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Insel der schwarzen Perlen

Insel der schwarzen Perlen

Titel: Insel der schwarzen Perlen
Autoren: Noemi Jordan
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tue ich, weil ich deine Mutter gernhabe und du jetzt wehrlos bist und ich dir alles sagen kann …«
    Sabji grunzte und auch Keanu musste lachen. Zwar sprach Stefan in seiner Erregung deutsch, aber Majas Reaktion sprach Bände. Sie war einfach nur fassungslos.
    Â»Du meinst, ich habe ein Problem mit meiner Mutter in München, weil ich ihr all das ankreide, was lange vor meiner Adoption passierte …«
    Es blieb kompliziert. Die Welt aus Schatten und Licht in Majas Innerem würde sich nicht in ein paar Stunden in Nichts auflösen. Doch während sie atmete und presste und schließlich vor Schmerzen fast die Besinnung verlor, suchten ihre Gedanken verzweifelt nach einem Ausweg. Wie konnte sie ihrem Sohn nur einen Weg zeigen, zunächst aus ihrem Körper und dann zu seinem ersten eigenen Atemzug? Sie konnte es nicht.
    Â»Stefan, es geht nicht … Ich presse und presse …«
    Â»Ja, das dauert noch, der Muttermund ist nicht weit genug offen. Vielleicht noch mal zurück in die Wanne.«
    Da wechselte Keanu seine Position. Bisher lag er ruhig neben ihr, jetzt setzte er sich vor sie, sah ihr in die Augen und fixierte ihren angstvollen Blick mit seiner Ruhe.
    Â»Du musst loslassen … Gib ihn dem Ozean, unseren Sohn. Gib ihn den Wellen, dem Wind, der Erde …«
    Â»Spinnst du? Wie kommst du darauf, dass es darum geht, unseren Sohn loszulassen? Ich muss ihn zur Welt bringen, ich!«
    Maja war mit einem Mal auch auf Keanu wütend, so wie sie auf alle wütend war, die sich zwar mit ihr in diesem Raum befanden, aber nicht ihre verdammten Schmerzen aushalten mussten. »Hätte ich gewusst, wie weh das tut …«
    Â»Dann hättest du unseren Sohn nicht gewollt? Sei nicht albern … hier, du darfst mich kneifen. Und jetzt schön weiterpressen …«
    Keanu überließ ihr seine Arme, und sie krampfte ihre Hände in seine Oberarme. Das und auch Max’ lautes Stöhnen nebenan verschaffte ihr ein wenig Erleichterung, obwohl sie es sich nicht ganz erklären konnte.
    Â»Schlägt Mai meinen Vater etwa?«
    Wieder lachten Sabji und Keanu, denn beide waren mit dem Brauch vertraut. Keanu gab ihr immerhin einen Tipp, während er ihr den Schweiß von der Stirn wischte.
    Â»Versuch, mit Max’ Stöhnen etwas von deiner Not wegzuatmen. Gib deinem Vater deinen Schmerz. Er wird ihn nehmen. Mai hat ihn so weit …«
    Â»Und du, kannst du nicht meinen Schmerz nehmen?«
    Maja hatte das Gefühl, gleich zu zerreißen, und krampfte sich noch fester in Keanus Arme. Er sah sie mitfühlend an.
    Â»Nein, es ist nicht mein Platz. Mit Sabji muss ich als Vater das Tor öffnen für die aumakua, damit unser Sohn all seine Lebensgaben bekommt. Hörst du sie da draußen?«
    Maja ließ kurz seine Arme los, und Keanu stand vom Bett auf, um die Tür zur Terrasse weiter aufzumachen.
    Die letzten Sonnenstrahlen ließen den Himmel über dem Meer erglühen. Keanu half ihr dabei, sich weiter aufzurichten, um besser sehen zu können. Die Klippen der Bucht waren auf einer Seite noch von der untergehenden Sonne erleuchtet, und sie sah das Riff. In diesem Moment, in dem sie vor Schmerz das erste Mal laut aufschrie, wurde ihr auch das Wunder bewusst. Maja war Teil einer langen Lebenskette, und irgendwie hatte ihr verschlungener Pfad, an dem sie immer wieder zweifelte, sie bis hierher geführt. Sie gebar einen Sohn, der zu ihr kommen wollte, in ihre Arme und in die Arme von Keanu, wenn man an so etwas wie Schicksal glauben wollte. Ihr Sohn würde bald Sabji kennenlernen, Mai und Stefan und all die anderen, die sich darauf freuten, ihn zu begrüßen. Und vielleicht wollte er auch geboren werden, um diese zerrissene Familienseele zu heilen, und für so ein Geschenk würde Maja noch mehr Schmerzen ertragen. Mit diesem Gedanken presste sie.

21. Kapitel
Kriegsjahre, April 1917
    Â»Von wegen … diese Deutschen bekennen sich einfach nicht wirklich zu uns!«
    Amala war wütend wegen Johannes, der versprochen hatte, mit Ulani nach Honolulu zurückzukommen, doch seine Rückreise immer wieder verschob. Elisa verstand ihre alte Freundin immer weniger.
    Â»Wie kannst du mit einem Mal so amerikanisch sein, wenn es doch die Amerikaner waren, die Hawaiis letzte Königin vom Thron stießen?«
    Â»Und du, Elisa, wie kannst du überhaupt nur daran denken, noch eine Deutsche zu sein, wenn diese deutschen Idioten mit ihrem
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