Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In alter Freundschaft - Kriminalroman

In alter Freundschaft - Kriminalroman

Titel: In alter Freundschaft - Kriminalroman
Autoren: Grafit
Vom Netzwerk:
hörten wir einen Schrei aus dem oberen Stockwerk. Er klang wie der Schrei einer Frau, die eine entsetzliche Entdeckung gemacht hat. Noch bevor wir nachsehen konnten, was passiert war, stürzte ein junger Polizeibeamter die Treppe herunter.
    »Chef, die Frau, die hier wohnt, ist gekommen. Was sollen wir mit ihr machen?«
    Stürzenbecher überlegte nicht lange. »Bringt sie hier runter!« Dann sah er, dass ich unschlüssig herumstand. »Und du bleibst noch. Hinz kann warten.«
    Auf zwei Polizisten gestützt, wankte eine Frau ins Wohnzimmer, die kaum älter als dreißig war. Sie hatte ein grünliches Gesicht und weit aufgerissene Augen. Abgesehen davon hätte man sie schön nennen können. Die Polizisten hievten sie in den dritten Sessel.
    »Sollen wir einen Arzt rufen?«, fragte Stürzenbecher besorgt.
    »Es geht schon wieder«, würgte die Frau. »Ich bin nur etwas … Sie verstehen.«
    Stürzenbecher nickte. »Ein Glas Wasser?«
    Die Frau überlegte und kam zu keinem Ergebnis. Stürzenbecher zeigte mit dem Finger auf einen der Polizisten und verscheuchte den zweiten mit einer Handbewegung.
    Als wir allein waren, sagte Stürzenbecher: »Sind Sie in der Lage, ein paar Fragen zu beantworten?«
    Die Frau nickte tapfer.
    Ich hatte mich ebenfalls wieder gesetzt und Stürzenbecher behielt uns beide im Auge: »Sie kennen sich übrigens?«
    Zum ersten Mal richtete die Frau einen Blick ihrer grünen, wolkenverhangenen Augen auf mich. Der Blick bekam einen ungläubigen Schimmer.
    »Ist er nicht von der Polizei?«, wandte sie sich an Stürzenbecher.
    Stürzenbecher sagte nichts.
    »Sie meinen, er ist der …?« Sie kroch noch weiter in ihren Sessel.
    »Ich meine gar nichts«, ließ sich Stürzenbecher vernehmen. »Ich habe nur gefragt, ob Sie ihn kennen.«
    »Nein.« Die Frau entspannte sich etwas. »Ich kenne ihn nicht.«
    Stürzenbecher hatte schon wieder sein Notizbuch in der Hand. »Sagen Sie mir bitte Ihren Namen!«
    »Claudia Kummer. Ich wohne hier.«
    Der Polizist mit dem Wasserglas kam herein und stellte es vorsichtig auf den Glastisch. Stürzenbecher wartete, bis der Polizist verschwunden war und sie einen großen Schluck genommen hatte.
    »In welcher Beziehung standen Sie zu Ines Block?«
    Claudia Kummer zuckte zusammen und verschüttete etwas Wasser auf ihrem schwarzen Rock.
    »Entschuldigen Sie, ich bin etwas durcheinander.«
    »Macht doch nichts.« Stürzenbecher konnte ungemein gütig aussehen, wenn er wollte.
    »Sie ist, ich meine, sie war meine Freundin.« Und plötzlich fing sie übergangslos an zu weinen, hemmungslos und so ausdauernd, dass sich Lidschatten und Wimperntusche in schwarze Bäche verwandelten.
    Ich reichte ihr ein Taschentuch.
    »Danke. Es ist nur … Ich meine, sie war heute Abend noch quicklebendig. Ich kann gar nicht verstehen, dass sie jetzt tot sein soll.«
    »Wann haben Sie sie zuletzt gesehen?«, fragte Stürzenbecher.
    »So gegen acht. Ich bin dann weggegangen.«
    »Wer war noch da?«
    »Niemand. Sie sagte, sie wolle fernsehen.«
    »Erwartete sie Besuch?«
    »Nein. Es wusste ja niemand, dass sie hier war.«
    »Bis auf den Mörder«, warf Stürzenbecher ein. »Es sei denn, es handelt sich um einen Einbrecher, der Ines Block zufällig getötet hat. Andererseits sieht das hier nicht so aus, als wäre ein professioneller Einbrecher am Werk gewesen.«
    Bei dem Wort Einbrecher schielte Claudia Kummer zu dem schwarz lackierten Schrank, der an der Längsseite des Raumes stand.
    Stürzenbecher hatte ihren Blick verfolgt. »Sind da Ihre Wertsachen drin?«
    Sie nickte.
    »Würden Sie mal nachsehen, ob etwas fehlt?«
    Es fehlte nichts, was Stürzenbecher und mich nicht weiter verwunderte, und der Hauptkommissar brachte das Gespräch erneut auf Ines.
    »Sie kam heute Nachmittag«, erzählte die Kummer, die inzwischen einen gefassteren Eindruck machte, »mit einer großen Reisetasche. Sie sagte, dass es aus sei zwischen ihr und Armin. Mehr wollte sie nicht sagen und ich dachte, dass ich sie besser in Ruhe lassen sollte. Aber man merkte ihr an, dass sie sehr wütend war. Wir haben Kaffee getrunken und über alles Mögliche geredet, nur nicht über Armin. Um acht bin ich dann zu meiner Verabredung gegangen.«
    Es entstand eine kleine Pause, in der Stürzenbecher über die nächste Frage nachdachte. Dabei fiel ihm ein, dass ich noch etwas anderes zu erledigen hatte.
    »Ach, Herr Wilsberg, ich glaube, ich brauche Sie nicht mehr. Melden Sie sich doch bitte bei mir, sobald Sie etwas Neues hören. Und wenn
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher