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Industriepampe: Wie die Kunstprodukte unser Körpergefühl blenden (Ernährungs- und Bewegungsbibliothek)

Industriepampe: Wie die Kunstprodukte unser Körpergefühl blenden (Ernährungs- und Bewegungsbibliothek)

Titel: Industriepampe: Wie die Kunstprodukte unser Körpergefühl blenden (Ernährungs- und Bewegungsbibliothek)
Autoren: Dr. Anja Dostert
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Industrie setzt mehr als 2500 verschiedene Aromastoffe ein. Einige Aromen haben einen tierischen Ursprung, beispielsweise verwenden Markenhersteller von Kartoffelchips Aromen auf der Basis von Fleisch, Fisch, Milch und Lab. Die Verbraucherorganisation Foodwatch fordert zu Recht die Kennzeichnung, da Vegetarier auf tierische Aromen möglicherweise verzichten möchten. Die Begriffe „vegetarisch“ und „vegan“ sind nicht gesetzlich definiert, dies soll sich nach der Ansicht von Foodwatch ändern.
    Auch Tiere werden mit Futter gefüttert, das mit Aroma und Geschmacksverstärker zu einem akzeptablen Kunstprodukt gemacht wird. Das Futter soll billig sein und muss schmecken, damit die Tiere schnell an Gewicht zulegen.
    Kinder werden von der Industrie mit intensiven Aromen von Beginn an in ihrem Geschmacksempfinden manipuliert. Dann wundern sich Erzieher und Lehrer, wenn das Kind frische Lebensmittel nicht erkennt. Ein Erdbeeraroma hat mit echten Erdbeeren nichts gemeinsam. Wer früh an Kunstaromen gewöhnt wird, der wird auch später als Erwachsener solche Produkte bevorzugen. Das Gehirn verarbeitet die Summe der gemachten Erfahrungen und speichert sie für später ab.
    Während Aromen etwas vortäuschen, das nicht vorhanden ist, können andere Substanzen schlechte Geschmäcker vor der Verbraucherzunge verstecken. Der künstliche Süßstoff Saccharin hat einen metallischen Nachgeschmack. Unangenehme Geschmackskomponenten kann man mit Hilfe spezieller Produkte maskieren: Man verwendet spezielle Substanzen, die auf der Zunge den Geschmacksrezeptor für bitter besetzen, ihn aber nicht aktivieren. So schmeckt das Endprodukt weniger bitter. Alternativ kann eine Aromenkombination schlecht schmeckende Komponenten übertünchen. Die Zulieferer werben damit, dass diese Maskierungsstoffe auf der Zutatenliste als natürliches Aroma deklariert werden dürfen.

Farbe täuscht
    Das Auge isst mit, so sagt man. Farbe beeinflusst sogar den Geschmack: Rote Getränke werden bei gleichem Zuckergehalt als süßer wahrgenommen als blaue Getränke. Gefärbte Zuckerlösungen werden süßer geschmeckt als durchsichtige Lösungen mit gleichem Zuckergehalt. Die Farben grün und gelb assoziieren wir mit sauer und zitronig. Die Farbe weiß wird häufig mit salzig assoziiert, bei braun erwarten wir mehrheitlich etwas Sirupartiges. Schwarz wird von vielen Menschen mit bitter assoziiert. Da die Farbe den Geschmack so deutlich beeinflusst, nutzt man in Sensoriklaboren Rotlicht, um Weine zu verkosten. Jeder Wein sollen für das Auge die gleiche Farbe haben, damit der Prüfer sich ausschließlich auf den Geschmack konzentriert. Bei einem stärker gefärbten Wein schmeckt man mehr Zucker und Aroma als bei einem blasseren Produkt. Farbe suggeriert Frische und Qualität, bei Obst beurteilt man den Reifegrad anhand der Farbe. Grünes Obst ist meist sauer. Blasses und farbloses Essen wirkt verkocht.
    Da Farbe den Geschmack und die Qualiätswahrnehmung beeinflusst, nutzt die Industrie Farbstoffe und färbende Lebensmittel gerne und reichlich. Bei einem Farbstoff handelt es sich um eine definierte Substanz, ein färbendes Lebensmittel wird meist aus farbigen Gemüse extrahiert. Das Endprodukt hat mit Gemüse nicht mehr viel zu tun, es ist ein hochgradig aufgereinigtes, technisches Spezialprodukt. Während man sich bei mit Spinat gefärbten Nudeln noch auf das Essen freut, hinterlässt der Einsatz von färbendem Spinatextrakt im Pistazieneis ein mulmiges Gefühl: Hier wird der Kunde gezielt getäuscht, der färbende Extrakt soll die Anwesenheit der teuren, grünen Nüsse vortäuschen. Durch den Einsatz eines Färbemittels kann man qualitativ minderwertige und im Produktionsprozess verkochte Ware nicht erkennen. Rote Bete-Extrakt im Joghurt schadet aus gesundheitlicher Sicht nicht, täuscht aber die Anwesenheit von Waldfrüchten, Kirschen oder Heidelbeeren vor.
    Werden für eine Halloween-Party Nahrungsmittel schwarz, blau oder grau gefärbt, fällt es vielen Menschen schwer, davon mit Appetit zu kosten. Diese Farben stehen für verdorbene und verschimmelte Lebensmittel, sie kommen in der Natur nicht vor. Ein gutes Beispiel dafür, wie die Farbe unseren Appetit manipuliert. Auch die Stärke der Färbung muss genau dosiert werden. Eine zu kräftige Farbe wird vom Verbraucher als künstlich und chemisch wahrgenommen. Bietet man einen leicht gelblich gefärbten und einen blassen Zitronenkuchen an, so entscheidet sich die Mehrheit der Testpersonen für den
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