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In den Städten, in den Tempeln

In den Städten, in den Tempeln

Titel: In den Städten, in den Tempeln
Autoren: Andreas Horst & Brandhorst Pukallus
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wortgetreu vor der Justiz-Org wiederholen werden.«
    Marita Ribeau dagegen nahm de Fumures Äußerungen übel auf. »Freiheit?!« fauchte sie ihn geringschätzig an. »Sie meinen Ihre Freiheit, andere Leute auszuplündern, und wenn Sie einmal soviel Freiheit genießen sollten, wie Sie sich wünschen, werden wir hier auf der Venus eine Finanzoligarchie haben, die ihresgleichen sucht. Ich kenne Sie gut genug, de Fumure, Sie und die ganze Spezies, der Sie angehören. Aber noch gibt es in den Lokationen genug Demokraten, um zu verhindern, daß Sie eine Vampirokratie errichten!«
    »Phrasen!« De Fumure lachte. »Nichts als Phrasen. Demokratie! Ha! Hier müßte einmal richtig aufgeräumt werden. Die Demokratie muß ab und zu in Blut gebadet werden, um sie von schädlichen Elementen zu säubern. Es gibt wahrhaftig keinen vernünftigen Grund, in solch verlotterten Verhältnissen zu existieren die in vielen Lokationen herrschen.«
    Obwohl de Fumures Argumentation für Clay im großen und ganzen einleuchtend klang, fühlte er sich dennoch vom Auftreten des Generaldirektors der IMFG peinlich berührt. Er empfand ihn als Spiegelbild seines alten Ichs, ein Negativ seiner eigenen Gesinnung. Seine Sympathien für die zum Teil an Anarchie grenzenden Zustände der venusischen Kulturinseln waren nicht unbedingt stärker geworden, doch diese beiden Männer steckten hinter dem Apparat der Gier und dessen religiöser Fassade, sie trugen die Verantwortung für Shereens Tod.
    Shereen, dachte er. Ist es das, vor dem du fortgelaufen bist? Diese Organisationen, diese Männer, diese Mentalität, das Frigide und das Prinzip der Nützlichkeit und Verwertbarkeit? Die Seminare für Konkurrenzfanatismus? Kulturfeld-Telecolleges? Wertvollpotenz-Einstufungen? Lieblichkeitsfaktor? Wohnbastionen?
    Plötzlich konnte er sich vorstellen, daß er das Leben innerhalb dieser Parameter zu verabscheuen lernte.
    »... nicht davon zu reden«, keifte de Herbignac, »daß ich ein auserwählter, spiritueller Führer bin, dem Sie so was antun! O ja, o ja, Sie werden für diese bösen Sachen büßen, die Sie sich herausnehmen! Und ich hatte gedacht, Sie wären ein Mann mit philosophischem Tiefgang, Koordinator.« Seine Fistelstimme verstummte mit einem hörbaren Pfeifgeräusch.
    »Wer das Spirituelle nicht in sich selbst findet, der wird es gewiß auch nicht durch einen Führer entdecken, Hyperprotektor«, entgegnete Yama Jambavat in besänftigendem Tonfall. »Zumal nicht durch Führer, die dem Suchenden das letzte nehmen, bevor sie sich dazu herablassen, ihn zu führen. Man kann nicht im Überfluß frei sein, aber ebensowenig in Armut. Niemand kann auf dem Pfad zur Erleuchtung vorangehen, wer selbst den Weg des Frevels beschreitet.«
    Flecken entstanden auf de Herbignacs schwammigen Wangen. Sein Atem rasselte. Er entschloß sich zur Verwendung seines Stimmverstärkers. »Es mag der Tag anbrechen, an dem auch Sie noch zu mir gekrochen kommen, um Läuterung und Befreiung von der schmutzigen Bürde des Fleischlichen zu erbitten« dröhnte seine Stimme mit der Klangfülle, die Clay aus dem Heiligen Zentrum kannte. »Die Selige Sphäre der ESPer-Energeten hat schon vielen Zerknirschten und Verzweifelten zur spirituellen Erneuerung auf höherer astraler Ebene verholfen. Sie, Sie sitzen ja nur herum und meditieren. Wir vollbringen aktive Wunder der ganzheitlichen hyperphysischen Heilung im weitesten Sinne.« Sinne-sinne-sinne, äffte ein dunkles Echo ihn nach, als er röchelte und schwieg.
    Angewidert von dem bombastischen okkultkriminellen Geschwätz des Kirchenhäuptlings schlenderte Clay zur Seite. »Tasche«, sagte er leise zu dem schwarzen Koffer, der unaufdringlich in seiner Nähe blieb, »bei der ... äh ... Entkörperung Enrico Silverstones im Tempel hast du eine psionische Emission registriert.« Fahrig winkte er in Sankt Damokles' Richtung. »Läßt sich hier nichts dergleichen messen?«
    Tasche wartete mit der Antwort vier Sekunden lang, eine ungewöhnlich ausgedehnte Frist. »Das im Tempel beobachtete Phänomen dürfte als eine Form des Delpasse-Effekts am annähernd zutreffendsten zu umschreiben sein«, erklärte sie schließlich. Das war eine der vorsichtigsten Ausdrucksweisen, die Clay jemals von jemandem gehört hatte, der kein Steuerbetrüger war. Doch er wußte selbst, daß es sich bei der Psiologie, obwohl sie sich mittlerweile über das Diffuse der Parapsychologie des vergangenen Jahrhunderts hinausentwickelt hatte, noch immer um eine Grenzwissenschaft
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