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In glücklichen Umständen

In glücklichen Umständen

Titel: In glücklichen Umständen
Autoren: Diane Cooper
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wurde zusehends leerer.
    Hetty beugte sich vor und sagte, nachdem wir einander und uns selbst zugeprostet hatten, eifrig wie ein Backfisch: «Soll ich anfangen?» Sie wartete die Antwort gar nicht erst ab. «Also, die Fahrt nach London war sehr gut. Wir haben unterwegs Kaffee getrunken und dann bei Barbie an der Mile End Road geluncht. Es ist einen kleinen Umweg wert. Ein richtiger schicker Ganoventreff, und Bürger gehen hin, um einen Blick auf die Unterwelt zu werfen. Ben fand es umwerfend, haufenweise Filzhüte aus den Dreißigern und Nadelstreifenanzüge mit dunklen Hemden und weißen Schlipsen. Absolut Humphrey Bogart. Ich bin sicher, sie sind in Wirklichkeit alle arbeitslos und liefern Atmosphäre gegen freie Mahlzeiten, aber es ist viel besser als das West End und Chelsea. Wir dachten, wir sollten nachmittags Shopping gehen. Ben brauchte ein paar Dinge, ehe er wieder zur Schule muß.» Sie lachte. Mein Gott, dachte ich, Krawatten von Charvet? Seidenhemden? Eine Uhr von Asprey? «Er hatte ein gewisses Buch für Adam hiergelassen, und er fing an, es zu bereuen, verstehst du?»
    «Ich habe es auch bereut», sagte ich und warf einen abschätzigen Blick auf den Soßentiegel.
    «Es war in keiner Buchhandlung zu finden. Wir haben den ganzen Nachmittag gesucht, und dann sagte uns jemand, wir sollten es doch in einem schmuddeligen kleinen Laden in einer Nebenstraße von Charing Cross probieren. Und da fanden wir es tatsächlich. Ben war begeistert. Wir tranken Tee im Charing Cross Hotel. Da ist alles so würdevoll, ich komme mir immer vor wie eine Herzogin, Schatz. Und wir dachten, wir sollten Theaterkarten besorgen.»
    «Und seine Mutter? Sie hat doch auf ihn gewartet.»
    «Nun, ja, das ist es ja. So ein unartiger Junge. Er sagte, wenn wir sie anriefen, würde sie verlangen, daß er sofort nach Haus käme, und deshalb sollten wir zuerst das Buch kaufen. Wir hatten außerdem Glück und bekamen zwei zurückgegebene Karten für , du weißt schon, die Fortsetzung von , nur viel sexier. Er sagte, alle Jungs in seiner Klasse wollten es sehen.» (Was hatte das mit Kernphysik zu tun?) «Und da merkten wir plötzlich, daß das kostbare Buch verschwunden war. Wir mußten zurück zum Hotel, und es lag noch da, auf demselben Tisch, aber dieser unglaublich umwerfende Typ war darin vertieft.»
    «Ein Elefantenpenis ist anderthalb Meter lang, und Blauwale sind noch besser ausgestattet. Flöhe dagegen...»
    «Wie bitte?» fragte Hetty, einen Augenblick aus dem Konzept gebracht.
    «Das steht alles in dem Buch. Tatsachen aus dem Tierreich», sagte Adam.
    «Tatsächlich?»
    «Ja, zum Beispiel Sachen wie...»
    «Erzähl weiter», unterbrach ich, an Hetty gewandt und Adam mit einem Blick zum Schweigen bringend.
    «Ben war schon immer sehr lernbegierig, das muß man ihm lassen», billigte Hetty. Ich fragte mich, was sie ihm alles beigebracht haben mochte, aber sie fuhr schon fort: «Ben ging zu ihm und erklärte alles und fragte ihn, ob er schon bei der Sache mit den Kobras sei, und der Mann sagte etwas von Giraffenpaarung, und dann redeten sie von den Linsen in Fliegenaugen oder so ähnlich. Hast du gewußt, daß sie...»
    «Ich weiß alles, was ich über sämtliche Tiere der Welt wissen will. Es wäre schön, wenn ich über die unter meinem eigenen Dach nur halb soviel wüßte.»
    «Ich fand es gar nicht so interessant. Ich sah nur diesen fabelhaften Typ. Ich mußte also stören und vorschlagen, daß Ben uns ein Taxi besorgte, denn es war rush hour, und Igor — so heißt dieser himmlische Mensch -, also Igor sagte, er würde uns gern seinen Porsche zur Verfügung stellen, wenn wir ihm erlaubten, den Chauffeur zu spielen, und da stand er tatsächlich, mitten im absoluten Halteverbot, mit diskretem CD-Schild.»
    «Ach?»
    «Wir brachten Ben nach Haus. Schließlich war es nur fair seiner Mutter gegenüber, und er mußte noch seine Sachen auspacken. Seine Mutter ist ganz reizend, aber ziemlich besitzergreifend, weißt du.» (Ich wußte. Ich hatte es Hetty oft genug erzählt.) «Sie war in Tränen aufgelöst, als Ben sagte, wir wollten ins Theater. Offenbar hatte sie sein Lieblingsgericht gekocht und plante einen gemütlichen Abend zu zweit am Kamin. Also hatte ich ein Einsehen und gab ihnen die Theaterkarten und verabschiedete mich.» Sie hielt beifallheischend inne.
    «Ich hätte gern gewußt, wie sie fand.»
    «Na ja, du kannst dir vorstellen, daß ich ein bißchen enttäuscht war, weil ich wohl oder übel auf
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