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In den Ruinen von Paris

In den Ruinen von Paris

Titel: In den Ruinen von Paris
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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noch drüben, auf der anderen Seite - aber er hatte keine Garantie, daß das für alle Zeiten so blieb. Ein simpler Zufall wie die Neugier einer gehirnlosen Kreatur konnte alles verderben. Er wagte gar nicht daran zu denken, was geschehen wäre, hätte der Gleiter das Geschöpf auch nur einige Minuten früher geortet und es angegriffen, während es sich unmittelbar vor der Festung befand. Jean wußte, daß die Festung über Waffen verfügte, die vermutlich ausreichten, einen Gleiter wie eine lästige Fliege vom Himmel zu schnippen. Und er war ziemlich sicher, daß das Gehirn der Festung einen Laserschuß, der auf sie abgegeben wurde, nicht unbedingt als freundlichen Akt betrachten würde. Als er selbst das erste Mal hierhergekommen war, hatte er seine Neugier beinahe mit dem Leben bezahlt. Er würde sich etwas einfallen lassen müssen. Aber deshalb war er schließlich auch hier. Im ersten Jahr, nachdem Jean die Festung entdeckt und sich Zutritt verschafft hatte, hatte er sie einfach nur als Versteck benutzt. Er hatte manchmal ganze Nächte hier verbracht, in denen-er nichts anderes tat, als einfach dazusitzen und zu träumen. Er war damals fast noch ein Kind gewesen. Aber in den letzten beiden Jahren hatte Jean vorsichtig damit begonnen, die Geheimnisse dieser Festung Stück für Stück zu erforschen. Verglichen mit dem, was er noch nicht wußte, hatte er wahrscheinlich kaum etwas herausgefunden. Aber mit jedem Geheimnis, das er löste, mit jedem Gerät, dessen Funktion er begriff, mit jedem Apparat, den er zu bedienen lernte, ging es ein wenig schneller. Jean zweifelte nicht daran, daß er in weiteren zwei, allerhöchstens drei Jahren diese Festung vollkommen beherrschen würde. Und dann ... Ein dünnes Lächeln spielte um seine Lippen, als er an den gewaltigen, schlanken Zylinder aus Glas und schimmerndem, grünem Kristall dachte, den er in dem halbrunden, drehbaren Turm über seinem Kopf entdeckt hatte. Er war sehr sicher, daß es sich dabei um eine Laserwaffe handelte. Er wußte noch nicht, wie sie funktionierte, aber er würde es herausfinden, und dann ... Nun, dachte er, dann würde der nächste Jäger, der kam, um ein bißchen Spaß mit ein paar Bewohnern- der Freien Zone zu haben, eine gewaltige Überraschung erleben. Jean verscheuchte diesen Gedanken und konzentrierte sich auf den eigentlichen Grund seines Besuchers. Beim letzten Mal hatte er durch Zufall herausgefunden, wie er den Hauptrechner einschalten konnte. Das Gerät gab zwar bisher nur sinnlose Buchstaben- und Zahlenkombinationen von sich und beantwortete all seine in die Tastatur gehämmerten Fragen und Befehle mit einem sturen: A> BAD OR MISSING PASSWORD. ACCESS DENIED aber er hatte sich im Laufe der letzten Monate mit der Funktionsweise einiger kleinerer Computer vertraut gemacht und war ziemlich sicher, auch mit diesem größeren Gerät fertig zu werden, wenn er nur ein wenig Zeit hatte. Und Zeit hatte er im Überfluß. Er schaltete das Gerät ein, tippte wahllos einige Ziffern und Buchstaben in die Tastatur und blickte verärgert auf die ewig gleiche, stereotype Antwort. Jean verfluchte die Welt, sich selbst und die schwarzen Götter Morons dafür, nicht mehr von Computern zu verstehen. Sie hatten einige kleine Rechner in der Freien Zone, aber die waren allenfalls gut genug, einige leichtere Rechenaufgaben zu lösen. Mit diesem Gerät hatten sie ungefähr so viel zu tun, wie sein aufgemotztes Pibike mit den aus Holz geschnitzten Rollschuhen, mit denen er als Kind herumgefahren war. Jean schloß die Augen, versuchte für einen Moment an gar nichts zu denken und beugte sich dann erneut über die Tastatur. Er hatte vor, mit simplen, dreistelligen Zahlen zu beginnen, die er eintippte. Er war bei 117 angekommen, als ein heller, dreifacher Glockenton erklang und ihn abrupt aus seiner Tätigkeit riß. Jean sah alarmiert und für einen Moment erschrocken auf, blickte sich wild um - und fuhr nun wirklich erschrocken zusammen, als er sah, daß sich einer der drei großen Haupt-monitore von selbst eingeschaltet hatte. Er drehte den Sitz herum, beugte sich vor und blickte aufmerksam auf den Schirm. Es war eines der Geräte, dessen Funktionsweise er zumindest in Ansätzen begriffen hatte. Einmal, vor einem guten Jahr, war er während einer Jagd hier draußen gewesen. Und auch damals hatte sich das Gerät ohne sein Zutun eingeschaltet. Es hatte eine Weile gedauert, bis er den Sinn der winzigen, flackernden Leuchtpunkte und der Zahlen-
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