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Insel, aus Traeumen geboren

Insel, aus Traeumen geboren

Titel: Insel, aus Traeumen geboren
Autoren: Carol Grace
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„Argos“ taten ihr Bestes, um das Archäologenteam und die anderen Überlebenden des Fährunglücks aufzunehmen. Helen Marinokou, die langjährige Besitzerin des kleinen, oberhalb des Hafens gelegenen Hotels, empfing alle mit herzlichen Worten der Anteilnahme.
    Olivia hatte für den Charme des holzgetäfelten Speiseraums, in den sie wenig später geführt wurden, und die Platten mit den leckeren Nudelgerichten, die aufgetragen wurden, keinen Blick. Zusammen mit den anderen Mitgliedern ihrer Gruppe saß sie an einem langen Tisch und ließ die Tür nicht aus den Augen. Ihr war die Kehle wie zugeschnürt. Nicht einmal von dem traditionellen mezedes, einer Vorspeise, die aus einem Salat aus Calamares und grünen Paprikaschoten bestand, brachte sie einen Bissen hinunter. Alle Passagiere waren einige Stunden zuvor von der Besatzung eines Fischerbootes an Bord genommen worden, alle, außer Jack.
    Fred Staples, ein junger Student von Jacks Universität, schenkte jetzt den Geretteten Retsina ein, den geharzten griechischen Wein. Als Olivia nicht mit ihnen anstieß, blickte er sie verwundert an.
    „Machen Sie sich etwa Sorgen um Dr. Oakley?“, fragte er. „Das sollten Sie nicht. Bestimmt kommt er mit dem nächsten Rettungsboot. Ich habe schon mehrmals bei Ausgrabungen mit ihm zusammengearbeitet. Er hat nie einen Tag Arbeit versäumt, egal, ob wir eine mörderische Hitze oder einen Hagelsturm hatten. Er ist unglaublich.“
    Olivia rang sich ein Lächeln ab. Ja, das war er. Zumindest in den Augen seiner Studenten, die ihn anbeteten. Aber auch Jack hatte nur ein Leben. Zwar hatte er immer behauptet, neun zu haben, doch inzwischen dürfte er eigentlich über keins mehr verfügen, denn es war nicht das erste Mal, dass er bei einer Expedition Kopf und Kragen riskierte.
    „Ja, er wird sicher noch kommen“, erwiderte sie leise. Doch so richtig überzeugt war sie davon nicht. Sie wusste zwar, dass er hart im Nehmen war und kämpfen konnte, aber auch er war nur ein Mensch.
    Nachdem sie von dem Fischerboot aufgenommen worden waren, hatte Olivia den Kapitän angefleht, zu der Stelle zurückzukehren, wo die Fähre gesunken war, und nach Jack Ausschau zu halten. Doch er hatte das mit der Begründung abgelehnt, dass sie schon überladen wären und andere Schiffe bereits nach ihm suchen würden. Sie solle sich keine Sorgen um ihren Mann machen. Er hatte leicht reden.
    Dabei war sie es eigentlich leid, sich ständig Gedanken um Jack zu machen und zuzusehen, wie er sein Leben aufs Spiel setzte.
    Plötzlich konnte Olivia keinen Moment länger am Tisch sitzen bleiben, mit dem Bild vor Augen, wie Jack auf dem Meeresgrund lag oder mit den Haien kämpfte. Signalisierten die Blicke der anderen ihr nicht auch, dass sie draußen an der Pier sein und auf das nächste Boot warten sollte?
    Sie konnte es auch nicht mehr ertragen, wie alle lachten und plauderten und aßen und tranken, als wäre nichts passiert. Abrupt stand sie auf und bahnte sich einen Weg durch den überfüllten Speiseraum.
    Sie hatte schon fast die Tür erreicht, als Jack hereinkam. Er trug ein weißes T-Shirt und einen schmutzigen Overall, die ihm beide nicht gehörten, und sein Gesicht war rußgeschwärzt; trotzdem lächelte er selbstbewusst.
    Im ersten Moment atmete sie erleichtert auf, doch dann packte sie ihn an seinem Arbeitsanzug. „Wo bist du gewesen?“, fragte sie aufgebracht.
    „Nur ein wenig schwimmen“, erklärte er. „Hast du mich etwa vermisst?“
    „Nein.“ Sie ließ die Hände wieder sinken. „Ja, zum Teufel!“
    „Tut mir leid, dass ich mich verspätet habe.“ Er tat so, als wäre er gerade auf einer Cocktailparty seiner Fakultät aufgetaucht. „Habt ihr mir etwas zu essen aufgehoben?“
    Nur mit Mühe konnte Olivia die Tränen zurückhalten und musste sich sehr beherrschen, um ihn nicht mit Vorwürfen zu überschütten. „Warum bist du nicht mit uns gekommen?“, stieß sie erregt hervor. „Was ist los mit dir? Musstest du unbedingt so lange warten, bis auch der letzte Passagier die Fähre verlassen hatte? Anscheinend ist dir nicht bewusst, dass die ganze Expedition von dir abhängt!“
    „Von mir? Nun mach mal einen Punkt. Dr. Robbins ist der Leiter dieser Ausgrabung, nicht ich.“
    Olivia blickte zu dem älteren Professor hinüber, der an einem Tisch in der Ecke saß und sich seinen Wein schmecken ließ, als ginge ihn das Ganze um ihn her nichts an. „Dr. Robbins mag eine Kapazität auf seinem Gebiet sein, aber Krisensituationen scheint er nicht
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