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Immortalis

Immortalis

Titel: Immortalis
Autoren: Raymond Khoury
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Boden sinken. Schweigend lagen sie eine Zeitlang so da und starrten ins Feuer; sie lauschten dem Knistern und Knacken und sahen zu, wie die Flammen an den Zweigen leckten und sie verzehrten.
    «Ich erinnere mich nur, dass ich mit meiner Mom ein Glas Wein trinken war», sagte Mia schließlich. «Wie sind wir hier heraufgekommen?»
    Corben dachte eine Weile nach. «Wegen Arschlöchern wie dem Hakim. Und mir.» Seine müde Stimme war voller Reue.
    Mia sah ihn an. «So verzweifelt waren Sie darauf aus, es zu bekommen?»
    Er zuckte die Achseln. «Irgendwie übertrifft es doch alles andere, oder?» Er verzog schmerzlich das Gesicht. «Alles, bis auf eine Kugel im Bauch.»
    «Haben Sie Faruk umgebracht?»
    Corben nickte kaum merklich. «Er war schwer verletzt, aber … ja.»
    «Warum?»
    «Habgier. Selbsterhaltung.» Er ließ sich die Worte durch den Kopf gehen. «Hauptsächlich Habgier.» Er drehte den Kopf zu ihr herum. «Ich bin kein guter Mensch, Mia. Man hat mir nicht beigebracht, gut zu sein. Man hat mir beigebracht, zu funktionieren. Dinge zu erledigen. Und ich habe ein paar fragwürdige Dinge getan, furchtbare Dinge, die mir den Beifall meiner Vorgesetzten eingebracht haben.» Reumütig schüttelte er den Kopf. «Ich glaube, irgendwann unterwegs habe ich entschieden, dass ich so etwas auch für mich selbst tun kann.»
    «Und meine Mom und ich, wir waren nur … ja, was? Nützlich?»
    Er schüttelte wieder den Kopf. «Ich hatte keinen großen Plan. Es hat mich – es hat uns alle einfach überrascht und mitgerissen. Etwas passiert, eine Gelegenheit bietet sich, und man ergreift sie. Aber dass Ihnen dabei etwas zustößt, dass Ihnen ein Haar gekrümmt wird, war das Letzte, was ich bei alldem wollte. Das ist die Wahrheit. Und ganz gleich, was meine Motive waren – ich dachte immer, ich würde Ihre Mom so bald wie möglich da herausholen. Aber die erste Lektion, die man in meinem Geschäft lernt, ist die, dass die Dinge nur selten so laufen, wie man sie geplant hat.» Er hustete. Ein wenig Blut rann über seine Lippen, und er wischte es ab. Dann sah er sie an. «Immerhin, ich …» Er schüttelte den Kopf, als habe er es sich anders überlegt. «Es tut mir leid. Alles.»
    In diesem Moment zerriss ein markerschütterndes Heulen die Stille der Nacht. Es war unverwechselbar das Geheul eines Wolfs. Sofort hallte die Antwort eines anderen zwischen den Bergen wider.
    Nicht ein Wolf.
    Wölfe.
    Sie jagten nie allein.
    Mias Magen krampfte sich entsetzt zusammen. Sie schaute hinüber zu Corben. Er hatte sie auch gehört.
    «Das ist das Blut», stellte er finster fest und richtete sich auf. «Sie haben es gewittert.»
    Wieder drang ein Heulen durch die Nacht, sehr viel näher diesmal.
    Wie schnell bewegten sie sich?
    Mia richtete sich auf. Alle ihre Sinne waren hellwach.
    «Die Gewehre», murmelte Corben. «Holen Sie die Gewehre.»
    Mia sprang auf und riss einen brennenden Ast aus dem Feuer. Mit weichen Knien lief sie zu der Stelle, wo der Sohn des mochtar gefallen war. Sein Jagdgewehr hatte dort gelegen. Sie hatte auch die Maschinenpistolen bei den beiden Toten aus dem Dorf gesehen, aber sie lagen weiter weg, und Mia war nicht sicher, ob sie sich so weit hinauswagen würde.
    Vorsichtig schwenkte sie ihren lodernden Ast hin und her und hielt Ausschau nach den Raubtieren. Sie entdeckte das alte Jagdgewehr; es lehnte wie ein Talisman an dem Baum, neben dem Salem gelegen hatte. Sie ging darauf zu, aber als sie die Hand danach ausstreckte, erblickte sie die grauen Silhouetten, die im Dunkeln lauerten. Ihr Herz setzte einen Schlag aus, als sie die Augen sah. Sie stieß mit der Fackel nach ihnen, und sie wichen ein wenig zurück, ließen sich aber nicht einschüchtern; gleich schlichen sie wieder heran und bleckten bedrohlich die Zähne. Ihre geschmeidigen Körper waren erwartungsvoll angespannt.
    Sie nahm ihren Mut zusammen, schleuderte den brennenden Ast hin und her und schrie, während sie noch einen Schritt näher auf das Gewehr zuging. Sie packte es mit der freien Hand und spürte überrascht, wie schwer es war. Sofort zog sie sich rückwärts zum Feuer zurück und fuchtelte die ganze Zeit wie wild mit ihrer Fackel. In einiger Entfernung hörte sie schrilles Kläffen und wütendes Knurren, und die drei Wölfe, die sie gesehen hatte, verschwanden in der Dunkelheit. Sie hörte fieberhaftes Knurren und Rascheln und begriff, dass sie die Leichen der Männer gefunden hatten.
    Eilig rannte sie zu Corben zurück. Er hatte sich
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