Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In deinem Schatten

In deinem Schatten

Titel: In deinem Schatten
Autoren: Barbara Hambly
Vom Netzwerk:
verdächtig nach einer Ratte aussah, unter einem Spind hervorschoss. Angesichts der Größe hoffte sie jedenfalls, dass es sich um eine Ratte und keine Kakerlake handelte …
    Noch so ein Grund, warum ihr das Glendower Building zuwider war.
    Ihr Herz klopfte heftig, als sie das Licht im Treppenhaus einschaltete und die schmalen Stufen hinaufging. Die zwei Etagen über dem Dance Loft – zumindest glaubte Maddie, dass es zwei waren – waren im Laufe von fast einem Jahrhundert immer wieder in kleinere Einheiten aufgeteilt worden. Mittlerweile beherbergten sie ein Labyrinth aus kleinen Büros und winzigen Studios, in denen ein paar zwielichtige Musikproduzenten, drei Verlage und eine Handvoll freiberuflicher Computertechniker ihren Geschäften nachgingen. Es gab kleine Ateliers und schallisolierte Tonstudios, zu denen schmale Gänge führten, die irgendwo wieder ineinander mündeten oder vor schwarzen Wänden als Sackgasse endeten; von düsteren Wartezimmern gelangte man in fensterlose Kabinen, auf deren Türen beispielsweise Schilder wie “Wilde-Abenteuer-Tour” hingen. Im Gegensatz zu zahmen Abenteuern?, fragte Maddie sich kopfschüttelnd.
    Sie glaubte, nun auch in diesem fünften Stockwerk – das sich unmittelbar über den zwei Etagen des Dance Loft befand – alles gründlich abgesucht und jede verschlossene Tür überprüft zu haben. Doch es war durchaus denkbar, dass sie irgendeinen Korridor übersehen hatte. Unmöglich zu sagen, ob es nicht doch noch irgendwo einen Trakt gab, den sie nicht entdeckt hatte.
    Hier oben gab es eindeutig Ratten.
    Und es herrschte eine Stille, die ihr ständig über die Schulter zu blicken und darauf zu warten schien, ihr ins Gesicht zu grinsen, wenn sie sich umdrehte.
    Voll grimmiger Entschlossenheit schaltete Maddie das Licht im Treppenhaus ein, das in die nächste Etage führte, und versuchte, nicht daran zu denken, was um alles in der Welt Tessa veranlasst haben könnte, hier hinauf zu gehen. Wobei Tessa niemals ihre Tasche irgendwo hätte liegen lassen – egal, wohin sie ging: Spitzenschuhe der Marke “Bloch” waren unter 80 Dollar pro Paar nicht zu bekommen.
    Maddie befand sich gerade in der Mitte der Treppe, als das Licht ausging.
    Sie fluchte und blieb wie angewurzelt stehen, als die Dunkelheit sich um sie legte wie eine Decke, die man ihr über den Kopf geworfen hatte. Diese verdammte Hausverwaltung mit ihren billigen elektrischen Leitungen … Oder hatte man Zeitschalter für die Beleuchtung eingebaut, um Geld zu sparen?
    Wütend kramte sie nach der Taschenlampe in ihrer Manteltasche.
    “Rühr dich nicht von der Stelle, du kleine Schlampe.”
    Das Flüstern war so leise, dass man es für Einbildung hätte halten können. Doch es war keine Einbildung. Das wusste Maddie genau.
    Ihr Herz zog sich erst zusammen und begann dann zu hämmern wie der Motor eines Rennwagens. Sie tastete immer noch nach der verdammten Taschenlampe.
Oh Gott, wo zum Teufel ist sie bloß …
?
    “… diese kleinen Flittchen sind doch alle gleich … nur für Eines zu gebrauchen …”
    Sie wusste nicht, ob diese heisere, hasserfüllte Stimme von hinten oder von vorne kam. Doch sie war ganz nah. Nah und sehr deutlich, denn Maddie konnte den zischenden Atem hören. Außerdem roch es schwach nach irgendeinem süßlichen Aftershave, das sich mit dem Gestank von verschwitzter Wolle und Alkohol vermischte.
Oh Gott, wo ist bloß diese Taschenlampe …?
    Endlich spürte sie das Ding. Es lag tief unten in einer Falte ihrer linken Manteltasche vergraben. Zuerst rutschte ihr die Lampe aus der Hand, dann bekam sie sie zu fassen und schaltete sie ein. Über ihr auf der Treppe war nichts. Rasch und zitternd vor Angst drehte sie sich um – und sah ihn.
    Sah seinen Schatten.
    Er war weiter weg, als sie angenommen hatte. Ganz unten am Fuß der Treppe, wo der schwache Schein ihrer Taschenlampe nicht mehr hinreichte, war – groß und bedrohlich – der Umriss eines Mannes zu erkennen, dessen schwarze Silhouette sich von der noch schwärzeren Finsternis des Korridors abhob. Dennoch schien sie seine Stimme direkt neben ihrem Ohr zu hören, als er noch einmal “Schlampe” flüsterte …
    Im nächsten Moment war er verschwunden.
    Maddie rannte die Treppe hinauf. Der Lichtschalter im Flur war offenbar so weit weg vom Treppenhaus montiert worden, dass man an der Zurechnungsfähigkeit des Elektrikers zweifeln musste. Sie suchte mit dem schwachen Schein ihrer Taschenlampe die Wände ab, bis sie den Schalter
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher