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Insel des Todes

Insel des Todes

Titel: Insel des Todes
Autoren: Carter Brown
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winken .«
    »Klar .« Ich verließ das Steuerhaus und schritt nach vorn.
    »Danny?«
    Ich blickte über die Schulter
zurück auf die hochgewachsene Gestalt Clarries , die
sich gegen den leuchtendblauen Himmel abhob.
    »Was ist mit der Seeschlacht ?« fragte er.
    »Die fällt vielleicht ins
Wasser«, versetzte ich.
    »Ich finde, Sie sind verrückt,
hier auszusteigen«, erklärte er mit leidenschaftsloser Stimme. »Auf dem
Inselchen können Sie nicht davonlaufen, mein Freund. Es ist zu klein .«
    »Mir wird schon nichts
passieren«, gab ich ungeduldig zurück.
    »Ich hätte meine fünfundzwanzig
Pfund im voraus kassieren sollen«, brummte er. »Der weichherzige Clarrie wird
man mich nennen, der Trottel ohne Hirn! Stehen Sie da nicht so untätig rum,
Boyd !«
    Das Deck erbebte unter meinen
Füßen, als Clarrie den Motor auf Rückwärts schaltete und dem Boot mehr Fahrt
gab. Ich schwang mich über die Seite und ließ mich ins Wasser gleiten, das etwa
neunzig Zentimeter tief war. Die Achtunddreißiger hatte ich in weiser
Voraussicht aus der Tasche gezogen und über meinen Kopf gehalten. Das Boot
entfernte sich mit steigender Geschwindigkeit von mir, und als es etwa hundert
Meter weg war, drehte es. Ich winkte heftig und sah Clarrie ebenfalls den Arm
heben.
    Dann watete ich an den Strand
und beschloß, mich hier häuslich niederzulassen, um der Dinge zu harren, die da
kommen sollten. Ich fand einen einigermaßen bequem aussehenden Felsbrocken,
setzte mich und zog meine Schuhe aus, um sie trocknen zu lassen. Dann steckte
ich mir erst einmal eine Zigarette an. Nach ein paar Minuten schon spürte ich
die Glut der Sonne auf meinen Beinen, und meine Hose, die klitschnaß gewesen war, war beinahe trocken.
    Zehn Minuten verstrichen. Das Boot
war nur noch eine kleine, längliche Form weit draußen auf dem blauen Wasser.
Meine Hose war völlig trocken, und meine Schuhe waren ebenfalls nicht mehr naß,
als ich sie betastete. Also zog ich sie wieder an.
    Es war unglaublich still auf
der Insel. So, dachte ich, muß es sein, wenn man der letzte lebende Mensch auf
der ganzen Welt ist.
    Je länger ich so auf meinem
Felsbrocken saß, desto drückender schien das Schweigen zu werden. Ich steckte
mir eine zweite Zigarette an, nur um das Kratzen des Streichholzes an der
Reibfläche zu hören. Dann wanderten meine Gedanken nach New York, und ich
überlegte, wie Manhattan wohl ohne Danny Boyd zurechtkam, und mir fiel ein, daß
es nur noch zwölf Tage bis Weihnachten waren. Eine plötzliche Sehnsucht nach
meiner Wohnung überkam mich, und ich stellte mir vor, wie herrlich es wäre,
wenn ich jetzt mit Fran Jordan am Fenster sitzen könnte, heiße Maronen essen
und auf die kahlen Zweige der Bäume und die schneebedeckten Rasenflächen im
Central Park herabblicken könnte.
    Dann hörte ich plötzlich das
Geräusch, auf das ich gewartet hatte. Es war nur ein Rascheln, ein leises
Knistern, doch ich hatte mich so an die Stille gewöhnt, daß es mir wie eine
Explosion vorkam. Es wisperte und knackte in den Zweigen, und schließlich bogen
sie sich unmittelbar hinter mir mit einem schwachen, zischenden Laut
auseinander.
    »Sie haben sich verdammt lange
Zeit gelassen, bis Sie hier auftauchten, Danny Boyd !« sagte Leila Gilbert kalt. »Jetzt sitze ich schon seit fast einer Woche auf
dieser gottverlassenen Insel .«
    Sie schritt hinaus auf den Sand
und blickte auf mich herab. Ihre Hände waren in die Hüften gestemmt. Das
strohblonde Haar war noch ebenso zerzaust wie damals, als ich sie zum erstenmal
gesehen hatte, doch jetzt hatte es die Sonne fast weißgebleicht. Das Gesicht
der Schneekönigin schimmerte bronzen, nur die Augen waren unverändert. Es waren
noch immer dieselben kobaltblauen Augen, in deren Tiefen feurige Funken
tanzten.
    Um die vollen Brüste hatte sie
nachlässig einen blauen Seidenschal geknotet, und über ihren Hüften spannte
sich der Stoff von ehemals weißen Shorts. Die langen, wohlgeformten Beine waren
ebenso tief gebräunt wie der Rest ihres Körpers.
    »Wo ist Jack Romney ?« fragte sie mit ihrer angenehm rauhen Stimme.
    »Ich nehme an, auf dem Weg hierher.
Zusammen mit den anderen«, erwiderte ich.
    »Wissen sie Bescheid ?«
    »Höchstens, wenn er sie
eingeweiht hat.«
    Sie beugte sich vor und zog die
Packung Zigaretten sowie die Streichholzschachtel aus meiner Hemdtasche.
    »Mir sind vor ein paar Tagen
die Zigaretten ausgegangen«, erklärte sie. »Was ist eigentlich geschehen? Ich
komme mir vor wie eine Schiffbrüchige, die
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