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In ihrem Blut: Thriller (German Edition)

In ihrem Blut: Thriller (German Edition)

Titel: In ihrem Blut: Thriller (German Edition)
Autoren: Annie Hauxwell
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mehrdeutig. Sie und Juliet Bravo hatten beide unter Schlaflosigkeit gelitten.
    Sie wartete, bis Thompson ihr zugenickt hatte, dass sie fortfahren sollte.
    »Ich ging auf die andere Seite der Schleuse, und da fiel mir etwas auf. Als ich genauer hinsah, entdeckte ich die Leiche. Zuerst war mir gar nicht klar, dass sie das war.«
    Thompson lehnte sich zurück, und Flint schien das als Signal aufzufassen, dass er freie Bahn hatte.
    »Wer von Ihnen beiden hat die Schleuse als Treffpunkt vorgeschlagen?«
    »Sie. Ich …«
    »Sie ziehen Starbucks vor. Ja, wissen wir. Wer wusste sonst noch von dieser Verabredung?«
    Berlin ließ die Frage in der Luft hängen. So wie auch sie schon bald in der Luft hängen würde. Sie würde in einem Karren von Newgate nach Tyburn gebracht und zur öffentlichen Unterhaltung aufgehängt werden, und anschließend würde sie bei lebendigem Leib vom Galgen abgeschnitten und zerstückelt werden. Gevierteilt. Ihre Tagträume waren ein Widerhall ihrer nächtlichen Wanderungen. Manchmal fiel es ihr schwer, beide auseinanderzuhalten.
    »Warum sind Sie allein hingegangen?«, wollte Flint wissen.
    Sie antwortete nicht.
    »Leute wie Sie müssen doch die Standardarbeitsanweisung befolgen. Indem Sie allein dorthin gegangen sind, haben Sie sich darüber hinweggesetzt. Stimmt das?«, versuchte er es erneut.
    Das war reine Rhetorik. Sie schwieg.
    Er versetzte ihr den Gnadenstoß. »Wo ist dieser Betrüger Doyle jetzt?«
    Er wusste es, aber er wollte sie zwingen, es auszusprechen. Jetzt fiel ihr ein, wo sie ihn gesehen hatte. Und mit wem.
    »Die Überwachung wurde aufgehoben«, räumte sie ein.
    Das kollektive Stöhnen war nicht einmal gedämpft.
    Jemand würde bezahlen müssen.
    Doyles Geschäft bestand darin, Leute zum Bezahlen zu zwingen. Von gutherzigen Regelungen hielt er nicht viel. Ein undiszipliniertes System machte aus einem schwachen Charakter nur einen noch schwächeren. Das hatte er von Frank gelernt.
    Doyle war ein kleiner untersetzter Mann mit Eichhörnchenbacken und blassem Teint. Er sah ständig gekränkt aus, als könnte er nicht glauben, was ihm schon wieder angetan wurde. Er starrte in die Schleuse und befingerte seine schweren goldenen Ringe. Ringlein, Ringlein, du musst wandern, hörte er den Kinderreim in seinem Kopf. Betonstiefel. Im Flutlicht auf der anderen Seite des Schleusenbeckens waren die Polizisten immer noch bei der Arbeit. Er hielt sich im Dunkeln verborgen. Man hatte ihm hinterbracht, dass die Petze herausgefischt worden war. Schade, dass man nicht die Gelegenheit genutzt und auch den übrigen Müll herausgeholt hatte. Der Kanal war eine Schande.
    Die Flutmarke an den massiven Holzwänden legte Zeugnis von den Anstrengungen ab, die man unternommen hatte, um den störrischen Fluss zu zähmen und für den Handel nutzbar zu machen. Doyle sah in die dunklen Strudel und erkannte die schweigende Bitte in den Augen so vieler Opfer, während sie in der Wasserflut untergingen. Es war eine unbarmherzige Stadt und ein unbarmherziger Strom, der da durch sie hindurchfloss. Er sollte das wissen.
    Als Doyle noch ein Kind war, verkündete Frank manchmal, dass er einen Mann wegen eines Hundes aufsuchen wollte. Manchmal nahm er Doyle mit. Seine Mutter war dagegen, aber sie wagte nicht, Frank zu widersprechen, wenn er einen Entschluss gefasst hatte. Mit acht Jahren hatte Doyle hier gestanden und Frank dabei zugesehen, wie er einen Kerl zwischen den riesigen Schleusentoren baumeln ließ, die Glieder waren nur Zentimeter von dem vernichtenden Druck entfernt. Diese Schreie würde er niemals vergessen.
    Doyle dachte an das tote Mädchen und seufzte. Zweifellos hatte sie keine gute Erziehung genossen. Verwöhnt. Keine Werte. Auf die harte Tour zu lernen hatte ihm nicht geschadet. Er spuckte in das dreckige Wasser. Es wurde allmählich heller, die Polizei hatte das Flutlicht ausgeschaltet, und nun packten die Beamten ihre Sachen zusammen. Er sollte besser verduften. Ein Blick auf die Uhr sagte ihm, dass es Zeit war, einen Mann wegen eines Hundes aufzusuchen.
    2
    Nachdem Berlin ihre offizielle Aussage gemacht hatte, gab Acting Detective Sergeant Flint einem Polizisten den Auftrag, sie hinauszubegleiten. Er stand mit dem Handy in der Hand hinter dem Tresen und sah sie gehen, dann wählte er eine Nummer.
    Unterhalb der Treppe zur Limehouse-Polizeiwache wandte sich Berlin nach links und ging zur Canary Wharf, wo ein anderer Inquisitor sie erwartete. Sie überquerte die East India Dock Road und lief den
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