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Infantizid

Titel: Infantizid
Autoren: Matthias Grit; Hoffman Bode-Hoffmann
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Sein Haar hatte keine einzige graue Strähne, sein Gesicht war nicht von Falten zerfurcht, im Gegenteil, es war glatt wie bei einem Jugendlichen. Da er sehr eitel war, achtete er bei seiner Ernährung streng darauf, was er wann zu sich nahm. Er hatte für sein Alter eine gute, fast makellose Figur. Die Frau, mit der er sich gelegentlich traf, kam immer am Freitag. Feller war noch nie verheiratet gewesen und hatte auch nicht vor, es jemals zu sein. Wozu auch? Die meiste Zeit des Tages arbeitete er und wollte abends nur noch seine Ruhe haben. Um den Haushalt kümmerte sich eine Ukrainerin, Olga. Er hatte sie im Gericht bei einem Prozess kennengelernt, wo sie als Zeugin gegen ein paar Landsleute aufgetreten war, die sich illegal in Deutschland aufgehalten hatten. Sie war knapp 40 Jahre alt, sah ziemlich ansehnlich aus und hatte eine Arbeit gesucht. Nachdem er sie überprüft hatte, bot er ihr an, sich um seinen Haushalt zu kümmern. Wenn Feller seine sexuellen Bedürfnisse befriedigen wollte, rief er Ingrid an, die Frau, die jetzt in seinem Bett schlief. Sie war nicht die Hellste, hatte aber dafür ein paar Vorzüge, die unübertroffen waren. Sie lag nackt, erschöpft und offensichtlich zufrieden auf dem Rücken. Die Arme hatte sie seitlich ausgestreckt, die Beine hielt sie etwas angewinkelt und gespreizt.
    Sie ist und sieht reizvoll aus, dachte er, als das Klingeln des Telefons ihn aus seinen Gedanken riss. Er hob den Hörer ab und meldete sich kurz angebunden. »Feller.«
    Â»Staatsanwalt Dr. Müller hier, guten Abend, Herr Kollege.«
    Hoffentlich bleibt der gut, dachte Feller und antwortete: »Ja, hallo, Herr Müller. Habe ich vergessen, dass ich Bereitschaft habe?«
    Â»Nein, nein, ich habe Bereitschaft. Wenn es nicht dringend wäre und ich nicht Ihren fachlichen Rat bräuchte, hätte ich damit bis Montag gewartet. Entschuldigen Sie die Störung. Heute Abend kam es zu einem Raubüberfall, der einige Besonderheiten aufweist.«
    Staatsanwalt Dr. Müller erzählte Feller alles, was er wusste. Auch das, was ihm Hauptkommissar Bräunig über den Verkehrsunfall noch telefonisch mitgeteilt hatte.
    Feller hörte aufmerksam zu. »Der Mann hat überlebt und liegt im Krankenhaus?«
    Â»Ja, wir hoffen, dass er aufwacht und wir ihm ein paar Fragen stellen können.«
    Â»Nun wollen Sie von mir, dass ich Ihnen die Fragen vorformuliere? Das ist nicht weiter schwer. Er hat den Raubüberfall begangen, das werden ihm die Techniker nachweisen können. Diese Beweismittel halten Sie ihm einfach vor. Aus seiner Sicht hat er großes Pech mit diesem Unfall gehabt.« Feller lachte gekünstelt in das Telefon.
    Staatsanwalt Dr. Müller bemühte sich, ruhig zu bleiben. Dieser aufgeblasene Fatzke hörte sich immer gern reden. Eitel wie ein Gockel und dann versuchte er noch, witzig zu sein. Er konnte ihn nicht ausstehen.
    Â»Das stimmt schon, aber die Art und Weise der Tötung der Sicherheitsleute deuten auf ganz andere Hintergründe hin. Der Überfall war extrem professionell. Die aufgefundenen Sachen und Papiere lassen vermuten, dass es sich bei dem Täter um einen circa 40-jährigen Mann handelt, der aus den neuen Bundesländern kommt. Wo wurde man in der DDR ausgebildet, um zum Beispiel ohne Waffen oder lautlos zu töten?«
    Bei den letzten Sätzen versteinerte sich Fellers Miene immer mehr. Er konnte kaum glauben, was er da hörte. Kühl nachdenken, sagte er sich. Wirf ihm einen Knochen hin, damit kann man Zeit gewinnen. Er antwortete ganz langsam: »Da gab es einige Truppenteile. Ich hatte in meiner Zeit als Militärstaatsanwalt hin und wieder mit Angehörigen dieser Sondereinheiten zu tun. Bei der Marine gab es das KSK, Kampfschwimmerkommando. Ausnahmslos Freiwillige und alle haben sich für mindestens vier Jahre verpflichtet. Das war ein Sonderstatus bei der Marine, denn bei allen anderen Waffengattungen dauerte die Dienstzeit der Freiwilligen drei Jahre. Dann gab es die Fernaufklärer. Diese wurden ausgebildet, um besondere Ziele und Objekte im Ernstfall zu suchen und für einen Angriff vorzubereiten. Sie sollten mit dem Fallschirm im gegnerischen Land abspringen, um im Ernstfall beispielsweise eine Rheinbrücke in Köln genau aufzuklären. Auf keinen Fall durften sie Kampfhandlungen durchführen, denn das Wichtigste an ihrer Aufgabe war, Informationen an die eigenen Einheiten weiterzugeben. Ja, und
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