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In alter Freundschaft - Kriminalroman

In alter Freundschaft - Kriminalroman

Titel: In alter Freundschaft - Kriminalroman
Autoren: Grafit
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anderen Hochschulgruppe an, die meine Organisation heftig bekämpfte. Trotzdem liebten wir uns auf den ersten Blick. Tagsüber stritten wir über Politik, nachts redeten wir von der großen Liebe. Wir wollten keine Karriere machen, sondern ein einfaches Leben führen, mit Kindern und sinnvoller Arbeit.«
    »Wie romantisch.«
    »Dann tauchte mein Freund Armin auf und Ines fing an, von offenen Zweierbeziehungen zu schwärmen. Da merkte ich, dass ich im Grunde meines Herzens konservativ bin.«
    »Eine traurige Geschichte«, murmelte die Kummer. Dann schlief sie ein.

XIII
     
     
    In Stürzenbechers Büro herrschte Hochbetrieb. Der Hauptkommissar saß hinter seinem Schreibtisch, der verängstigte Hebbel in der Ecke und zwei niedere Chargen wieselten mit Aktenordnern durch die Gegend.
    »Dein Glück, dass du kommst«, sagte Stürzenbecher. »In fünf Minuten hätte ich die Fahndung nach dir ausgeschrieben.«
    »Ich komme und ich bringe eine wichtige Zeugin mit«, antwortete ich mit einem gewinnenden Lächeln auf den Lippen.
    »Wo hast du sie denn aufgetrieben?« Er würdigte die Kummer keines Blickes.
    »In Pontis Haus.«
    »Und Ponti?«
    »War nicht zu Hause. Er hatte sie mit Schlaftabletten vollgepumpt, damit sie nicht weglaufen konnte.«
    »Mit anderen Worten: Du hast Hausfriedensbruch begangen.«
    »Um ein Menschenleben zu retten. In einem solchen Fall erlaubt die Güterabwägung den Bruch eines Gesetzes.«
    »Woher wusstest du denn, dass ein Menschenleben darauf wartete, von dir gerettet zu werden?«
    »Sagen wir: Ich ahnte es.«
    Stürzenbecher rieb sich die grauen Augensäcke. »Ich denke, ich werde das dem Staatsanwalt verkaufen können. Aber beim nächsten Mal kommst du zu mir und handelst nicht auf eigene Faust, ist das klar?«
    »Klar, Chef!«, grinste ich.
    Stürzenbecher machte eine wegwerfende Handbewegung. Langsam wanderte sein Blick durch den Raum und blieb an Claudia Kummer haften. Der Blick ließ die beiden Untergebenen auf der Stelle einfrieren, obwohl sie gar nicht gemeint waren.
    »Frau Kummer, treten Sie doch bitte näher!« Stürzenbecher zeigte auf einen Stuhl mit abgeschabter Sitzfläche, der vor seinem Schreibtisch stand. »Ich möchte Sie gleich darauf aufmerksam machen, dass ich Sie nicht als Zeugin, sondern als Verdächtige vernehme. Der Verdacht lautet: Sexueller Missbrauch von Kindern.«
    »Ähm«, machte ich. »Vielleicht solltest du sie zuerst als Zeugin vernehmen. Sie kann nämlich …«
    »Schluss!«, brüllte Stürzenbecher. »Ich lasse mir von dir nicht vorschreiben, wie ich eine Untersuchung zu führen habe. Du und Hebbel, ihr beiden verschwindet nach draußen und wartet auf dem Flur! Kulmbacher, Sie passen auf die beiden auf!«
    »Kann ich dich eine Sekunde unter vier Augen sprechen?«, sagte ich in die eisige Stille hinein. »Es ist wichtig, wirklich.«
    Umständlich schob Stürzenbecher den Stuhl zurück und in der nach wie vor geräuscharmen Büroatmosphäre hörte man seine schweren Schritte.
    Als wir vor der Tür standen, zischte er: »Willst du mich vor meinen Leuten lächerlich machen, oder was?«
    »Ponti war an dem Nachmittag, als Ines Block starb, mit ihr zusammen.«
    »Wer sagt das?«
    »Herrgott, Claudia Kummer natürlich. Die war nämlich auch dabei. Alle drei haben sich, äh, nun ja, einen netten Nachmittag gemacht.«
    Stürzenbecher starrte mich an. »Du meinst doch nicht etwa …?«
    Ich nickte.
    Claudia Kummer war eingeschlafen, als wir zurückkamen.
    Stürzenbecher herrschte einen der beiden Jünglinge an: »Kulmbacher, sehen Sie nicht, dass Frau Kummer einen Becher Kaffee braucht?«
    Durch den Lärm geweckt, blinzelte die Kummer in die Runde.
    »Und nun zu Ihnen, Frau Kummer«, sagte Stürzenbecher und rieb sich die Hände. »Ich verhöre Sie als Zeugin im Mordfall Ines Block.«
     
    Eine Viertelstunde später schickte Stürzenbecher seinen Assistenten Nummer zwei mit ein paar Uniformierten ins Hafengebiet, um das Videolager auszunehmen, hetzte die Kripo aus Rheine nach Zweierwalde, um die Belegschaft des Kinderheims zu verhaften, ließ Pontis Haus zwischen Schapdetten und Nottuln überwachen, gab eine generelle Fahndung nach Ponti heraus und eine dringende Mitteilung an die Flughäfen in Nordrhein-Westfalen. Mit Kulmbacher und mir fuhr er in einem Zivilwagen zum Bad.
    »Vermutlich ist er mit seinem Porsche längst über die grüne Grenze nach Holland«, sagte ich.
    »Woher soll er wissen, dass die Kummer ihn angeschwärzt hat?«, gab Stürzenbecher zurück.
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