lords. Vielleicht neigen Sie zum Weitblick, weil Sie einer so alten Familie entstammen.«
    »Ja, Majestät, das mag stimmen.«
    »Glauben Sie immer noch, wir sollten Bonaparte besiegen?«
    »Allerdings – denn Friedensverhandlungen mit Napoleon würden Großbritanniens Position in der Welt für lange Zeit schwächen.«
    Der Prinzregent lachte heiser. »Wenn das Grey und die anderen bloß einsehen würden! Leider begreifen die vermaledeiten Whigs nicht, was es bedeuten würde, wenn England hinter Frankreich an zweiter Stelle stünde.«
    »Wie Sie sicher wissen, Sire – in meinen Ansichten über notwendige Reformen stimme ich mit den Whigs überein.«
    »Ja, ja, ja … Aber im Moment wäre es völlig sinnlos, darüber zu reden. Warum Sie glauben, in diesen unsicheren Zeiten könnte man Reformen durchführen, ist mir ein Rätsel.
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