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In alter Freundschaft - Kriminalroman

In alter Freundschaft - Kriminalroman

Titel: In alter Freundschaft - Kriminalroman
Autoren: Grafit
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das hat sie gemacht?«
    »Seitdem fühlt sie sich wesentlich besser. Sie meint, ich hätte kein Verständnis dafür gehabt, dass sie ihre Persönlichkeit entwickeln müsse.« Ich guckte nach draußen, wo sich der Himmel langsam grau färbte. Kurz nach der Trennung hatte ich mich heftig verliebt. Unglücklich. Aber das behielt ich für mich.
    Mit den ersten Sonnenstrahlen verschwand Armin durch den Garten. Und ich kochte eine zweite Kanne Kaffee. An Schlaf war sowieso nicht mehr zu denken.

V
     
     
    Um sechs Uhr dreißig ging ich zum besten Bäcker im Kreuzviertel und holte mir eine Ladung ofenfrischer Brötchen. Kein vernünftiger Bäcker hält sich heutzutage an das Nachtbackverbot.
    Ich kaute gerade an der fünften Hälfte und las in der Lokalzeitung einen empörten Kommentar über den erneuten Trainerwechsel bei Preußen Münster, als das Telefon klingelte.
    »Was glauben Sie eigentlich, wofür ich Sie bezahle«, brüllte eine cholerische Stimme.
    »Ich glaube, ich habe Ihren Namen nicht verstanden«, gab ich zurück.
    »Molbk.« Ein Wunder, dass er sich bei dem Namen nicht dauernd die Zunge verrenkte.
    »Ach, Herr Molbk, Sie rufen sicher an, um zu erfahren, wie weit ich bei der Suche nach Ihrer Tochter gekommen bin.«
    »Hören Sie auf zu säuseln, Sie Klugscheißer! Tanja hat mich gestern Abend angerufen. Sie hat mir erzählt, was Sie mit ihr angestellt haben.«
    »Nun, ich hatte eine ernste Aussprache mit ihr. Ich wollte Sie heute sowieso kontaktieren, um Ihnen …«
    »Nennen Sie eine Haschisch-Zigarette eine ernste Aussprache?«, unterbrach er mich. »Ich hatte Sie damit beauftragt, Tanja zurückzubringen. Davon, dass Sie sie mit Drogen versorgen, war nicht die Rede.«
    Tanja war wirklich ein Luder. »Ihre Tochter erzählt Unsinn, Herr Molbk.« Der Name war schlimmer als ein Schluckauf. »Ich habe Tanja zu einem Essen eingeladen. Das kann man doch wohl kaum als Droge bezeichnen.«
    »Meine Tochter sprach von einem sogenannten Café, in dem Haschisch an die Gäste verteilt wird.«
    »So etwas soll es in Amsterdam geben.«
    »Sie geben also zu, dass Sie mit ihr in einer solchen – Spelunke waren?«
    »Ich gebe überhaupt nichts zu.«
    »Und ich überlege ernsthaft, ob ich Sie verklagen soll, Herr Wilsberg.«
    »Tun Sie das! Aber seien Sie sicher, dass ich Sie verklagen werde, falls Sie meine Rechnung nicht pünktlich bezahlen. Ich werde noch heute den Abschlussbericht und die Rechnung an Sie abschicken. Auf Wiederhören!«
    Ich knallte den Hörer auf die Gabel. Was zu viel war, war zu viel. Einen meiner drei Fälle musste ich mir dringend vom Hals schaffen.
    Die sechste Brötchenhälfte schmeckte mir nicht mehr und Preußen Münsters Trainerprobleme konnten mir gestohlen bleiben. Also wechselte ich in mein Arbeitszimmer über und tippte als Erste Amtshandlung an diesem Morgen den Abschlussbericht im Fall Tanja Molbk und eine saftige Rechnung. Der Bericht war in schlichter Prosa gehalten, ohne sprachliche Höhenflüge und verschnörkelnde Nebenhandlungen. Herr Molbk würde ihn auch so verstehen.
    Gegen neun war ich damit fertig und auf dem Weg zum Polizeipräsidium warf ich ihn in den Briefkasten.
    Stürzenbecher sah nicht so aus, als hätte er in der Nacht mehr als dreißig Minuten Schlaf bekommen. Die rotunterlaufenen Augen hingen glasig über zwei verquollenen Tränensäcken.
    »Bist du vorangekommen?«, fragte ich, als ich mich ihm gegenüber niederließ.
    »Ja«, antwortete er, mit einer drohenden Dehnung auf dem letzten Buchstaben. »Wir haben Briefe gefunden, sie steckten in einem Buch, das sich in Ines Blocks Reisetasche befand. Die Briefe stammen von dir.«
    Ich schluckte. »Ich habe dir doch gesagt, dass ich Ines Block kannte.«
    »Liebesbriefe.«
    »Ich habe sie geliebt, ja. Aber das ist dreizehn Jahre her. Die Briefe müssen genauso alt sein.«
    »Warum trug sie die Briefe dann bei sich? Wo sie doch nur das Notwendigste zusammengepackt hatte.«
    »In kritischen Situationen erinnert man sich gern an gute Zeiten. Vielleicht hatte sie vor, mich zu treffen.«
    »Vielleicht, ja.« Stürzenbecher kratzte sich ausgiebig an der Backe. »Da ist noch etwas anderes.«
    Seine Stimme klang sehr dienstlich, und das gefiel mir ganz und gar nicht.
    »Wir haben einen anonymen Brief erhalten.«
    »Mach's nicht so spannend«, sagte ich und kramte in der Tasche nach meinen Zigarillos.
    »Der Brief enthält nur einen einzigen Satz: Fragen Sie Georg Wilsberg! «
    Ich steckte den Zigarillo an und paffte eine große
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