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In der Oase

In der Oase

Titel: In der Oase
Autoren: Pauline Gedge
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herschaffen lassen.«
    »Ah ja. Amun-nacht, lass die Gefangenen herführen und festbinden, dann halte ich eine Ansprache an die Truppen.«
    Aahmes-nofretari widerstand dem Drang, die Hand aufs Herz zu legen. Das hämmerte jetzt fast schmerzhaft gegen ihre Rippen und sie staunte über die Ruhe ihrer Mutter. Aahoteps geschminktes Gesicht zeigte nur eine gewisse Kälte. Aahmes-nofretari sah verstohlen zu ihrer Großmutter hin. Tetischeris Gesicht war unter der Perücke mit den vielen Zöpfen gleichermaßen ungerührt. Sehe ich auch so aus, fragte sich die junge Frau oder bemerkt das ganze Heer meine Aufregung? Sie legte die Hände auf den Rücken und ballte die Fäuste so fest, dass sich die Ringe ins Fleisch gruben.
    Ein jämmerlicher Zug nahte vom Gefängnis. Zunächst konnte Aahmes-nofretari die Fürsten wegen der vielen Medjai rings um sie nicht ausmachen, doch dann waren sie klar zu sehen. Beide, Intef und Iasen, waren nackt bis auf ein Lendentuch. Intef fröstelte, Iasen wirkte wie betäubt und stolperte willenlos dahin. Entsetzt wandte Aahmes-nofretari den Blick ab, doch da sah sie Nofre-Sachuru. Die Frau war in ein bauschiges blaues Hemdkleid ohne Gürtel gekleidet und ging barfuß. Zwei Medjai mussten sie stützen.
    Mitten auf dem Platz waren drei Pfähle aufgestellt worden. Rasch und kundig, was Aahmes-nofretari abstoßend fand, wurden die drei Verurteilten daran festgebunden. Intef stand trotzig da und hob das Gesicht zum heller werdenden Himmel, doch Iasen war das Kinn auf die Brust gesunken. Nofre-Sachuru ließ sich einfach zu Boden fallen, soweit es die Fesseln an ihren Handgelenken zuließen. Dann fing sie an zu schreien. Auf ein schroffes Wort von Hor-Aha hin ging ein Medjai rasch zu ihr, legte ihr die Hand grob auf den Mund und wollte den Lärm dämpfen, doch Nofre-Sachuru ließ sich nicht zum Schweigen bringen. Sie biss und trat und kämpfte und wand sich, bis der entnervte Medjai fluchte, das Messer zückte und ihr die Kehle durchschnitt.
    Aahmes-nofretari schrie entsetzt auf. Der Mann wischte seine Waffe im Hemdkleid der Frau ab, die noch immer zuckte. Sofort war Hor-Aha mit hoch erhobener, behandschuhter Faust zur Stelle. Man konnte den Hieb hören und Intef fing an zu lachen. »Das war Mord, keine Hinrichtung«, brüllte er heiser. »Sieh sie dir an, diese Wilden, mit denen du dich verbündet hast, Aahotep Tao. Das sind doch nichts als Raubtiere, jeder Einzelne von ihnen, darunter auch Kamoses feiner General. Zwei Jahre militärische Disziplin haben aus ihnen keine Soldaten gemacht. Sie tragen zwar einen Schurz, sind aber noch lange keine Ägypter. Darunter sind und bleiben sie schwarze Untiere. Und du verurteilst uns zum Tod, weil wir uns einem solchen Pack nicht unterordnen wollen? Kamose hat sie zu Hauptleuten gemacht und mit Gold behängt, aber Menschen hat er nicht aus ihnen machen können.«
    Hor-Aha schnitt Nofre-Sachurus Leiche vom Pfahl ab, und auf einen knappen Befehl hin wurde der Medjai, dem die Geduld gerissen war, aufgehoben und statt ihrer festgebunden. Geflüster und Gemurmel lief durch die Reihen der Zuschauer, es klang Unheil verkündend und zornig. »Er hat natürlich Recht«, sagte Tetischeri ungerührt. »Sie sind tatsächlich Wilde. Aber nützliche Wilde. Ein Jammer, dass Hor-Aha das nicht hat kommen sehen. Damit geben wir vor dem Heer ein schlechtes Bild ab.« Aahmes-nofretari starrte sie ungläubig an und Aahotep fuhr sofort zu ihr herum.
    »Behalte das für dich, Tetischeri!«, befahl sie. »Das ist nicht für die Ohren der Getreuen bestimmt. Du weißt, wie Soldaten tratschen. Halt jetzt den Mund oder ich lasse dir die Zunge herausschneiden.« Rasch ging sie zur Kante der Estrade und Aahmes-nofretari sah, wie sie tief Luft holte. »Männer aus Waset und ganz Ägypten«, begann sie und ihre klare Stimme übertönte das Gemurre. »Die Verurteilten, die ihr hier seht, sollen sterben. Bei ihrem Verbrechen geht es nicht um die Weigerung, unter General Hor-Aha zu dienen, der seine Treue zu diesem Land unter Beweis gestellt hat. Der Grund für ihr Todesurteil liegt augenblicklich im Haus des Todes, und wenn sie mit ihrem Verrat Erfolg gehabt hätten, lägen jetzt zwei Leichen unter den Händen der Sem-Priester. Es hat keine Gerichtsverhandlung gegeben. An ihrer Schlechtigkeit besteht kein Zweifel. Ich bin betrübt über die Schande, die sie über ihre Familien gebracht haben, aber sie haben mir keine andere Wahl gelassen. Seine Majestät hat ihnen vertraut und wurde verraten und
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