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Insel der Traumpfade Roman

Insel der Traumpfade Roman

Titel: Insel der Traumpfade Roman
Autoren: Tamara McKinley Marion Balkenhol
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schätzen, wenn er seine ehelichen Rechte nicht einforderte.
    Kap der Guten Hoffnung, September 1797
    Die Empress schlingerte und stampfte durch die schwere See. Der Sturm hatte zugeschlagen, nachdem sie Südafrika verlassen hatte, und nur wenigen Passagieren ging es noch so gut, dass sie ihre Kabinen verlassen konnten.
    Alice Hobden wurde in der winzigen Kabine hin und her geschleudert und konnte sich kaum auf den Beinen halten. Zwei Jahre Kampf gegen die Malaria in der Hitze und dem Staub vonKapstadt hatten ihren Tribut gefordert, und sie fragte sich, ob es ein Fehler gewesen war, dass sie hartnäckig behauptet hatte, sie sei reisetüchtig. Doch der Gedanke, dass Jack in New South Wales auf sie wartete, hatte sie in ihrem entschiedenen Wunsch, bei ihm zu sein, nur bestärkt. Es hatte fast ein weiteres Jahr gedauert, bis sie die Überfahrt auf einem Schiff buchen konnte, das so weit nach Osten fuhr, und jetzt, da sie unterwegs zu ihm war, würde sie den Teufel tun und sich dem Selbstmitleid und der Übelkeit hingeben.
    Sie warf einen Blick auf ihre Kabinengenossin, eine Frau mittleren Alters mit einem Hang zum Jammern und einer nervenden Stimme. Morag fuhr nach New South Wales zu ihrem Mann, der beim Militär war. Sie schlief, und Alice seufzte erleichtert, während sie sich ihr dichtes helles Haar aufsteckte. Sie hatte fast den ganzen Tag damit verbracht, Morag zu pflegen, und nichts als Klagen für ihre Bemühungen geerntet.
    Schaudernd versuchte Alice, das Gleichgewicht zu halten. Die Nacht war eisig kalt, und sie täte alles lieber als hinauszugehen, doch wenn sie diese zweite Herde Merinoschafe sicher zu Jack bringen wollte, blieb ihr nichts anderes übrig. Sie prüfte ihren Geldgürtel, den sie auch in den schlimmsten Fieberanfällen nicht abgelegt hatte. Er war unter ihren Kleidern verborgen, und obwohl er viel leichter war als zu Beginn ihrer Reise in Sussex, klirrte er noch immer beruhigend an ihrer Hüfte, wenn sie ihr Kleid und die Unterröcke ordnete. Sie zog ihren Reisemantel über und straffte sich. Ihre heikle Situation mochte zwar unangenehm und beängstigend sein, doch wenn Jack es geschafft hatte, den Transport auf einem Sträflingsschiff zu überleben, ohne den Glauben an die Zukunft zu verlieren, hatte sie nicht das Recht, sich über die raue See zu beklagen.
    Ohne Vorwarnung bäumte sich das Schiff auf und tauchte so abrupt ab, dass ein Zittern durch das Spantenwerk lief. Alice wurde auf die schmale Koje geworfen. Ihr Kopf prallte gegen einen Holzbalken, und sie sackte wie betäubt in die Kissen. Ihr war, als hättedieser Schlag ihr sämtliche Energie genommen, denn plötzlich war sie zu erschöpft, um sich in Bewegung zu setzen. Da ihr Magen rebellierte und ihr Kopf pochte, schloss sie die Augen und lenkte die Gedanken auf erfreulichere Dinge.
    Sussex war in weite Ferne gerückt, doch sie kam nicht gegen ihre Sehnsucht an. Fast vierzehn Jahre lang war der Bauernhof ihr Zuhause gewesen, und am letzten Tag hatte sie sich dort jede Einzelheit eingeprägt, wohl wissend, dass sie den Hof nie wiedersehen würde, doch in der Hoffnung, die Erinnerung im Herzen zu bewahren. Dann könnte sie sich später, wenn sie einsam und verängstigt war wie in diesem Augenblick, mit dem Gedanken an das alte Bauernhaus trösten, dessen Strohdach tief über die winzigen Fenster reichte.
    Lächelnd erinnerte Alice sich an die getünchten Lehmwände, an den Steinboden, der in zweihundert Jahren von trampelnden Füßen ausgetreten war. Ihre Schritte hallten auf den Bodenplatten wider, und der Geruch des Holzfeuers hing in der kalten Asche des großen Kamins und in den Deckenbalken aus Eiche. Die Wände waren oberhalb der Kerzenhalter mit Rußspuren verschmiert, und an den eisernen Haltern hingen Eiszapfen aus Wachs – eine Mahnung an dunkle Winternächte, in denen der Wind draußen heulte und die frühen Lämmer hereingetragen wurden, um sie am Feuer aufzuwärmen.
    Alice klammerte sich an die Wände der Koje und stieg in Gedanken die schmalen, wackeligen Stufen zum Schlafzimmer unter dem Dach hinauf. Der Boden fiel schräg zur vorderen Wand und zum kleinen Fenster mit dem Eisenriegel ab. Sie hatte beinahe das Gefühl, als wäre ein Teil von ihr in Sussex geblieben, denn während sie hin und her geworfen wurde, sah sie die Hügel von Sussex, die sich hinter gepflügten Feldern und üppigen Weiden erhoben. Schafe grasten unter einem bedrohlichen Himmel, doch zwischen den Wolken warfen die Sonnenstrahlen einen goldenen
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