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Innenhafen

Innenhafen

Titel: Innenhafen
Autoren: Ursula Sternberg
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solcher Firmen?
    »Russland«, bestätigte Bea. »Kiew, um genau zu sein. Als Geschäftsführer oder Inhaber – je nach Konstellation – fungierten die Freunde drei und vier. Einzig eine Baugesellschaft befand sich am eigentlichen Ort des Geschehens, dort, wo das Stück Kuchen lag. Die gehörte dem Schwiegersohn des Stadtrats.«
    Der Schwiegersohn. Die AKA Bau gehört dem Schwiegersohn, dachte ich. Das macht Sinn.
    »Der Stadtherr und der Bankherr waren an all diesen Gesellschaften sehr still beteiligt und blieben stets im Hintergrund.« Bea lächelte mich freundlich an. »Kannst du mir so weit folgen?«
    Ich räusperte mich und nickte. »Wie geht die Geschichte weiter?«
    »Oh, wie das in guten Geschichten nun mal so ist: Der ehrgeizige Stadtrat bekam den ersehnten Zuschlag für seinen Entwurf. Also, nicht er persönlich, aber eines seiner Architektenbüros. Und eine seiner Baufirmen war ebenfalls mit im Rennen. Nicht ganz zufällig, würde ich allerdings sagen, denn ebenso wie der Bankherr saß er in den Gremien, die darüber entschieden. Für das Projekt wurden EU-Gelder beantragt und genehmigt. Ist das nicht schön?«
    »Ja, wirklich schön«, sagte ich, um überhaupt etwas zu sagen.
    Bea lächelte verträumt. »Jahre gingen ins Land. Das Projekt wurde abgeschlossen, es wurden Rechnungen hin und her geschoben und viel Geld bezahlt, und alle waren glücklich. Dann ging die EU in eine neue Haushaltsrunde. Und so wurde Phase zwei eingeläutet. Gleiche Konstellation, gleiche Vorgehensweise und schlussendlich der gleiche Entwurf. Nur hatte dieser Entwurf noch eine klitzekleine Besonderheit.«
    Ich räusperte mich. »Welche?«
    »Der Chef der großen, großen Bank wollte seiner Bank auch noch ein neues Zuhause geben. Und das wollte er sich bezahlen lassen. Aber das ist schon fast nebensächlich. Die vier Herren hatten sich bereits kräftig bedient, mehrfach. Und sie wollten damit weitermachen.«
    Nachdenklich sah ich sie an. »Kannst du das alles beweisen?«
    Die Sonne hatte von ihr abgelassen. Bea nahm die Füße vom Schreibtisch, setzte sich ihre Brille wieder auf, schwang sich in die gleiche Position zurück und fixierte mich mit ironischem Blick.
    »Leider nein. Die Kollegen von der Wirtschaftskriminalität arbeiten noch daran. Aber das Märchen ist noch nicht zu Ende. Also: Der kleine Bankangestellte setzte seinen großen Chef mit seinem Wissen unter Druck. Er erpresste ihn. Und er strich ein hübsches Sümmchen dafür ein.«
    »Wie hübsch?«, fragte ich. Meine Stimme klang seltsam heiser.
    »Das weiß ich nicht. Sag du es mir«, schlug Bea vor. »Auf jeden Fall hübsch genug, um sich eine Wohnung in bester Innenhafenlage kaufen zu können.«
    Ich rutschte unruhig auf meinem Stuhl hin und her. »Woher weißt du das?«, fragte ich leise.
    »Sag mal, hältst du uns für Vollidioten, oder was? Zufälligerweise bin ich Bulle, es ist mein Job, so etwas herauszufinden. Und das ganz ohne Schmierenkomödie. Dein flaschengrünes Kostüm musst du mir übrigens unbedingt mal vorstellen.« Sie lächelte mich an. Zuckersüß. So süß, dass es mir den Gaumen verklebte.
    Ich räusperte mich verlegen.
    »Also, ein hübsches Sümmchen. Die Wohnung wollte er nämlich bar bezahlen, der kleine Bankangestellte. Nur«, fuhr Bea genüsslich fort, »wurde er etwas zu gierig und wollte noch mehr vom großen Kuchen haben. Also bat er erneut zur Kasse. Da wurde es den Freunden zu bunt. Einer der hohen Herren wollte den kleinen Bankangestellten loswerden. Also heuerte er jemanden an, der diesen schmutzigen Job für ihn übernehmen konnte. Kontakte zu dubiosen lettischen Kreisen gab es nämlich auch – sehr praktisch, solche Kontakte.«
    Den Job haben sie selbst übernommen, dachte ich. Jedenfalls zwei von ihnen. »Und dann?«
    »Dann geschah dieser merkwürdige Unfall.«
    »Jaaa?«
    »Die Vermutung liegt nahe, dass sich zwei Leute in Kurts Auto befunden haben.«
    »So?«
    »Aber nur einer davon ist jetzt tot. Und ich denke mittlerweile, dass es nicht dein Kurti ist.«
    Ich räusperte mich. »Woraus schließt du das?«
    »Wusstest du, dass man auch aus den verbranntesten, zerfetztesten Körperteilen noch DNA gewinnen kann?«, erkundigte sich Bea beiläufig. »Nicht aus dem verkohlten Gewebe. Aber im Inneren eines Körpers – oder Körperteils – gibt es meistens noch genug Flüssigkeit, aus der man eine DNArekonstruieren kann.«
    »Aha«, sagte ich leise, nur, um überhaupt etwas zu sagen.
    »So eine Rekonstruktion dauert. Ob
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