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In den W?ldern tiefer Nacht

In den W?ldern tiefer Nacht

Titel: In den W?ldern tiefer Nacht
Autoren: Amelia Atwater-Rhodes
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stieß Alexander von sich. Er schlug gegen die Wand, und ich konnte genau hören, wie sein Rücken gegen das Holz prallte. Dabei hatte sie ihn kaum berührt! »Mein gutes Kind, du würdest es bereuen, mich von deiner Schwester fernzuhalten«, fügte die Frau kalt hinzu.
      »Tu ihr bloß nicht weh, Ather.« Ich hörte ihren Namen zum ersten Mal, und ich fröstelte, als ich ihn aus dem Munde meines Bruders vernahm. Mein goldener Bruder gehörte einfach nicht in die dunkle Welt, aus der sie aufgestiegen war.
      »Ich meine es ernst«, sagte Alexander und machte einen Schritt von der Wand weg. »Ich habe dich schließlich angegriffen. Laß Rachel in Ruhe. Wenn du jemanden bekämpfen mußt, um deinen Stolz zu heilen, dann kämpfe gegen mich, nicht gegen Rachel.«
      Mein Herz setzte einen Schlag aus, als ich das hörte. Alexander war mein Bruder. Wir waren gemeinsam auf die Welt gekommen und aufgewachsen. Ich kannte ihn, ich wußte, daß er keinem Menschen etwas zuleide tun würde.
      »Du und diese Hexe hätten meine Jagd nicht unterbrechen sollen«, sagte Ather.
      »Du solltest dankbar sein, daß ›diese Hexe‹ mir geholfen hat, dich aufzuhalten. Wenn du Lynette getötet hättest...«
      »Welche Schwester bedeutet dir mehr, Alexander – dein Zwilling oder Lynette? Ich habe geblutet; du hättest besser an Rachel denken sollen, bevor du mich verletzt hast.«
      »Ich werde nicht zulassen, daß ihr sie verwandelt«, knurrte Alexander.
      »Ach, Alexander.« Ather trat wieder näher zu ihm. »Wie kommst du nur auf die Idee, daß ich sie verwandeln will?« Sie lächelte, und ich sah ihre Zähne im Mondlicht schimmern. Dann lachte sie laut. »Nur, weil sie mein Geschenk angenommen hat?« Sie machte einen weiteren Schritt auf ihn zu, und er trat zurück. Sie lachte wieder. »Feigling.«
      »Du bist ein Ungeheuer«, erwiderte Alexander. »Und ich werde nicht zulassen, daß du aus Rachel auch eines machst.«
      »Aubrey«, sagte Ather. Sonst nichts. Aubrey hatte die ganze Zeit über schweigend im Schatten gestanden. Jetzt lachte er und stellte sich hinter Alexander, aber mein Bruder reagierte nicht. Aubrey schien ihm keine Angst einzujagen.
      »Rachel, geselle dich doch zu uns«, rief Ather mir zu. Ich erstarrte; mir war nicht klar gewesen, daß sie mich gesehen hatte. Ather nickte Aubrey zu, der einen Schritt in meine Richtung machte, als wolle er mich in den Garten eskortieren. Ich wich nicht vor ihm zurück, sondern wurde wütend.
      »Bleib mir bloß vom Leib«, zischte ich. Für die damalige Zeit war ich schon immer sehr unverblümt gewesen, und Aubrey blinzelte überrascht. Er trat zur Seite und ließ mich vorbei.
      Alexander hatte gesagt, daß er einen Fehler gemacht hatte. Jetzt versuchte er, mich vor den beiden zu beschützen, die offensichtlich gekommen waren, um diesen Fehler zu rächen. Ich marschierte an Aubrey vorbei zu Ather.
      »Wer bist du überhaupt?« fragte ich nachdrücklich. »Was willst du hier?«
      »Rachel«, begrüßte sie mich schnurrend, ohne auf meine Fragen zu reagieren. Als sie lächelte, konnte ich ihre Fangzähne sehen, die mich an die Schlange an ihrem Handgelenk erinnerten.
      »Rachel, du darfst jetzt nicht wütend werden«, warnte mich Alexander.
      »Zu spät.« Ich spuckte die Worte förmlich in Athers Gesicht. »Warum bedrohst du ihn?«
      »Verlange bitte keine Erklärungen von mir, Kind«, schnappte Ather.
      »Nenn mich gefälligst nicht Kind. Verschwinde von meinem Boden und zwar sofort, und laß endlich meinen Bruder in Ruhe.«
      Ather lachte. »Bedeutet diese Kreatur dir wirklich so viel?« fragte sie mich.
      »Ja.« Ich antwortete ohne zu zögern. Alexander war mein Zwillingsbruder. Er gehörte zu meiner Familie, und ich liebte ihn. Die Mischung aus zuviel Glaube und verdammenswerten Fähigkeiten lagen wie ein Fluch auf ihm. Er hatte diesen Spott nicht verdient.
      »Das ist aber schade«, sagte Ather trocken. »Aubrey, würdest du dich bitte um diese Ablenkung kümmern?« fügte sie hinzu.
      Ich rannte auf Aubrey zu, der ein Messer aus seinem Gürtel gezogen hatte, aber ich sah kaum, wie er meinen Bruder packte, denn Ather nahm meinen Kopf zwischen ihre kräftigen Hände und zwang mich, in ihre Augen zu blicken. »Jetzt bedeutet er nichts.«
      Aubrey lachte, dann hörte er plötzlich wieder auf. Ich glaubte, ein Flüstern zu vernehmen, aber es war so leise, so kurz, daß es auch der Wind hätte sein können. Aubrey kam in mein Sichtfeld
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