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Insel, aus Traeumen geboren

Insel, aus Traeumen geboren

Titel: Insel, aus Traeumen geboren
Autoren: Carol Grace
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ihm gegen das Schienbein hätte treten können, ohne dass Marilyn es bemerkte, hätte sie es getan.
    „Nein, danke“, lehnte sie ab.
    Es war typisch für Jack, sich einfach davonzumachen, wenn die Situation brenzlig wurde. Ebenso bezeichnend war es für ihn, so zu tun, als wäre zwischen ihnen alles in bester Ordnung!
    Marilyn setzte sich auf Jacks Platz. „Ich habe gehört, dass Sie beide miteinander verheiratet sind. Wussten Sie, dass Ihr Mann mit von der Partie sein wird?“
    „Wir leben in Scheidung“, erwiderte Olivia zurückhaltend. „Jack arbeitet an der Universität von Kalifornien, ich dagegen forsche für die in Santa Clarita.“
    „Ah, ich verstehe. Hoffentlich ist Ihnen diese Konstellation nicht unangenehm.“
    „Nein, weshalb? Wir haben schon zuvor zusammengearbeitet und kommen gut miteinander aus“, antwortete Olivia und rang sich ein Lächeln ab.
    „Ich bewundere Sie“, sagte Marilyn. „Ich brächte das nicht fertig. Siebzehn Jahre bin ich jetzt verheiratet. Roger ist mit den Kindern zu Hause geblieben. Zum Glück, muss ich sagen, denn zwei unserer Jungen sind jetzt Teenager. Sie wissen sicher, was das bedeutet.“
    „Nein, nicht wirklich“, murmelte Olivia.
    Plötzlich war die Übelkeit wieder da. Lag es daran, dass sie an die Kinder, die sie niemals haben würde, dachte? Oder schwankte die Fähre jetzt schlimmer als zuvor?
    „Sie haben keinen Nachwuchs?“, fragte Marilyn arglos.
    Olivia sprang auf und stürzte auf die andere Seite der Fähre. Seit Jahren war sie das nicht mehr gefragt worden. Wenn sie nicht gegen Jack geprallt wäre, der gerade wieder zurückkam, hätte sie es noch geschafft. So aber landete der Inhalt ihres Magens auf seinen Schuhen.
    „Oh nein, es tut mir so leid!“, brachte sie mühsam hervor, während ihr heiße Röte ins Gesicht stieg.
    Er legte ihr die Hände auf die Schultern. „Was ist los mit dir? Ich dachte, du wärst wieder in Ordnung.“
    Jemand hat Kinder erwähnt.
    „Ich weiß es nicht. Vielleicht habe ich tatsächlich einen überempfindlichen Magen. Wie lange dauert es noch, bis wir anlegen?“
    Jack ließ den Blick übers Meer schweifen, um zu sehen, ob schon die felsigen Umrisse von Hermapolis zu erkennen waren. „Das ist aber merkwürdig“, meinte er dann und trat an die Reling.
    Olivia folgte ihm. „Was ist merkwürdig?“
    Gott sei Dank geht es ihr wieder besser, dachte Jack, der es nicht ertragen konnte, sie leiden zu sehen. Es erinnerte ihn an ihr letztes gemeinsames Jahr. Obwohl sie damals versucht hatte, ihm ihre Gefühle nicht zu zeigen, hatte er genau gewusst, was sie durchmachte. Die Mauer, die sie zwischen ihnen errichtet hatte, hatte es für sie nicht einfacher gemacht, das alles durchzustehen. Schon immer hatte sie sich ihren Schmerz nie anmerken lassen, damit niemand Mitleid mit ihr hatte. Vor allem nicht er.
    Er hatte versucht, ihr zu helfen. Doch Olivia hatte ihm die kalte Schulter gezeigt. Schließlich hatte er resigniert und die Stelle in Kalifornien angenommen. Noch heute fragte er sich, ob es der richtige Schritt gewesen war. Vielleicht hätte er mehr in ihre Ehe investieren müssen. Doch er war fest entschlossen, es diesen Sommer noch einmal zu versuchen. Wenn es auch auf dieser wunderschönen Insel nicht mehr zwischen ihnen funkte, dann gab es keine Hoffnung mehr.
    Verwundert blickte Jack aufs Meer hinaus. „Nirgends ist Land in Sicht. Das kommt im Ägäischen Meer nur selten vor. Ich kann auch keine anderen Boote entdecken. Ich muss mal in die Karte schauen.“
    Plötzlich gab es im Rumpf der Fähre einen lauten Knall, gefolgt von heftigen Erschütterungen, wobei Olivia gegen Jack geschleudert wurde, der sie mit seinen Armen auffing. Sofort stürmten Erinnerungen auf ihn ein. Wie biegsam ihr Körper war, wie wundervoll sie duftete!
    „Was war das?“, fragte sie und löste sich so schnell von ihm, dass er sich fragte, ob die Umarmung nur ein Traum gewesen war. Wie oft hatte er davon geträumt, dass Olivia zu ihm zurückgekehrt war, um dann aufzuwachen und festzustellen, dass sie immer noch sechshundert Meilen von ihm entfernt war. Deshalb hatte er auch dieses Projekt ins Leben gerufen, um ihnen noch eine letzte Chance vor der Scheidung zu geben.
    „Es hat sich angehört, als ob im Maschinenraum etwas in die Luft geflogen ist“, meinte Jack, während er sich mit einer Hand an der Reling festhielt und sich mit der anderen durchs Haar fuhr. „Hoffentlich ist keine Pleuelstange gebrochen. Das wäre nicht sehr lustig.“
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