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Insel des Sturms

Insel des Sturms

Titel: Insel des Sturms
Autoren: Roberts Nora
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Großmutter gelernt. Und fühlte sich tatsächlich tausendmal willkommen, als sie in die Wärme trat.
    Links von dem schmalen Flur, kaum breiter als die Treppe, gelangte man über eine Reihe durch die Zeit und die Benutzung spiegelblank polierter Stufen in den ersten Stock; rechts führte ein reizender Bogen in das kleine Wohnzimmer. Mit seinen Wänden in der Farbe frischer Kekse, den honigfarbenen Bordüren und den vom Alter leicht vergilbten spitzengesäumten Gardinen, auf Grund derer alles in sanftes Sonnenlicht gehüllt erschien, war der Raum mehr als einladend.
    Die Möbel sahen etwas abgenutzt aus; doch der, wenn auch leicht verblichene, blau-weiß gestreifte Stoff und die dicken, weichen Kissen luden zum gemütlichen Verweilen und zum Betrachten der Sammelobjekte ein – Kristallgefäße, Schnitzfigürchen, Miniaturflaschen auf den blank polierten Tischen. Den geschrubbten Dielenboden bedeckten etwas mitgenommene Flickenteppiche, und in dem steinernen Kamin lag etwas, von dem Jude meinte, es wäre frischer Torf.
    Der Raum verströmte einen erdigen sowie leicht blumigen Geruch.
    »Wirklich allerliebst!« Wieder schob sich Jude das Haar aus dem Gesicht und drehte sich im Kreis. »Wie ein Puppenhaus!«

    »Die alte Maude hatte eben eine Vorliebe für hübsche Dinge.«
    Etwas in Brennas Stimme ließ Jude in der Bewegung innehalten. »Tut mir Leid, ich habe sie nie kennen gelernt. Sie haben sie anscheinend sehr gemocht.«
    »Sicher, jeder hier liebte die alte Maude. Sie war eine wunderbare alte Dame. Es würde sie sicher freuen, wenn sie wüsste, dass Sie hier sind und sich um das Cottage kümmern. Bestimmt wollte sie nicht, dass es leer und verlassen da steht. Soll ich Ihnen vielleicht erst mal alles zeigen? Damit Sie sich besser zurechtfinden?«
    »Sehr gern, aber vorher müsste ich unbedingt auf die Toilette.«
    Brenna lachte fröhlich auf. »Von Dublin ist es ein ganz schön weiter Weg. Direkt neben der Küche gibt es ein kleines WC. Mein Dad und ich haben es erst vor drei Jahren aus einem alten Einbauschrank gezimmert. Einfach geradeaus.«
    Ohne weitere Zeit mit Erkundigungen zu verlieren, schlug Jude die genannte Richtung ein. »Klein« war wirklich die einzig passende Beschreibung für das Bad. Wenn sie die Arme angewinkelt und angehoben hätte, hätte sie ganz sicher Kratzer an den Ellenbogen bekommen. Aber die Wände wiesen einen reizenden Rosaton auf, das weiße Porzellan war auf Hochglanz poliert, und überall hingen bestickte Handtücher.
    Ein Blick in den ovalen Spiegel über dem Waschbecken verriet Jude, dass ihr Aussehen ihre Befürchtungen beinah noch übertraf. Und trotz ihrer durchschnittlichen Größe und Statur kam sie sich neben der elfengleichen Brenna wie eine ungeschlachte Amazone vor.
    Wütend über den Vergleich blies sie sich die krausen Haare aus der Stirn und verließ das Bad.
    »Oh, ich hätte die Sachen doch selbst geholt.«
    Brenna hatte bereits ihr gesamtes Gepäck in den kleinen Flur geschleppt. »Nach der Reise fallen Ihnen sicher gleich
die Augen zu. Ich nehme an, Sie hätten gern das Zimmer von der alten Maude. Es ist wirklich entzückend. Und dann stelle ich den Wasserkessel auf, mache Ihnen einen Tee und setze das Feuer in Gang. Immerhin ist es heute ziemlich kühl.«
    Während sie sprach, wuchtete sie Judes beide riesige Koffer die Treppe hinauf, als wären sie leer. Jude wünschte sich, sie hätte mehr Zeit mit Krafttraining verbracht, als sie mit ihrer Tasche, ihrem Laptop und ihrem tragbaren Drucker hinterherkeuchte.
    Nun zeigte Brenna ihr die beiden Schlafzimmer, und natürlich erwies sich ihre Beurteilung als richtig – das Zimmer der alten Maude mit seinem Blick zum Vorgarten war eindeutig das Schönere. Doch Jude bekam nur einen vagen Eindruck, denn als sie das Bett entdeckte, ließ sie dem Jetlag zufolge ihren Körper wie ein Bleigewicht auf die Matratze fallen.
    Sie hörte nur halb zu, als die fröhliche, melodische Stimme von Leintüchern, der Heizung, und den Unwägbarkeiten des winzigen Kamins am Fuß des Bettes sprach, während Brenna den Torf in Brand steckte. Dann folgte sie wie in Trance, als Brenna die Treppe wieder hinunterpolterte, das Teewasser aufsetzte und ihr die Funktionsweise der Küche erläuterte.
    Jude hörte etwas von einer frisch gefüllten Speisekammer und davon, dass sie, wenn sie etwas brauchte, bei Duffy’s im Dorf an der besten Adresse war. Es wurde noch viel mehr gesagt  – neben der Hintertür läge ein Haufen Torf, wie es die alte
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