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Insel der schwarzen Perlen

Insel der schwarzen Perlen

Titel: Insel der schwarzen Perlen
Autoren: Noemi Jordan
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Schlimm muss es sein, das eigene Geburtsland im Krieg zu wissen. Verwundete Soldaten, die verzweifelt nach ihren Müttern rufen, während sie in den Gräben sterben. Wie sollen die Menschen das ohne den Glauben an Christus aushalten? Wer wird sie in der Stunde ihres Todes über die Schwelle geleiten? Wer wird ihre enttäuschten zerrissenen Herzen mit sanftem Kuss in Blumenseelen verwandeln? Das kann nur er … nur der Gott der Christen hat diese Gabe, unsere Götter nicht …«
    Elisa schwieg. Nie hatte sie ganz verstanden, wie eine enttäuschte Frau wie Lili’uokalani derartig innig mit dem Christentum verwoben sein konnte.
    Â»Meine Tochter Victoria wird Honolulu verlassen, um als Franziskanerin Verwundeten in Kriegsgebieten beizustehen … Nun, ich habe kein gutes Gefühl dabei. Wie Sie wissen, ist ihr Vater … nun ja, ihr Vater …«
    Elisa wusste nicht, wo sie anfangen sollte, und Lili’uokalani hörte ihrem Stammeln geduldig zu. Dann ließen sie gemeinsam Revue passieren, was vor vielen Jahren geschehen war, als Elisa barfuß mit ihrer neugeborenen Tochter aus dem Iolani-Palast geflohen war. Am Hafen wollte sie ein Schiff finden, in dem sie sich verstecken konnte. Lili’uokalani sah Elisa mit ihren weisen Augen an.
    Â»Was haben Sie sich damals gedacht? Wie kamen Sie auf die Idee, ein weißes Kind zu entführen?«
    Â»Nichts habe ich gedacht, ich habe nur gefühlt, was jede Mutter fühlt. Ich wollte Victoria beschützen.«
    Â»Sie konnten sie nur dadurch beschützen, dass Sie ihr ermöglicht haben, ihr Leben ohne kanaka zu leben. Sehen Sie doch, was aus ihr geworden ist. Sie dient an der Seite unseres Erlösers … Wäre Victoria bei ihnen aufgewachsen, hätte sie nie diesen Weg eingeschlagen …«
    Elisa schwieg. Was würde es ändern, wenn Victoria von der brutalen Vergewaltigung erfahren würde, vor allem nach all dem, was sie selber mit ihrem Vater durchmachen musste. Würde sie sich nicht noch einsamer und verratener vorkommen?
    Lili’uokalani nahm Elisas Schweigen als Zustimmung.
    Â»Sie sollen stolz auf sie sein, Elisa, und ihr jeden Tag ein Gebet schicken. Auch Ihre Sünden werden durch Ihre Tochter Victoria ans Kreuz des Leidens gebracht … dazu muss das Kind nicht erfahren, dass Sie seine leibliche Mutter sind. Es würde sie nur verstören und möglicherweise von ihrem Weg abbringen. Das können Sie nicht wirklich für Victoria wollen …«
    Elisas Tochter Emma war an dem Tag, an dem die Iwa ihre Familie nach Kauai bringen sollte, merkwürdig schweigsam. Elisa wusste, ihre Tochter machte sich Sorgen um ihren Freund, den jungen deutschen Offizier der Geier. Mit dem Rest der Besatzung war Michael vor einigen Tagen von amerikanischen Soldaten abgeholt und ins Hafengefängnis gebracht worden. Dort würden die Deutschen aufs Kriegsende warten müssen, da sie sich seit Kriegseintritt auf feindlichem Boden befanden. Michael war einige Male zum Essen bei ihnen am Washington Place gewesen. Die ganze Familie hatte ihn sofort gemocht, weil er warmherzig war und einen wundervollen Humor besaß. Die sonst meist fröhliche Emma war jetzt schon seit mehreren Tagen still und niedergeschlagen, aber weder Elisa noch Amala kamen an sie heran. Gerd, der sie am besten kannte, gab keine Auskunft, und nicht einmal Hokulele konnte ihr ein Lächeln entlocken. Sie war es auch, die Elisa auf die richtige Idee brachte.
    Â»Emma vermisst ihren Liebsten!« Kaum waren die Worte raus, sah Elisa das Verhalten ihrer Tochter in einem neuen Licht. Sie erinnerte sich daran, wie blass Emma seit Wochen trotz ihrer Honighaut war. Zudem mochte sie nichts mehr essen und verschwand bisweilen, weil ihr übel war.
    Â»Bin nicht zur Petze geboren … hab meine Emma viel zu gerne, um ihr Schwierigkeiten zu machen.«
    Amala wusste schon Bescheid. Emma war schwanger und wollte das Kind von Michael bekommen. Weder die Tatsache, dass er ein amerikanischer Volksfeind war, noch seine Ehe und zwei Kinder in Deutschland konnten sie davon abbringen.
    Â»Michael hat mir bei seinem Leben geschworen, er würde mich mehr lieben als seine deutsche Frau …«
    Â»Was hast du dir nur dabei gedacht, mein Kind?«
    Es war natürlich eine überflüssige Frage, denn Emma hatte nicht gedacht, sondern nur gefühlt, und sie litt jetzt zu allem Überfluss noch an gebrochenem Herzen, da sie nicht mit nach
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