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In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition)

In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition)
Autoren: Robert Merle
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beschied mir barsch, die Abtei empfange keine Besucher, Barbentane dagegen biete gute Herberge.
    »Bruder, ich begehre kein Lager. Ich wohne im Schloß. Ich suche Monsieur de Montcalm, der dort wider Erwarten nicht eingetroffen ist.«
    »Wie! nicht eingetroffen?« rief der Mönch aufgeregt. »Aber wir haben ihn doch gestern abend hier gesehen, er kam mit Madame de Montcalm und seiner Tochter. Sie baten um einen Schluck Wein und ritten gleich weiter. Sie müssen den Banditen in die Hände gefallen sein, die sich im Wald herumtreiben. Moussu, wartet ein klein bißchen, ich will dem Prior Bescheid sagen.«
    Diese Verzögerung fand ich recht ärgerlich, zumal der Prior mich in ein kleines Gewölbe führte, wo zwei bewaffnete Mönche ein Auge auf mich hatten, und mir eine Unzahl von Fragen stellte. Heiliger Antonius, was sind diese Priester und Pfarrer doch für neugierige Leute! dachte ich und machte dieser Beichte ein Ende, indem ich dem Prior den Brief von Madame de Joyeuse, der an Monsieur de Montcalm gerichtet war, vorlegte. Und wieder wurde er zum Sesam-öffne-dich.
    »Monsieur, jetzt glaube ich Euch und befürchte das Schlimmste«, sagte der Prior. »Sollten die Montcalms in der Hand der Banditen sein, wird es nicht einfach sein, sie zu befreien. Denn diese Galgenstricke sind ihrer mindestens ein Dutzend. Ihr aber seid nur zu dritt. Sie kennen den Wald wie die eigene Tasche, Ihr aber werdet drin umherirren wie verlorene Kinder. Darum gebe ich Euch Pater Anselme und drei unserer Brüder zur Seite, als Wegkundige und Mitstreiter. Denn es wird Blut fließen. Diese Schurken verlangen Lösegeld, und sobald sie es haben, töten sie die Geiseln und den Überbringer.«
    Als wir zu Pferde saßen, musterte ich die mir beigegebenen Mönche und fand sie aufgeweckt und mutig. Soweit erkennbar, trugen sie unter der Kutte ein Kettenhemd, am Gürtel einen großen Degen und auf dem Rücken einen Rundschild, in dessen Mitte eine scharfe Spitze vorragte, somit sie abwehren und ebenso zustoßen konnten. Doch das wundersamste waren ihre Armbrüste, die noch aus der Gründungszeit der Abtei stammen mochten, so alt dünkten sie mir.
    Ich ritt an Pater Anselme heran und beäugte ihn von der Seite. Er war füllig, aber nicht schlaff, sein schwarzes Haar war wie ein Stoppelfeld geschoren, die Wangen von der Sonne gegerbt; ein Mönch, der eher jagen ging, denn unaufhörlich Vaterunser herzubeten, und kein Heuchler, wollte mir scheinen.
    »Nun, Monsieur«, fragte Pater Anselme im spöttischen Ton des Landmannes, »habt Ihr mich satt genug gemustert? Gefällt Euch mein Gesicht?«
    »Aber ja!« entgegnete ich lächelnd.
    »Nun, dem Geber sei gegeben: das Eure gefällt mir auch.«
    »Obwohl ich Hugenotte bin?«
    »Das schert mich wenig. Wer an meiner Seite ficht, dem verlange ich kein Glaubensbekenntnis ab. Schon da Ihr mit uns die Abtei verteidigt.«
    »Wie das?«
    »Mein Sohn«, sprach Pater Anselme, »wenn die Schurken Monsieur de Montcalm töten, nisten sie sich im Schloß ein, und wer soll sie von dort wieder vertreiben in diesen Zeiten des Bürgerkrieges, wo die Untertanen des Königs nichts anderes im Sinn haben als einander die Kehle durchzuschneiden? Wenn erst das Schloß in ihrer Hand ist, gehört ihnen auch das Dorf Barbentane. Und dann berennen sie die Abtei, um sie zu plündern.«
    »Das ist gut gefolgert«, sagte ich, »und obwohl ich zuvörderst das Heil der Montcalms im Auge habe, freue ich mich, dabei auch noch ein guter Katholik zu sein!«
    Hierauf der Mönch lauthals lachte, er war selbst vor dem Kampf noch zum Scherzen aufgelegt.
    »Pater Anselme«, sagte ich, »Ihr habt einen guten Degen und guten Rundschild, aber möchtet Ihr nicht eine von unseren Pistolen haben, um auf Distanz kämpfen zu können?«
    »Mitnichten, wir haben dafür Armbrüste, die besser sind als Feuerrohre.«
    Der Mönch gefiel mir, und ich hätte gern weiter mit ihm geplaudert, doch er gebot mir Schweigen. Er verließ den Weg und tauchte ins Unterholz, ich und die anderen ihm hinterdrein. Die Ohren spitzend, vernahm ich auf dem Weg, den wir genommen hatten, Hufgetrappel. Nach einer Weile – und da war ich nun baß erstaunt über das feine Gehör dieses großen Jägers – sagte Pater Anselme:
    »Sie sind zu dritt, und einer davon ist Antonio, ich kenne den Trott seiner Stute.«
    Es war in der Tat Antonio, begleitet von zwei bis an die Zähne bewaffneten Knechten. Er war in großem Zorn, daß die Banditen seinen Herrn entführt hatten, und gar noch auf
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