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In tiefster Dunkelheit

In tiefster Dunkelheit

Titel: In tiefster Dunkelheit
Autoren: Debra Webb
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Rücken an der Wand. Da war kein Platz für Plattitüden.
    »Wir brauchen sie, das kann ich ohne Vorbehalt sagen. Und was das andere betrifft: Ich leite diese Ermittlungen«, rief er allen Anwesenden in Erinnerung. Diese Entscheidung war vor einer Woche einstimmig getroffen worden, als Griggs und Patterson gefordert hatten, dass Dan die Leitung übernahm. Er stand auf. »Wir sehen uns dann beim Gottesdienst.«
    Er blieb nicht, um zuzuhören, wie sie ihrem Unmut freien Lauf ließen. Stattdessen machte er sich auf die Suche nach Jess.
    Der Warteraum und der Flur vor dem Besprechungsraum waren leer. Die Büros waren alle für die Nacht verschlossen. Damit blieb nur noch eine Möglichkeit.
    Er klopfte an die Tür der Damentoilette. »Jess, alles in Ordnung?«
    »Moment noch!«
    Ihre Stimme wurde durch die Tür gedämpft, aber es klang fast, als würde sie … weinen? »Ich komme rein.«
    »Wag es ja nicht –«
    »Zu spät.« Er hatte sich nicht verhört; sie tupfte sich die Augen mit einem Knäuel billigen Toilettenpapiers. »Hey«, sagte er, »nimm dir doch nicht zu Herzen, was der Männerclub sagt.«
    Er hätte ihr gern auf den Rücken geklopft oder sie umarmt oder so, aber das war nicht ratsam. Nicht gut für ihn. Das letzte Mal, als er sie berührt hatte, hatte er sie nicht mehr loslassen wollen. Er bezweifelte, dass die Glut dieser alten Verbindung wirklich restlos erloschen war und nicht wieder entfacht werden konnte.
    Sie verzog das Gesicht. »Du glaubst, ich heule wegen der alten Knacker?« Dann zuckte sie zusammen, stieß einen gequälten Laut aus und schlug sich vor die Stirn. »Was ist nur los mit mir? Knacker? Meine Güte.« Sie schüttelte den Kopf und wischte sich noch einmal über die Augen. »Ich brauche nur ein paar Minuten für mich. Das ist alles.«
    Da er sich selbst nicht über den Weg traute, schob er die Hände in die Hosentaschen. Eine Frau, die weinte, sprach unweigerlich seinen Beschützerinstinkt an. Mit Andrea hatte er dasselbe Problem gehabt. Wie auch mit Jess selbst, damals in der Highschool und im College, auch wenn sie nicht oft geweint hatte. Gott, was für ein Schlamassel. Sein Magen zog sich wieder zusammen. Hoffentlich war Andrea nichts passiert. Hoffentlich fand er sie. Er musste einfach. Alles andere war undenkbar.
    Ob es nun klug war oder nicht: Aus irgendeinem Grund hatte er seine ganze Hoffnung in Jess gesetzt. Vielleicht hatte er einfach glauben wollen, dass sie kommen und Andrea und die anderen retten würde. Und ihn.
    Das Rauschen von Wasser lenkte seine Aufmerksamkeit wieder auf die gegenwärtige Jess. Sie wusch sich das Gesicht und atmete dann tief aus. »Mir geht es gut«, sagte sie. »Ich bin nur müde, das ist alles.«
    Sie nahm den Ehering und schob ihn auf ihren linken Ringfinger. Sie hatte vor ein paar Jahren geheiratet. Ihre Schwester hatte eine Anzeige in der
Birmingham News
veröffentlicht. Danach hatte er aufgehört, sich nach ihr zu erkundigen. Irgendwie hatte es sich jetzt, wo sie verheiratet war, falsch angefühlt.
    Du hattest deine Chance, Kumpel.
    Doch das war Geschichte. Jess tat ihm einen Riesengefallen damit, dass sie hier war. Er wollte auf keinen Fall etwas sagen oder tun, was sie diese Entscheidung bereuen ließ. Wenn sie ihm half, diese Mädchen zu finden, stand er tief in ihrer Schuld.
    »Wir sollten vor der Andacht noch einen Happen essen.« Sie brauchte etwas in den Magen. Und er eine Gelegenheit, sie aufzumuntern, ohne sie zu berühren oder allzu persönliche Themen anzuschneiden.
    »Ich würde mich gern umziehen.« Sie zupfte an ihrer Jacke und strich sich glättend über das Haar. »Mich frisch machen.«
    Das strahlende Rot stand ihr gut. Aber ihr stand alles gut. Das dicke honigblonde, wellige Haar war nach wie vor lang. Diese großen dunkelbraunen Augen hatten ihn schon immer weich werden lassen. Als Junge war er fasziniert gewesen von dem lebhaften Kontrast. Noch ein guter Grund, sie so schnell wie möglich in ein Restaurant zu verfrachten: Er musste sich auf andere Gedanken bringen.
    Als sie ihn ansah, war ihr bis auf die leicht geröteten Augen nicht mehr anzumerken, wie aufgewühlt sie eben noch gewesen war. Weswegen auch immer. »Essen kann ich später. Ich brauche ein Hotel.«
    »Kein Hotel.« Er ging vor, stieß die Tür auf und fand sich Nase an Nase mit Detective Wells, die überrascht blinzelte.
    »Pardon.« Mit gerunzelter Stirn sah sie auf die Tür, dann von Jess zu ihm. »Ich kann ja … die Herrentoilette benutzen.«
    »Wir sind
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