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Imperium

Imperium

Titel: Imperium
Autoren: Robert Harris
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gekommen sei und Cicero zu einer Unterredung mit seinem Herrn abholen solle.
    »Ich fahre mit«, sagte Quintus bestimmt.
    »Meine Anweisungen lauten, nur Senator Cicero abzuholen«, widersprach der Verwalter. »Das Treffen ist höchst sensibel und vertraulich. Nur eine zusätzliche Person ist vonnöten - der Sekretär des Senators, der mit der flotten Schreibhand.«
    Ich war genauso wenig erbaut wie Quintus - ich, weil ich zu feige war, um mir ein Kreuzverhör durch Hortensius zu wünschen; er, weil er sich brüskiert fühlte und vielleicht auch weil er sich - die wohlwollendere Variante - Sorgen um die Sicherheit seines Bruders machte. »Was, wenn das eine Falle ist?«, fragte er, »Was, wenn Catilina da auf dich wartet oder dich auf dem Weg überfällt?«
    »Senator Hortensius bürgt für deine Sicherheit, Senator«, sagte der Verwalter steif. »Ich gebe dir stellvertretend vor allen Zeugen hier mein Ehrenwort.«
    »Es geschieht mir schon nichts, Quintus«, sagte Cicero und legte seinem Bruder beruhigend die Hand auf den Arm. »Es ist doch gar nicht in Hortensius ' Interesse, dass mir etwas zustößt. Außerdem«, fügte er lächelnd hinzu, »bin ich ein Freund von Atticus, eine bessere Sicherheit kann es doch gar nicht geben. Komm, Tiro. Hören wir uns an, was Hortensius uns zu sagen hat.«
    Aus der relativen Sicherheit der Bibliothek begaben wir uns hinaus auf die Straße, wo ein elegantes carpentum wartete, an dessen Seite Hortensius ' Wappen prangte. Der Verwalter setzte sich vorne neben den Kutscher, Cicero und ich stiegen hinten ein, und im nächsten Augenblick schlingerten wir schon den Hügel hinunter. Allerdings fuhren wir nicht wie erwartet nach Süden zum Palatin, sondern in nördlicher Richtung zur Porta Fontinalis. Wir reihten uns in den Verkehrsstrom ein, der zum Ende des Tages die Stadt verließ. Cicero verbarg sein Gesicht in den Falten seiner weißen Toga. Was ihn scheinbar vor den Staubwolken schützte, die die Wagenräder aufwirbelten, sollte ihn tatsächlich vor den Blicken seiner Wähler schützen - immerhin saß er in einer Kutsche von Hortensius. Als wir jedoch jenseits der Stadtgrenze waren, zog er seine Faltenhaube herunter. Er war sichtlich nicht glücklich darüber, dass wir das Stadtgebiet verließen, denn trotz seiner mutigen Worte wusste er genau, dass es ein Leichtes war, hier draußen einen tödlichen Unfall zu arrangieren. Die Straße war von wuchtigen Familiengruften gesäumt, hinter denen gerade die Sonne unterging. Die langen pechschwarzen Schatten, die die Pappeln auf den Weg warfen, sahen wie Felsspalten aus. Wir wurden kurz von einem langsamen Ochsenfuhrwerk aufgehalten, aber als der Kutscher seine Peitsche schnalzen ließ, zogen wir rasch daran vorbei und konnten gerade noch rechtzeitig vor einem schnell der Stadt zustrebenden, vierrädrigen Wagen wieder einscheren. Inzwischen wussten wir, wohin wir fuhren. Cicero zog sich erneut die Toga über den gesenkten Kopf und verschränkte die Arme. Welche Gedanken schossen ihm wohl durch den Kopf? Schließlich verließen wir die Straße und rumpelten über einen frisch gekiesten Weg einen steilen Hügel hinauf. Der gewundene Weg führte uns über plätschernde Bäche und durch düstere, duftende Pinienwäldchen. Tauben gurrten in der Abenddämmerung. Durch ein riesiges offenes Tor führen wir in einen Park und hielten vor einer unermesslich großen Villa, in der ich das Modell wiedererkannte, das Gabinius auf dem Forum dem neidischen Pöbel präsentiert hatte: Wir standen vor dem Palast des Lucullus.
     

     
    Noch viele Jahre später musste ich bei dem Geruch von frischem Zement und nasser Farbe immer an Lucullus und sein hallendes Mausoleum denken, das er vor den Toren Roms für sich erbaut hatte. Was für eine herausragende, melancholische Gestalt - der vielleicht größte Heerführer, den die Aristokraten seit fünfzig Jahren hervorgebracht hatten. Von Pompeius ' um den endgültigen Sieg im Osten gebracht, von den politischen Intrigen seiner Feinde, zu denen auch Cicero gehörte, zu jahrelanger Untätigkeit vor den Toren Roms verurteilt, von allen Ehrungen, ja sogar den Senatssitzungen ausgeschlossen, weil er die Stadtgrenzen nicht überschreiten durfte, ohne sein Recht auf einen Triumph zu verwirken. Weil er immer noch über das militärische imperium verfügte, hatte er auch noch militärische Wachposten, und in der Halle warteten mürrische Liktoren mit Rutenbündeln und Beilen - und zwar so viele Liktoren, wie Cicero auffiel,
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