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Imperium

Imperium

Titel: Imperium
Autoren: Robert Harris
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Catulus hindurch in den Gang, um seinem Peiniger an die Kehle zu gehen. Das war natürlich genau die Reaktion, die Cicero beabsichtigt hatte. Er zuckte zwar zusammen, blieb aber aufrecht stehen, während sich Quintus und ein paar Veteranen schützend vor ihn stellten - was allerdings gar nicht nötig gewesen wäre, denn die Liktoren des Konsuls hatten ebenfalls sofort reagiert und Catilina trotz seiner Größe überwältigt. Seine Freunde, darunter auch Crassus und Caesar, packten den sich windenden, um sich tretenden und immer noch vor Wut brüllenden Catilina an den Armen und zerrten ihn zurück zu seinem Platz. Alle Senatoren waren aufgestanden, um das Schauspiel besser beobachten zu können. Figulus unterbrach die Sitzung, bis die Ordnung wiederhergestellt war.
    Als endlich Ruhe eingekehrt war und alle Senatoren auf ihren Plätzen saßen, erhielten, wie es Brauch war, Hybrida und Catilina Gelegenheit zur Gegenrede. Zornbebend kippten sie unter dem pflichtgemäßen Jubel ihrer Anhänger kübelweise Beleidigungen über Cicero aus, wobei sie sich der gewohnten Stichworte bedienten - machtgierig, nicht vertrauenswürdig, intrigant, homo novus, Ausländer, sich vor dem Armeedienst gedrückt, Feigling. Allerdings reichte keiner von beiden an die Eleganz von Ciceros Verunglimpfungskünsten heran. Vor allem aber musste es selbst ihren treuesten Parteigängern unangenehm aufgefallen sein, dass sie keine Antwort auf Ciceros zentrale Anschuldigung hatten: dass sie nämlich ihre Kandidatur nur den korrupten Umtrieben einer mysteriösen dritten Person verdankten. Es fiel auf, dass Hortensius und sogar Catulus nur sehr halbherzig applaudierten. Was Cicero betrifft, der setzte seine professionelle Maske auf und ließ die schrillen Tiraden lächelnd und regungslos über sich ergehen - er schien in etwa so beeindruckt zu sein wie eine Ente von einem Regenschauer. Erst hinterher, nachdem Quintus und seine Veteranen ihn schnell aus der Kammer eskortiert hatten, um einer etwaigen weiteren Attacke Catilinas zuvorzukommen, und er in Atticus ' Haus auf dem Quirinal in Sicherheit war, erst da schien ihm das Ausmaß dessen, was er gerade getan hatte, bewusst zu werden.

KAPITEL XVIII
     
    Cicero konnte jetzt nichts weiter tun, als Hortensius ' Reaktion abzuwarten. Unter den Augen der großen Philosophen, umgeben von der Weisheit alter Zeiten, verbrachten wir die Stunden in der kühlen Stille von Atticus ' Bibliothek, während draußen, jenseits der Terrasse, der Tag zur Neige ging und sich die heiße Stadtluft an diesem Spätnachmittag im Juli gelblich staubig einfärbte. Ich würde ja gern zu Protokoll geben, dass wir uns das eine oder andere Buch vornahmen und uns über Epikur, Zeno oder Aristoteles austauschten oder dass Cicero uns Profundes über die Demokratie mitteilte. Aber dem war nicht so. Niemand war in der Stimmung für politische Theorie, am wenigsten Quintus, der für Cicero einen Auftritt in der geschäftigen Porticus Aemilia arrangiert hatte und sich darüber ärgerte, dass sein Bruder wertvolle Wahlkampfzeit verlor. Wir gingen noch einmal Ciceros dramatische Rede durch - »Ihr hättet Crassus ' Gesicht sehen sollen, als er glaubte, ich würde seinen Namen nennen« - und überlegten, wie die Aristokraten wohl darauf reagieren würden. Wenn sie den Köder nicht schluckten, dann befände sich Cicero in einer höchst gefährlichen Lage. Immer wieder fragte er mich, ob ich auch sicher sei, dass Hortensius den Brief gelesen habe, und jedes Mal erwiderte ich, ja, ganz sicher, schließlich sei ich dabei gewesen, als er ihn gelesen habe. »Dann geben wir ihm noch eine Stunde«, sagte er dann und fing wieder an, unruhig hin und her zu laufen und Atticus mit bissigen Bemerkungen zu nerven: »Deine eleganten Freunde, haben die schon mal was von Pünktlichkeit gehört?« oder »Verstößt das eigentlich gegen eure gute Erziehung, wenn man mal ab und zu auf die Uhr schaut?«
    Atticus ' hervorragende Sonnenuhr zeigte die zehnte Stunde an, als schließlich einer seiner Sklaven in die Bibliothek kam und den Besuch von Hortensius ' Verwalter meldete.
    »Sollen wir jetzt etwa mit seinem Personal verhandeln?«, brummte Cicero. Aber er war so begierig auf Neuigkeiten, dass er höchstpersönlich hinaus ins Atrium eilte. Wir folgten ihm. Im Atrium wartete der gleiche dürre, hochnäsige Kerl, der mir am Morgen bei Hortensius die Tür geöffnet hatte. Er war jetzt auch nicht viel höflicher. Er erklärte, dass er mit Hortensius ' Kutsche
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